Schriftlich Urteilsbegründung
Das folgende Urteil und die folgende
Urteilsbegründung ist zwischenzeitlich hinfällig geworden, weil das
Verfahren von der nächst höheren Instanz eingestellt wurde, siehe:
Strafverfahren
eingestellt
Die folgende Wiedergabe der 19 Seiten langen schriftliche
Urteilsbegründung wird an formalen Abschnitten gekürzt. Gekürzte
Stellen werden mit [...] gekennzeichnet. Namen von gerichtsbeteiligten
Personen werden durch *** ersetzt.
Amtsgericht Delmenhorst 19.01.2004
Beschluss
In der Strafsache gegen
Dr. Yavuz Özoguz, geboren am 12.10.1959 in Istanbul/Türkei,
wohnhaft Schilfweg 53, 27751 Delmenhorst, Staatsangehörigkeit: deutsch,
Verteidiger: Rechtsanwalt ***
wegen Volksverhetzung wird die Bewährungszeit auf zwei Jahre
festgesetzt.
Er hat während der Bewährungszeit jeden Wechsel der Wohnung oder
des gewöhnlichen Aufenthalts dem Gericht unter Angabe des Geschäftszeichens
sofort unaufgefordert anzuzeigen.
*** Richter am Amtsgericht
Ausgefertigt Amtsgericht Delmenhorst 01.03.2004
*** , Justizangestellter
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
---- [neue Seite]
Amtsgericht Delmenhorst
[es folgt das Geschäftszeichen]
Im Namen des Volkes!
URTEIL
In der Strafsache gegen
Dr. Yavuz Özoguz, geboren am 12.10.1959 in Istanbul/Türkei,
wohnhaft Schilfweg 53, 27751 Delmenhorst, wegen Volksverhetzung hat das
Amtsgericht Delmenhorst - Strafrichter in der Sitzung vom 19.01.2004, an
der teilgenommen haben:
Richter am Amtsgericht *** - als Strafrichter
*** - als Vertreter der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt *** Rechtsanwältin *** - als Verteidiger/Verteidigerin
Justizangestellte ***
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle für Recht erkannt:
Der Angeklagte wird wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe
von drei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird
zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte trägt die Kosten des
Verfahrens. Angewandte Vorschriften: § 130 Abs. 1 Nr. 1 u. 2, Abs. 3,
52, 56 Abs. 1 StGB.
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Gründe:
I.
Das Gericht stellte zunächst zu den persönlichen Verhältnissen des
Angeklagten nach dessen unwiderlegten Angaben in der Hauptverhandlung
fest:
Der Angeklagte ist deutscher Staatsangehöriger türkischer Herkunft,
verheiratet und hat 3 Kinder [...] Die Tätigkeit seiner Ehefrau
bezeichnet er als ,Familienmanagerin". Er ist von Beruf Ingenieur
[...]
Des Weiteren gründete der Angeklagte 1999 [...] den
Muslim-Markt", bei dem es sich um ein deutschsprachiges
Internetportal für Muslime handelt, weiches inzwischen wohl zum größten
Forum seiner Art [...] entwickelt wurde.
[...]
Über die Startseite hat der User aber auch die Möglichkeit über
einen einfachen - Maus-Klick die Seiten "Anti-Terror-Spezial"
und .Palästina-Spezial" aufzurufen, die einen Einblick in die
Meinung vieler Muslime zu brandaktuellen politischen Themen"
vermitteln würden. Außerdem wirbt der Angeklagte, der sich selbst als
Webmaster" bezeichnet, zu Beginn der Startseite für das von ihm
und seinem Bruder, Dr. Gürhan Özoguz, geschriebene Buch mit dem Titel:
"Wir sind fundamentalistische Islamisten in Deutschland. Eine
andere Perspektive."
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Auf den Vorhalt des Gerichts aus "www.muslim-markt.de/Service/Zeitungsartikel/FAZ
attackiert Muslim-Markt'vom 18.01.2004, wo es u. a. heißt:
"Der in Delmenhorst bei Bremen ansässige Verein Islamistischer
Weg e.V.: z.B. zeigt sich auf seiner Internetseite aufgeschlossen für
Menschen unterschiedlichen Glaubens: ,Die Geschwister vom Islamischen
Weg e. V. versuchen auf diesem Weg in einen intensiven Kontakt zu
unseren Glaubensgeschwistern und in einen fruchtbaren Dialog mit anderen
gottesfürchtigen Gläubigen zu treten. In der Hoffnung, dass dieser
bescheidene Versuch von Ihren Gebeten für uns begleitet wird, wünschen
wir Ihnen viel Freude beim Blättern in den Seiten und hoffen auf Ihre
Anregungen... Bitte schließen Sie uns in ihr Gebet ein!' Domain-Inhaber
der Internetseite www.isiamischer-weg.de ist nach Angaben der zentralen
deutschen Registrierstelle Denic ein Yavuz Özoguz. Seine warmherzigen
Worte bekommen einen eigenartigen Beigeschmack, wenn man bei
www.islamischer-weg.de die Links verfolgt. Mit nur einem Maus-Klick
gelangt man zu einer sich Imam Khamenei" nennenden
deutschsprachigen Internetseite (www.khamenei.de.) Domain-Inhaber ist
nach Angaben von Denic ebenfalls Yavuz Özoguz. Von dieser Seite genügt
jeweils ein weiterer Klick, um entweder sofort auf die Internetseite der
für zahlreiche Terroranschläge 'gegen Israel verantwortlichen
libanesischen Hizbullah oder auf die Homepage des geistigen Führers der
imanischen Republik Iran Islamischen, Ajatollah Chamenei, zu
gelangen."
antwortete der Angeklagte:
Für mich hat der Imam Khamenei die gleiche Stellung, wie der
Papst für einen gläubigen Katholiken."
Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
II.
Weiter wurde zur Sache selbst nach durchgeführter Beweisaufnahme in
der Hauptverhandlung festgestellt:
1.
An einem in der Hauptverhandlung nicht feststellbaren Tage im Jahre
2002 verbreitete der Angeklagte
im Internet unter www.muslim-markt.de/Palaestina-Spezial/diverse/Zionisten-sindRassisten.htm
insgesamt 18 Lichtbilder, wobei 9 Lichtbilder aus der"Hitlerzeit"
stammten und die anderen 9
Lichtbilder aus dem Jahre 2002. Dabei waren die Lichtbilder aus der
Hitlerzeit"
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jeweils linksseitig angeordnet und zu jedem dieser vorgenannten
Lichtbilder rechtsseitig ein angeblich vergleichbares Foto aus dem Jahre
2002 gegenübergestellt.
Vor diesen Bildgegenüberstellungen hieß es auf der Internetseite
des Angeklagten:
"Israel ist eine Besatzungsmacht, die je nach Erfolg der
Besatzung den Besetzten einige kleine Freiheiten gewährt oder das
brutalste Gesicht einer Besatzungsmacht zeigt, wie es im April 2002 zu
sehen war. Diese Art der Besatzung gepaart mit der rassistischen
Ideologie der dahinter steckenden Politik hat in Internetkreisen dazu
geführt, dass eine Reihe von Bildern des Jahres 2002 mit den Bildern
der Hitlerzeit verglichen wurden.
Wir geben im Folgenden eine Auswahl dieser Bilder, die dem
Muslim-Markt zugesandt wurden wieder:
Auf dem linken Lichtbild des nachfolgenden ersten Bilderpaares sind 3
lächelnde Soldaten in Wehrmachtsuniformen ohne Kragenspiegel zu sehen,
die an einen älteren Mann herangetreten waren, der bedrückt
dreinschaute und von einem der Soldaten im Brustbereich angefasst wurde
oder angefasst werden sollte. Zwei der Soldaten trugen geschulterte,
Karabiner. Der ältere Mann hatte eine Mütze bzw. Kappe auf, die als
typische Kopfbekleidung für osteuropäische Juden der damaligen Zeit
gelten könnte. Auf dem Foto rechts daneben sind drei Personen
abgebildet, und zwar ein Soldat mit einem Schutzhelm nebst aufgeklapptem
Plexiglasvisier, wie ihn israelische Soldaten bzw. Sicherheitskräfte
tragen, und einem Gewehr im Anschlag, der in einer ähnlichen kurzen
Distanz zu zwei älteren Personen postiert war, die ihn offensichtlich
passieren wollten. Das nächste Bilderpaar zeigt links 3 lachende
Soldaten offensichtlich der SS und/oder des SD, wobei sich einer im
Hintergrund hielt und zwei an einen bärtigen Mann rantraten, der am
Boden lag und ebenfalls eine Mütze trug, wie sie für osteuropäische
Juden in den 30iger und 40iger Jahren Erinnerung ist. Rechts daneben
sind 3 Soldaten zu sehen, welche Uniformen und Helme tragen, die jenen
der israelischen Armee bzw. Sicherheitskräften ähneln. Dazu hielt ein
Soldat ein Sturmgewehr vom Typ Colt M16 im Anschlag und ein weiterer
Soldat ein israelisches Galil-Sturmgewehr umgehängt. Diese 3 Soldaten,
die die typische Bewaffnung des israelischen Militärs trugen, hatten
mehrere Zivilisten umringt, die zwischen ihnen auf dem Boden kauerten.
Auf dem dritten Bilderpaar sind zwei Kontrollszenen abgelichtet. Auf dem
linken Lichtbild hielt ein deutscher Soldat eine Urkunde (Ausweis?) in
den Händen. Vor ihm stehen 3 männliche Personen, wobei ein Mann rechts
eine Armbinde trug, auf der allerdings kein Davidstern zu erkennen ist.
Das dazugehörige rechte Bild zeigt, wie offensichtlich an einem
Checkpoint diverse Männer anstehen, wobei der erste einem anscheinend
israelischen Soldaten ein Papier übergibt. In der vierten Bilderreihe
sind linksseitig Zivilisten abgebildet, von denen mehrere am rechten
Oberarm helle Binden tragen, auf denen zumindest der Davidstern gewesen
sein könnte, was hingegen wiederum nicht erkennbar war. Vor diesen
Zivilisten stand ein Posten, bei dem es
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sich um einen Soldaten oder einen Polizisten des Nazi-Regimes
gehandelt haben könnte. Auf dem. Lichtbild rechts daneben sind 6 junge
Männer aufgereiht, die augenscheinlich Palästinenser gewesen sein könnten.
Vor ihnen ist ein Soldat abgebildet, der offensichtlich die Uniform und
die Bewaffnung der israelischen Armee trägt. Der fünfte Bildvergleich
zeigt links, zwei Männer am Boden sitzend, die wie osteuropäische
Juden angezogen waren, und im Hintergrund 2 Soldaten mit Wehrmachtsmänteln
sowie einem Wehrmachtsstahlhelm am Koppel. Auf dem rechten Lichtbild stützt
sich ein schwarzhaariger bzw. schwarzbärtiger junger Mann mit der
rechten Hand am Boden ab und versucht mit der linken Hand die Mündung
eines M16-Sturmgewehres wegzudrücken, die ihm ein (israelischer?)
Soldat entgegenhält. In der sechsten Bildreihe ist links eine brennende
Synagoge zu erkennen, die sicher durch das Davidsternfenster des
Obergeschosses identifiziert werden kann, sowie rechts ein qualmender
moderner Wohnblock einer scheinbar verwüsteten Straße und einem
Krankenwagen davor. In der siebten Bildreihe sind links Kinder hinter
Stacheldraht und rechts Kinder hinter einem Holzgatter zu betrachten. In
der achten Bildreihe liegen rechts zwei Kinder augenscheinlich tot auf
dem Boden, rechts sieht man ein lebloses Kind auf einem Tisch o. ä. In
der neunten und letzten Bildreihe erkennt der Betrachter auf dem linken
Lichtbild insgesamt 6 Personen vor einem Haus inmitten eines
Durcheinanders von Gegenständen. Zumindest 4 dieser Personen trugen am
rechten Oberarm helle Binden, möglicherweise mit dem Davidstern. Das
dazugehörige rechte Foto gibt 4 Personen in einer Trümmerlandschaft
wieder.
Alle Lichtbilder sind in schwarzweiß gehalten. Sämtliche
linksseitigen Lichtbilder erscheinen aufgrund der technischen Qualität
deutlich älter zu sein als die rechtsseitigen Lichtbilder. Den
Bildgegenüberstellungen setzte der Angeklagte auf seiner Internetseite
zunächst diesen Text nach:
»Sicherlich ist vielen Menschen noch gar nicht die Vergleichbarkeit
der damaligen wie heutigen Ereignisse bewusst. Aber das liegt u. a.
daran, dass jede halbwegs kritische Stimme aus Deutschland gegen die
zionistischen Massaker (wie z. B. von den Ex-Ministern Blüm und Möllemann)
von einflussreichen Kreisen mit derartigen Keulen belegt werden, dass
sofort klar wird, wer in Deutschland die öffentliche Meinung"
vertritt. Selbst als Anfang April die UN (ohne Veto der USA) eine
Resolution verabschiedet, dass sich Israel unverzüglich aus allen
besetzten Gebieten zurückzuziehen hat und Israel dieser Resolution
verbal wie auch mit Panzern schlicht und einfach widerspricht, halten
diese einflussreichen Kreise das Bild des "Opfers" Israel
aufrecht. Inzwischen ist es in der deutschen Medienlandschaft so weit
gekommen, dass selbst eine UN-Resolution gegen Israel keine Bedeutung
hat sondern nur noch die Meinung der Israel-Lobbie Oberhand in den
Medien zu haben hat." Der Angeklagte stellte also nicht nur
kommentarlos - zur feien Meinungsäußerung bzw. -bildung« - Fotos von
Menschen, die offensichtlich durch das NS-Regime geschädigt wurden,
Fotos von
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Geschädigten des Staates Israel gegenüber. Er klärte vielmehr darüber
hinaus , dass die Opfer der NS-Schergen bzw. des Holocaust mit jenen des
Nahost-Konflikts auf palästinensischer Seite im Jahre 2002 vergleichbar
seien. Dieser Vergleich erfolgte unmittelbar nach einer Reihe von
Zitaten diverser Rabbiner, israelischer Politiker, eines israelischen
Armeechefs, des verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in
Deutschland, Heinz Galinski, und aus jüdischen Tageszeitungen.
Dazu hieß es auf der vorgeschalteten Seite www.muslim-markt.de/Palästina/Spezial":
"Die Arbeiten richten sich ausschließlich gegen die
Verantwortlichen des Zionismus und des Pseudostaates "Israel",
der auf Unrecht aufgebaut ist. Ein Jude, der sich von den Massakern des
Zionismus distanziert, ist in keinster Weise Ziel unsere Kritik, selbst
wenn er sich "als Israeli" versteht, denn der Islam lehnt jede
Form des Rassismus ab, weil es gemäß dem Islam keine Rassen geben kann
und alle Menschen von der gleichen Quelle abstammen!". Im
Umkehrschluss muss hieraus die Befürchtung resultieren, dass Juden, die
sich nicht "von den Massakern des Zionismus" distanzieren,
Ziel der Kritik des Muslim-Marktes" bzw. seines Webmastern Dr.
Yavuz Özoguz sind, der zudem Juden bzw. Menschen jüdischen Glaubens
auch in Deutschland mit "Zionisten sind Rassisten"
gleichsetzt, wenn er s ich unter dieser Oberschrift u. a. auf Rabbiner,
deutsche Zeitungen und den ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der
Juden in Deutschland bezieht. Dabei grenzte bzw. grenzt der Angeklagte
Zionismus und Judentum nicht voneinander ab, agitierte bzw. agitiert
damit feindlich nicht nur gegen diejenigen, die im 19. und 20.
Jahrhundert eine Heimstatt für das jüdische Volk in Palästina
schaffen wollten, dann den jüdischen Staat dort gründeten und heute führen,
sondern gegen Juden überhaupt, wobei er die in Deutschland lebenden
Juden keinesfalls ausnahm bzw. ausnimmt. Anstatt auf der Seite Palästina-Spezial"
und der Unterseite ,Zionisten sind Rassisten" konkrete Handlungen
bestimmter Personen bzw. Personengruppen anzuprangern, griff der
Angeklagte zu einer pauschalen Verunglimpfung der Opfer des
Nationalsozialismus, in dem er jene zu rassistischen Verbrechern"
erklärte. Er versuchte bewusst und gewollt zu suggerieren, dass aus dem
jüdischen Volk, das Opfer des Holocaust im dritten Reich war, im
Konflikt mit den Palästinensern zu Tätern wurde, welche mit Methoden
aus der Nazizeit vorgingen. Mit der implizierten Behauptung, aus dem
"Opfervolk" der Juden sei heute ein Tätervolk" geworden,
lieferte der Angeklagte das moralische Rüstzeug für Antisemitismus und
stachelte damit zum Hass auch gegen den jüdischen Teil der deutschen
Bevölkerung auf.
Dabei war ihm das Unerlaubte seines Tuns genau bekannt. Dies wird
dadurch deutlich, dass er zum Einen später Präambeln einsetzte, wie z.
B. unter "Palästina-Spezial" oder "Zionisten sind
Rassisten" in roter Schrift hervorgehoben:
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"Ausdrücklich sei erwähnt, dass der Rassismuswahn
zionistischer Kreise von uns weder mit dem Judentum gleichgesetzt wird
noch mit dem Volk Israel! Es handelt sich vielmehr um eine
menschenverachtende Ideologie, die in unserer Zeit von einflussreichen
Kreisen in Israel (aber nicht nur dort) propagiert und praktiziert wird
mit den verheerenden Folgen für unzählige unschuldige Menschen auf
allen beteiligten Seiten. Unser friedlicher Widerstand richtet sich
ausschließlich gegen den Zionismus und in keinster Weise gegen das
Judentum, auch wenn zionistische Kreise immer deutlicher und
unverfrorener versuchen Antisemitismus und Antizionismus
gleichzusetzen!" Allein diese Gleichsetzung wäre aber auch aus
unserer Sicht eine Volksverhetzung, da man nicht jeden Menschen jüdischen
Glaubens für die rassistische Ideologie des Zionismus verantwortlich
machen kann und der Zionismus weder ein Volk noch ein Glaube ist sondern
eine politische Ideologie, die den Namen eines Glaubens auf die schändlichste
Art und Weise missbraucht.", dann den vorgenannten Folgetext nach
dem Bildvergleich später die Sätze anfügte:
»Sicherlich wäre es nicht angebracht, das Massaker des
Hitler-Regimes mit dem heutigen Zionismus direkt zu vergleichen, da
sowohl Ausmaß, als auch Wirkung wie auch die Ursachen sehr
unterschiedlich waren bzw. sind. Wer allerdings die Gräueltaten seiner
eigenen Zeit aufgrund der nur begrenzten Vergleichbarkeit mit der
Geschichte relativiert, der macht sich mit schuldig an den Massenmorden
und Völkerrechtsverbrechen seine eigenen Zeit, denn für die
geschichtlichen Morde und Völkerrechtsverbrechen kann weder moralisch
noch inhaltlich die Schuld tragen!"
Außerdem wurde das Unrechtsbewusstsein des Angeklagten dadurch
deutlich, dass er am 24.04.2003 die vorbeschriebenen vergleichenden
Bilder aus der Seite "Zionisten sind Rassisten« herausnahm und
durch diesen Passus ersetzte:
An dieser Stelle hatte der Muslim-Markt Beispiele von Bildvergleichen
wiedergegeben, welche die Zionistischen Besatzer mit dem Nazi-Regime
verglichen. Aufrichtige Leser haben den Muslim-Markt darauf aufmerksam
gemacht, dass die verwendeten Bilder aus der Endzeit der Nazizeit
stammten, wohingegen (noch) eher ein Vergleich mit der Anfangszeit des
Naziregimes angebracht sei. Noch gebe es nicht die hitlerischen
Konzentrationslager in Israel, selbst wenn die Verfolgung bereits
systematisiert ist. Daher wären die Bilder unangebracht. Da der
Muslim-Markt großen Wert auf Aufrichtigkeit legt, haben wir die Bilder
deshalb entfernt und konzentrieren uns auf die Darstellung zionistischer
Verbrechen."
Die dargestellte friedensstörende Hetze des Angeklagten, welche zum
Einen zu einer feindseligen Haltung gegen die hiesigen jüdischen Bevölkerungsteile
anreizen und zum Anderen jene herabsetzen sollte, war nicht etwa von dem
Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Abs. 1 GG gedeckt, weil
jene nicht mit dem Rechtsgut der Menschenwürde
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abwägungsfähig ist, dagegen aber konkret geeignet, den öffentlichen
Frieden zu stören, weil der Angeklagte über das Internet eine breite
Öffentlichkeit erreichen konnte und so in der Lage war potentiellem
Antisemitismus eine Pseudo-Rechtfertigung zu verschaffen. Hierbei war
dem Angeklagten klar, dass er keine Kontrolle über den von ihm
gelieferten geistigen Sprengstoff' hatte, jeder sich an seinem
Gedankengut bedienen und jenes eben auch zur Begründung gewalttätiger
Aktionen gegen jüdische Mitbürger einsetzen könnte.
2.
Zumindest ab 16. August 2002 verbreitete der Angeklagte zeitgleich
mit der obiger friedensstörender Hetze auf seiner Internetseite
www.muslim-markt. de/Palaestina-Speziall interviews/interviewtext.htm.
eine von ihm diesmal unkommentierte Rede des Imam Khamenei "über
die aktuelle Situation in Palästina" vom 31.01.2002, welche
insgesamt ca. 7 Y2Din-A-4Seiten lang ist und in der es u. a. heißt:
Seit dem Angriff ihrer Mission haben
die Zionisten die Propaganda und die Veröffentlichung der Nachrichten
angestrebt. Eines ihrer Politik war es, sich die weltweiten
Propagandamedien widerrechtlich anzueignen. Und so ist es heute. Seit
dem ursprünglichen Anfang ihrer Mission haben sie, einen
Propagandatrick gewählt, welcher sehr wichtig und einflussreich war und
bis heute effektiv ist. Dieser Propagandatrick ist es als Unterdrückte
aufzutreten. Und um als Unterdrückte aufzutreten, fabrizieren sie Märchen
und Geschichten frei erfundene Reportagen und strengen sich (diesbezüglich)
unermüdlich an, und auch heute wird diese scheußliche Propaganda
fortgesetzt. Mit anderen Worten, die wichtigste Arbeit der Zionisten in
der Weltpropaganda ist es, als Unterdrückte zu erscheinen.
Sie haben das Thema psychologische 'Sorge
um die Juden errichtet. Sie haben behauptet, da die Juden seit
Jahrhunderten Unterdrückung erlitten hätten, haben sich psychologische
Sorgen entwickelt, und sie benötigten psychologische Sicherheit. In
ihren Besprechungen mit den Oberhäuptern der westlichen Staaten und später
in Besprechungen mit islamischen und arabischen Staaten haben sie das
Thema der psychologischen Sicherheit emporgehoben, mit der Behauptung,
sie benötigten psychologische Sicherheit, und dass sie mit dieser
Sicherheit versorgt werden müssten.
Was bedeutet diese psychologische
Sicherheit? Es hat keine klare Bedeutung. Es gibt kein Ende dieser
psychologischen Sicherheit. Es gibt kein Ende dieser Forderung, der
Forderung nach psychologischen Sicherheit. Sie können jede Initiative,
die nicht in ihrem Interesse ist, abzweigen unter dem Vorwand der
psychologischen Sicherheit. Sie haben viele Menschen in der Welt überzeugt,
dass sie psychologische Sicherheit benötigen und dass sie mit
psychologischer Sicherheit versorgt werden müssten. Das ist eine nie
endende Entwicklung.
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Dem israelischen Bedarf nach
psychologischer Sicherheit zu treffen ist schwieriger als seines Landes
beraubt zu werden. Wenn man sein Land verliert, dann weiß man, was man
verloren hat, aber wenn man versucht, Israels Bedarf an psychologischer
Sicherheit zu erfüllen, weiß man nicht, bis zu welchem Ausmaß man das
zu erfüllen hat, in welchem Maß man Konzessionen eingehen muss. Es
gibt kein Ende dieser Konzessionen. Die Konzessionen müssen beständig
weiter geführt werden. Von der europäischen Geschichte können diesbezüglich
Lektionen erlernt werden.
Die Deutschen, die deutsche Regierung hat 150 Milliarden Mark an
die Juden für Schäden bezahlt. Aber diese Zahlungen der Deutschen für
Schäden sind immer noch nicht zu Ende. Sie fordern auch weiterhin für
Schäden und fordern Zahlungen. Was sie mit Deutschland gemacht haben,
haben sie mehr oder weniger auch mit Österreich, der Schweiz,
Frankreich und selbst bis vor wenigen Jahren mit dem Vatikan gemacht.
Jeden Land ist verpflichtet ihnen Schadensersatz zu zahlen. Und es
gibt kein Ende dieses Schadensforderungen.
Vom psychologischen Standpunkt aus sind
die Israelis in wichtigen Aktivitäten engagiert. Alle Politiker, alle
Journalisten, alle Intellektuelle, alle Offizielle und alle Experten des
Westens sollen ihre Köpfe verbeugen, um der Gaskammern zu gedenken.
Dabei sollen sie alle einem Märchen beipflichten dessen Authentizität
gar nicht klar ist und selbst schuldig fühlen aufgrund dieser
Geschichte. Das ist ihre Propagandataktik und es beruht alles auf der
Vortäuschung von Unschuld.
Und in einem anderen Teil der Weit,
vertrauend auf die Geschichte der Thora,. welche besagt, dass diese Land
den Kindern Israels verheißen sei, haben sie viele Christen in vielen
Teilen der Weit zu ihrer Denkweise gebracht, bezugnehmend auf Märchen,
zitiert aus der Thora. Wie ich in einigen Statistiken gesehen habe, war
es Millionen von Nicht-Juden in vielen Ländern, zumeist in den USA möglich
die öffentliche Meinung mit dieser Propaganda zu füllen. Das ist die
Propaganda, für die sie sich seit vielen Jahren engagieren. Und auch
heute wird diese Propaganda fortgesetzt mit gleicher Intensität wie
immer."
Durch die Wiedergabe der vorgenannten Rede des Imam Khamenei ohne ein
ausdrückliches Distanzieren von dem dort geäußerten Gedankengut,
zeigte der Angeklagte eindeutig auf, dass er diese Meinungen des Imam
Khamenei teile und jene für verbreitungswürdig halte. Auf den
Internetseiten des Angeklagten bzw. Muslim-Markt wird auch nirgends
Kritik an dem Imam Khamenei bzw. dessen Meinung über die Juden, die
Israelis oder Israel erhoben.
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Der Angeklagte stellte statt dessen klar, dass er zu dem Imam
Khamenei als geistigen Führer stehe.
Somit trägt nicht nur der Imam Khamenei als Redner, sondern auch der
Angeklagte als Verbreiter die Verantwortung für den Inhalt bzw. die
Wirkung der Rede, wobei nicht etwa festgestellt wurde, dass der Imam
Khamenei die Verbreitung seiner Rede vom 31.01.2002 in Deutschland bzw.
über das Internet wollte, guthieß oder überhaupt davon wusste.
Es war bzw. ist also durchaus möglich, dass der Imam Khamenei, die
hier dem Angeklagten angelastete Verbreitung gar nicht billigte.
Durch den Begriff Märchen" wird in dem vorstehenden
Zusammenhang nicht nur die Existenz der Gaskammern in Zweifel gezogen,
sondern strikt geleugnet. Dabei schließt der Kontext aus, dass mit
"Märchen" etwa - wie vom Angeklagten in der Hauptverhandlung
behauptet - die ,psychologische Sicherheit" gemeint gewesen sei.
Eine Bezugnahme von "Märchen« auf ,psychologische
Sicherheit" wird an keiner Stelle der Rede deutlich.
Da sich der Angeklagte intensiv mit dieser Thematik beschäftigt hat,
wird ihm sicher bekannt gewesen sein, dass nach der Rechtssprechung des
BGHs sowohl das Leugnen der systematischen Tötung von Juden unter der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, als auch die Verbreitung der
Ausschwitz-Lüge im Internet strafbar ist (BGH in NJW 1994, Seite 1421
ff.; NJW 2001, Seite 624 ff.).
Auch hier wird die Tatsache der systematischen Morde an Juden als Lügengeschichte
dargestellt, absichtlich erfunden zur Knebelung und Ausbeutung
Deutschlands zugunsten der Juden. Dabei ist der Massenmord an Juden,
begangen vor allem in den Gaskammern von Konzentrationslagern während
des 2. Weltkrieges als geschichtliche Tatsache offenkundig.
Die genannten Äußerungen in der Rede waren vom Angeklagten dazu
bestimmt, eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung und Verachtung
hinaus gehende feindselige Haltung auch gegen die in Deutschland
lebenden Juden zu erzeugen, wobei sie über das Internet für eine nach
Zahl und Individualität unbestimmten Kreis von Personen unmittelbar
wahrnehmbar und damit öffentlich wurden. Der Angeklagte hielt es sogar
für seine Aufgabe, die Rede des Imam Khamenei vom 31.01.2002 mit
besagten inkriminierten Passagen via Internet einer breiteren Öffentlichkeit
in Deutschland bekannt zu machen.
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Diese Handlung war wiederum friedensstörend, da Gefahren geeignet,
muss doch befürchtet werden, dass gewaltbereite Antisemiten das
Gedankengut als eine Art "geistigen Brandbeschleuniger' aufgreifen.
Derartige Äußerungen dienen nicht der Wissenschaft, Forschung oder
Lehre, sind auch nicht durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung
geschützt (BGH in NJW 2001, Seite 626 m. w. N.)
Der Angeklagte verbreitete die Rede vom 31.01.2002 als "lmam
Khameneis Friedensplan" zumindest noch am 18.01.2004 im Internet über
das Portal Muslim-Markt, ohne dass er die beanstandeten Teile heraus
genommen hätte oder die Strafverfolgungsbehörden dagegen durch eine
Schließung der Seite vorgegangen wären.
III.
In der Hauptverhandlung ließ der Angeklagte eine schriftliche Erklärung
seiner Rechtsanwältin an die übrigen Prozessbeteiligten verteilen bzw.
verlesen, die er sodann zum Gegenstand seiner Einlassung machte und die
wie folgt lautete:
[An dieser Stelle ist in die schriftliche Urteilsbegründung die
schriftliche Stellungnahme des Angeklagten eingefügt bis einschließlich
Seite 16/19]
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[An dieser Stelle ist in die schriftliche Urteilsbegründung die
schriftliche Stellungnahme des Angeklagten eingefügt bis einschließlich
Seite 16/19]
Seite 16/19
Der Angeklagte räumte ein, dass er die unter Ziffer 11.
beschriebenen Bilder und Texte in dem genannten Zeitraum über seinen
"Muslim-Markt' im Internet verbreitet habe, bestritt jedoch die
damit verbundene Absicht der friedensstörenden Hetze gegen in
Deutschland lebende Juden durch Aufstacheln zum Hass, Beschimpfen, ' böswilliges
Verächtlichmachen oder Verleumden ebenso wie das Beinhalten der
Ausschwitz-Lüge in der von ihm verbreiteten Rede des Imam Khamenei über
die "aktuelle Situation in Palästina" vom 31.01.2002.
Die in Rede stehenden und unter Ziffer 11. genannten Texte wurden
durch die angeordnete Selbstlesung und teilweise auch durch nochmalige
Verlesung gemäß § 249 Abs. 1 und 2 StPO in die Beweisaufnahme
eingebracht.
Die unter Ziffer 11 beschriebenen Lichtbilder auf Blatt 17 bis 19 der
Akten wurden in der .Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Auf die
abgebildeten Einzelheiten wird Bezug genommen.
Der Ermittlungsbeamte, POK *** berichtete als Zeuge in der
Hauptverhandlung, dass und wie der Angeklagte die fraglichen Texte und
Bilder ins Internet brachte.
Hiernach hatte das Gericht an der Tat des Angeklagten keinen vernünftigen
Zweifel mehr.
Was der Angeklagte im Internet verbreitet hatte, gestand er ein,
wurde durch die vorhandenen Urkunden und Augenscheinsobjekte belegt,
ferner durch den glaubwürdigen Zeugen *** glaubhaft bekräftigt und ist
- nach Auffassung dieses Gerichts - von der Zielrichtung eindeutig. Der
Angeklagte agitierte offenkundig und feindselig nicht nur gegen den
Staat Israel, sondern auch gegen Juden, und zwar in Deutschland mit
deutscher Sprache für jeden im Internet wahrnehm- bzw. aufnehmbar.
Dabei geht es dem Angeklagten erkennbar nicht um staatsbürgerliche
Aufklärung, Wissenschaft, Forschung, Lehre, Berichterstattung über
Vorgänge des Zeitgeschehens oder Geschichte etc., sondern als
fundamentalistischer Islamist und Anhänger des Imam Khamenei um den
Kampf z. B. auch durch Boykottaufrufe, gegen den Staat Israel, damit
aber gleichsam gegen Juden in Deutschland, die er durch seine Aktionen
nicht ausnimmt, in dieser Breitenform seines Vorgehens wohl auch nicht
ausnehmen kann.
Sein Tun stellte keine Wahrnehmung berechtigter Interessen dar, ging
über eine Provokation weit hinaus und ist fern einer "Sozialadäquanz".
Seite 17/19
IV.
Mithin hat sich der Angeklagte der Volksverhetzung gemäß § 130
Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 3, 52 StGB schuldig gemacht.
V.
Bei der Strafzumessung fiel zu Gunsten des Angeklagten ins Gewicht,
dass er nicht vorbestraft war, anscheinend die Oberzeugung hatte, das
Richtige zu tun, das von ihm verbreitete Gedankengut nicht so leicht in
der Masse der von ihm verbreiteten Texte auffindbar war, dass einfach
strukturierte und für antisemitisches Gedankengut empfängliche
Personen es problemlos wahrnehmen konnten sowie immerhin die unseligen
Bildvergleiche aus dem Forum herausnahm. Zu seinen Lasten wirkte sich
hingegen aus, dass er für eine große Verbreitungsmöglichkeit
inkriminierten Bildgegenüberstellungen bzw. Texte sorgte, bis heute die
genannte Rede des Imam Khamenei im Internet gelassen hat (was allerdings
die Strafverfolgungsbehörden nicht zu verhindern suchten), damit nicht
nur gegen die Integration von jüdischen, sondern auch von muslimischen
Mitbürgern agierte, als deren Fürsprecher er sich sieht. Unter Berücksichtung
dieser für und gegen den eifernden, bisher unbelehrbaren Angeklagten
sprechenden Umstände erachtete das Gericht eine Freiheitsstrafe von 3
Monaten als gerade noch tat- und schuldangemessen, zur Einwirkung
ausreichend aber auch gleichsam unerlässlich (§ 47 Abs. 1 StGB).
Das Gericht beließ es bei der Mindeststrafe, um spezial- und
generalpräventiv ein Zeichen zu setzen, den Angeklagten und andere
davon abzuhalten, eine solche Tat zu wiederholen. Andererseits sollte
durch diese Strafe dem Angeklagten nicht die Chance auf die Fortführung
seiner Sozialisation in der hiesigen Gesellschaft genommen werden,
sofern er jene anstrebt.
VI.
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde gemäß § 56 Abs. 1 StGB
zur Bewährung ausgesetzt, weil der Angeklagte bislang noch nicht derart
bestraft worden war und deshalb erwartet werden konnte, er werde sich
diese Verurteilung allein zur Warnung dienen lassen und künftig - vor
allem unter dem Druck des ihm bei einem Rückfall drohenden Widerrufs
der Strafaussetzung zur Bewährung - keine neue Straftat mehr begehen
und wieder einen rechtschaffenden Lebenswandel führen.
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VII.
Die Kostenentscheidung folgte aus § 465 Abs. 1 StPO,
*** Richter am Amtsgericht
Seite 19/19