Stellungnahme
Folgende Stellungnahme wurde von Rechtsanwältin **** im Auftrag
des Prozesses im Gerichtssaal verlesen
In der Strafsache g e g e n
Herrn Dr.-Ing. Yavuz Özoguz, wohnhaft Schilfweg 53 in 27751
Delmenhorst
vertrete ich zusammen mit meinem Kollegen Rechtsanwalt **** den Angeschuldigten. Ich begründe
den von meinem Kollegen eingelegten Einspruch gegen den Strafbefehl des
Amtsgerichts Delmenhorst vom 10. 11.2003 wie folgt:
I.
Mein Mandant ist türkischstämmiger Deutscher und seit 1991 als
Ingenieur am Institut für Umweltverfahrenstechnik an der Universität
Bremen tätig. Nebenberuflich gründete er im Jahr 1999 die
Internet-Plattform www.muslim-markt.de, die sich zwischenzeitlich zu
einem der größten deutschsprachigen Internetportale für Muslime und
andere interessierte Personen, auch für wissenschaftliche Institute und
die internationale Presse, entwickelt hat.
Gründungsidee für die Gestaltung der Plattform war, ein
deutschsprachiges Forum für Muslime aller Richtungen zu betreiben und
dabei einen Service wie die Gelben Seiten" zu ermöglichen. Die
Plattform hatte nach ihrer Freischaltung einen regen Zulauf. Nach kurzer
Zeit baute mein Mandant eine daran gekoppelte Internetseite mit dem
Titel Palästina Spezial" ein. Grund für die Einrichtung dieser
Seite war, dass mein Mandant auch andere Perspektiven über die
Besetzung Palästinas und die israelische Politik aufzeigen wollte.
Sowohl bei den Journalisten als auch in der Forschung wird inzwischen
auf die Seiten meines Mandanten zurückgegriffen, wenn es beispielsweise
darum geht, vollständige Reden des iranischen Staatsoberhauptes in
deutscher Sprache zu lesen, Daten und Fakten über die
palästinensischen Opfer zu erlangen oder sich allgemein über den
arabischen Kulturraum und den Islam zu informieren. Mindestens 5
deutsche Universitäten verweisen auf die Homepage meines Mandanten,
darunter die Universität Mainz (Fachbereich Angewandte Sprach- und
Kulturwissenschaft), die Universität Erfurt (Lehrstuhl für
Religionswissenschaft), die Universität Hannover (Seminar für
Religionswissenschaft), die Universität Freiburg (Institut für
Volkskunde) sowie die Universität Bremen (Institute for Intercultural
and International Studies). Die Homepage meines Mandanten wird vielfach
als Quelle in Presseartikeln genannt.
Um überhaupt auf die Seiten Palästina Spezial" zu gelangen,
ist es notwendig, die Hauptseite des Palästina Spezial unter www.muslim-markt/Palaestina-Spezial
aufzurufen. Jeder Nutzer muss erst über diese Eingangsseite, bevor er
die einzelnen Palästina Spezial"-Seiten lesen kann. Auf
dieser Seite steht folgender Text:
Bevor wir in diese Seiten einsteigen, weisen wir ausdrücklich
darauf hin, dass alle hier dar- gestellten Seiten sich in keinster Weise
gegen gläubige Juden oder Juden als Angehörige ei- ner
Religionsgemeinschaft richten, denn das Judentum ist eine vom Islam
anerkannte und schutzwürdige Buchreligion.
Die Arbeiten richten sich ausschließlich gegen die
Verantwortlichen des Zionismus und des Pseudostaates Israel",
der auf Unrecht aufgebaut ist. Ein Jude, der sich von den Massa- kern
des Zionismus distanziert, ist in keinster Weise Ziel unserer Kritik;
selbst wenn er sich als Israeli " versteht, denn der Islam
lehnt jede Form des Rassismus ab, weil es gemäß dem Islam keine Rassen
geben kann und alle Menschen von den gleichen Ureltern abstammen.
Um Missverständnisse zu vermeiden, distanziert sich der
Muslim-Markt ausdrücklich von Hitler, seinen Gräueltaten und jeglichem
Nazi-Gedankengut. Der Muslim-Markt verurteilt unmissverständlich und
klar die grausamen Taten, die seinerzeit im Namen einer Rasse"
gegen einige Menschengruppen auf deutschem Boden erfolgt sind. ...
Darüber hinaus ruft der Muslim-Markt ausdrücklich alle Muslime zur
Rechtstreue auf. Durch die konstruktiven Vorschläge unserer Leser und
die Mitarbeit werden wir gemeinsam diese Seiten inschaallah
weiterentwickeln.
II.
Im Jahr 2002 bekam mein Mandant eine Anzahl von Bilder zugesandt,
welche er unkommentiert in seine Homepage einbaute. Aufgrund einer
einseitigen Interpretation dieser Bilder gelangten insbesondere die
Anzeigeerstatter als auch die Staatsanwaltschaft zu dem Schluß, dass
die Fotos eine Gegenübehrstellung von Menschen jüdischen Glaubens aus
der NS-Zeit und von israelischen Soldaten aus dem Jahr 2002 als Täter
im Palästina-Konflikt zeigen. Dadurch bezwecke mein Mandant angeblich
eine pauschale Verunglimpfung der Opfer des Nationalsozialismus, indem
er die jüdischen Opfer zu rassistischen Verbrechern" erkläre.
Zweck der Bilder sollte es laut meinem Mandanten hingegen sein, dass
der Betrachter sich über die Bilder eigene Gedanken macht, wobei der
Inhalt für vielfältige Betrachtungsweisen offen ist. Es ist überhaupt
nicht die Absicht meines Mandanten, pauschal das jüdische Volk zu
verunglimpfen.
Mein Mandant möchte vielmehr einen Dialog anregen, um über das
offene Gespräch die Menschen zu einem gemeinsamen Dialog aufzufordern
und etwaige Konsensmöglichkeiten aufzuzeigen. Er hat mehrfach der
Polizei als auch der Staatsanwaltschaft angeboten, mit diesen
zusammenzuarbeiten und die Inhalte seiner Homepage nach deren Weisung zu
verändern oder zu löschen. Auf einen strafrechtlichen Konflikt hat es
mein Mandant nie angelegt. Ihm geht es darum. zusammen mit allen
Menschen - auf seiner Homepage "Palästina Spezial" befinden
sich daher überwiegend Interviews und Mitteilungen von Menschen
jüdischen Glaubens- den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu
entschärfen. Im Rahmen seiner Meinungsfreiheit nutzt er dabei auch das
Stilmittel der Provokation, um Aufmerksamkeit zu erwecken und eine
andere Perspektive auf das Geschehen zu werfen. Sollten seine Seiten
mehrdeutig sein, so ist diese Mehrdeutigkeit nicht strafbar (vgl.
Rechtsprechung des BVerfG, NJW 1994, 2943), sondern unterliegen dem
Schutz der Meinungsfreiheit.
Ich verweise insbesondere auf die Leitsätze eines Kammerbeschlusses
des Bundesverfassungsgerichts vom 25.08.1994 -1 BvR 1423/92. Darin
steht:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG ist das Grundrecht
auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 1 GG schon bei der Auslegung
einer Äußerung zu berücksichtigen. Niemand darf wegen einer
Äußerung verurteilt werden, die nicht in dem vom Gericht angenommenen
Sinn zu verstehen ist.
2. Läßt eine Äußerung mehrere Deutungen zu, von denen nur eine
strafbar ist, dann dürfen die Gerichte die zur Bestrafung führende
Deutung nur zugrundelegen, wenn sie die an- deren Deutungsmöglichkeiten
zuvor mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen haben. Das sind
zugleich Grundelemente eines rechtsstaatlichen Strafrechts.
Mit der Darstellung dieser Bilder ging es meinem Mandanten zwar um
eine Gegenüberstellung, jedoch nicht um die jüdischen Opfer zu
verunglimpfen und den Holocaust zu leugnen, sondern er wollte lediglich
darstellen, dass gewisse Ähnlichkeiten zwischen den Naziopfern, die im
übrigen nicht alle automatisch jüdischen Glaubens waren, und den
heutigen palästinensischen Opfern bestehen. Mein Mandant hat
nirgendwo kommentiert, dass die auf den Bildern dargestellten Opfer allesamt Juden waren. Ebenso sind nicht alle Soldaten der israelischen
Armee jüdischen Glaubens. In der israelischen Armee dienen vielmehr
auch Menschen nichtjüdischen Glaubens, wie beispielsweise die Drusen.
Nur wer diese Parameter (jüdische Opfer UND israelische Soldaten
jüdischen Glaubens) jedoch bei der Betrachtung unterstellt, könnte
unter Umständen mit einer verknüpfenden Interpretation diese Bilder so
verstehen wie die Anzeigeerstatter und die Staatsanwaltschaft. Mein
Mandant zeigt mit dieser Darstellung lediglich seine Kritik am Vorgehen
durch den Staat Israel und der derzeit ver- folgten Politik. Diese
Kritik ist jedoch keine Kritik an Menschen jüdischen Glaubens. In
diesem Punkt unterscheidet mein Mandant sehr sorgfältig zwischen dem
Staat Israel und den Juden.
Wer jedoch nicht diese Unterscheidung trifft, sind die beiden
Anzeigesteller, die Geschwister **** und ****, beide als Zeugen im
Strafbefehl benannt. Diese stellen Kritik am Staate Israel mit einer
Kritik an Menschen jüdischen Glaubens gleich. Dieses Selbstverständnis
der beiden Anzeigeerstatter, das in Deutschland nur schwer zu begreifen
ist, haben beide auf ihrer Internetseite **** schriftlich dokumentiert:
Siehe auch Anlage 1 (nicht im Internet, Anm. des MM):
Wir wehren uns gezielt gegen falsche und verzerrte
Berichterstattung über Israel in den deutschen Medien. Zudem kämpfen
wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Antisemitismus
und Anti-Israelismus in der Öffentlichkeit."
Mein Mandant zeigt auf seiner Homepage offen, dass er die jetzige
Politik des Staates Israel für verfehlt und unzureichend hält - wie im
übrigen auch viele Israelis und Juden. Dies geschieht manchmal auch
durch das Stilmittel der Provokation. Dabei hat er jedoch lediglich
seine Meinung frei geäußert und wollte Leser dazu bewegen, sich über
die Lage in Palästina Gedanken zu machen. Nie hat mein Mandant einzelne
Bevölkerungsgruppen in Deutschland verunglimpft oder zum Hass gegen
Teile der Bevölkerung aufgestachelt.
Genau dies setzt aber § 130 StGB voraus. Die angeblich strafbare
Tathandlung meines Mandanten, also das Verfassen und Bereitstellen der
Internetseiten müsste unmittelbar gegen Teile der Bevölkerung
gerichtet sein. Hier fehlt es zum einen daran, dass mein Mandant gegen
Teile der Bevölkerung antisemitische Äußerungen tätigt, noch ist das
Unmittelbarkeitskriterium erfüllt. Denn wie bereits ausgeführt könnte
lediglich eine einzige einseitige Interpretation der Bilder mit
bestimmten unter- stellten Parametern dazu geeignet, meinem Mandanten
über eine solche Interpretation - dann aber lediglich mittelbar - eine
strafbare Handlung zu unterstellen. Seine Homepage hat bereits bei
oberflächlicher Betrachtung nicht die Zielsetzung, die inländischen
Juden zu verunglimpfen oder ähnliches, sondern lediglich, Kritik am
Staate Israel zu üben. Dies erfüllt jedoch keinen Straftatbestand (Tröndle/Dreher,
50. Auflage, § 130, Rn.2).
Zudem setzt Nr.2 des § 130 StGB voraus, dass mein Mandant die
Menschenwürde von anderen angegriffen hätte. Dann müsste er jedoch
einen Angriff auf den Persönlichkeitskern von anderen Personen verübt
haben. Mein Mandant hat nirgendwo auch nur eine Passage darüber
geschrieben, dass die inländischen Juden noch Juden überhaupt
minderwertig seien oder kein Lebensrecht hätten oder ähnliches. Dies
lässt sich auch seinem vor kurzem veröffentlichtem Buch entnehmen. Ihm
geht es um einen Beginn der Verständigung zwischen dem Staat Israel und
den Palästinensern. Nicht darum, gegen hier oder sonstwo lebende Juden
zu hetzen.
Auch der Vorwurf, er habe eine pauschale Verunglimpfung der Opfer des
Nationalsozialismus er- reichen wollen, indem er die Opfer zu rassistischen
Verbrechern" erkläre, ist bezugslos von einer einzigen Seite
meines Mandanten gerissen worden und völlig losgelöst den Bildern
zugeordnet worden. Mein Mandant hat auf den ganzen Seiten nie das
jüdische Volk oder Menschen jüdischen Glaubens als rassistische
Verbrecher" zitiert, sondern lediglich Zionisten". Es geht
hier somit um einen politischen Schlagabtausch über die Grenzen
Deutschlands hinweg und nicht um Volksverhetzung. Zudem stehen viele
Juden meinem Mandanten bei, die ebenfalls mit der Politik in Israel
nicht einverstanden sind und deutlich sagen, dass auch die Juden gegen
die Zionisten sind und vor allem die Zionisten nicht die Juden
repräsentieren (siehe Anlage 2). Das Internet-Portal meines Mandanten
beinhaltet zudem bei den Palästina Spezial" Seiten eine ca. 100
Seiten umfassende Meinungsdarstellung sowohl von hier lebenden als auch
in Israel lebenden Juden, die offen gegen die Politik des Staates Israel
protestieren (beigefügte Anlage 3) - genau wie mein Mandant. Ihre Reden
sind von den Seiten meines Mandanten aus ansteuerbar und belegen, dass
mein Mandant nicht einseitig zu Lasten der Juden seine Homepage
betreibt.
III.
Die Staatsanwaltschaft folgert zudem aus der Tatsache, dass mein
Mandant die Bilder von der Homepage entfernt hat, dass ihm das
Unerlaubte seines Tuns bekannt gewesen wäre. Die Bilder wurden am
24.4.2003 mit einer an derselben Stelle veröffentlichten Begründung
herausgenommen:
An dieser Stelle hatte der Muslim-Markt Beispiele von
Bildvergleichen wiedergegeben, welche die zionistischen Besatzer mit dem
Nazi-Regime verglichen. Aufmerksame Leser haben den Muslim-Markt darauf
aufmerksam gemacht, dass die verwendeten Bilder aus der End- zeit der
Nazi-Zeit stammten, wohingegen (noch) eher ein Vergleich mit der
Anfangszeit des Nazi-Regimes angebracht sei. Noch gebe es nicht die
hitlerischen Konzentrationslager in Israel, selbst wenn die Verfolgung
bereits systematisiert ist. Daher wären die Bilder unangebracht. Da der
Muslim-Markt großen Wert auf Aufrichtigkeit legt, haben wir die Bilder
des- halb entfernt und konzentrieren uns auf die Darstellung
zionistischer Verbrechen.
Die Folgerung der Staatsanwaltschaft ist somit Schlichtweg falsch.
Mein Mandant ist bemüht, die Geschehnisse in Palästina offenzulegen
und zu dokumentieren. Dies ist nicht strafbar, sondern unterliegt der
Meinungs- und Pressefreiheit. Auch das Recherchieren der Berichte ist
geschützt. Einige Bevölkerungsgruppen mögen zwar die
Berichterstattung meines Mandanten auf seiner Homepage aus politischen
Gründen unterbinden wollen; dazu sind jedoch gedankliche
Unterstellungen vonnöten, die seit Jahren gezielt gegen seine
Homepage - verbunden mit Strafanzeigen - angebracht werden. Mein Mandant
konnte somit zu dem Zeitpunkt der Herausnahme der Bilder nicht ahnen,
dass gerade diese Bilder einmal Grundlage für einen Strafbefehl werden
würden. Schließlich war ihm seit Freischaltung des Internetportals
bekannt, dass immer einige Menschen seine Äußerungen und Schriften
angreifen würden. Dass erst nach nunmehr 4 Jahren eine Anklage aus
einigen aus dem Zusammenhang seiner Homepage gerissenen einzelnen Worten
und Abbildungen zusammen- geschustert wird, konnte mein Mandant im März
2003 noch nicht ahnen.
IV.
Weiterhin heißt es in der Begründung zu 3. und 4. des Strafbefehls,
dass mein Mandant den Holocaust und insbesondere die Gaskammer
öffentlich leugnet.
Dieser Vorwurf ist offensichtlich unbegründet. Zum einen verweise
ich auf das bereits oben Ausgeführte. Mein Mandant hat sich bereits
auf der verweisenden Seite für die nachfolgenden Seiten von den
übersetzten Reden distanziert und deutlich geäußert, dass er die
Holocaust-Taten verurteilt. Desweiteren hat er die übersetzten Reden,
insgesamt etwa Texte von 50 Autoren unkommentiert eingestellt. Dies
bedeutet aber nicht zugleich, dass er sich den Inhalt sämtlicher Reden
zu eigen macht. Daher hat er deutlich an den Anfang gestellt, wie er
sein Internet-Portal verstanden wissen möchte.
Die im Strafbefehl zitierten Zitate stammen - wie die
Staatsanwaltschaft selbst festgestellt hat - aus Imam Khamene'is
Friedensplan. Die Textstellen sind dabei willkürlich aus der Rede des
iranischen Staatsoberhauptes entnommen. Dies geschah, um den Eindruck zu
erwecken, dass Imam Khamene'i den Holocaust leugnen würde. Dies stimmt
jedoch gerade nicht. Insbesondere das Wort Märchen" taucht in
der Rede weit vor der zitierten Passage auf und zwar in folgendem
Zusammenhang:
Seit dem Angriff ihrer Mission haben die Zionisten die
Propaganda und die Veröffentlichung der Nachrichten angestrebt. Eines
ihrer Politik war es, sich die weltweiten Propagandamedien
widerrechtlich anzueignen. Und so ist es heute. Seit dem ursprünglichen
An- fang ihrer Mission haben sie einen Propagandatrick gewählt, welcher
sehr wichtig und ein- flussreich war und bis heute effektiv ist. Dieser
Propagandatrick ist, als Unterdrückte auf- zutreten. Und um als
Unterdrückte aufzutreten, fabrizieren sie Märchen und Geschichten,
frei erfundene Reportagen, und strengen sich (diesbezüglich)
unermüdlich an, und auch heute wird diese scheußliche Propaganda
fortgesetzt. Mit anderen Worten, die wichtigste Arbeit der
Zionisten in der Weltpropaganda ist es als Unterdrückte zu
erscheinen.
Sie (die Zionisten) haben das Thema psychologischer Sorge um die
Juden errichtet. Sie haben behauptet, da die Juden seit Jahrhunderten
Unterdrückung erlitten hätten, haben sie psychologische Sorgen
entwickelt, und sie benötigten psychologische Sicherheit. In ihren
Besprechungen mit den Oberhäuptern der westlichen Staaten und später
in Besprechungen mit islamischen und arabischen Staaten haben sie das
Thema der psychologischen Sicher- heit emporgehoben, mit der Behauptung,
sie benötigten psychologische Sicherheit, und dass sie mit dieser
Sicherheit versorgt werden müssten. Was bedeutet psychologische
Sicherheit? Es hat keine klare Bedeutung. Es gibt kein Ende dieser
psychologischen Sicherheit. "
Die von Khamene'i angesprochenen Märchen beziehen sich somit auf die
Sicherheitsforderung des heutigen Israels, insbesondere auf die
Begründung von psychologischer Sicherheit. Dies ist das Märchen"
der Israelis - nach Ansicht von Khamene'i. Nicht etwa, wie die
Staatsanwaltschaft ver- mutet, der Holocaust. Khamene'i ging es vielmehr
darum, aufzudecken, welche Märchen die Israelis erfinden, um ihre
Gebietsansprüche und ihre Politik zu begründen (vergleiche mit Anlage
4).
Daher ist die nachfolgende Passage von Khamene'i, die die
Staatsanwaltschaft zitiert hat, auch ganz klar keine Verleugnung des
Holocaust. Khamene'i sagt selbst, dass alle Politiker, alle
Journalisten, etc. der Gaskammern gedenken. Damit bestätigt er den
Holocaust. Mit dem folgenden Märchen sind dagegen nicht die Gaskammern
gemeint, sondern das Märchen von der psychologischen
Sicherheitsforderung der Israelis. Dies ist somit ein Rückbezug auf die
vorangegangene gesamte Definition, was er unter Märchen und Geschichten
der Israelis genau versteht. Der Begriff der Authenzität"
bezieht sich somit ebenfalls nicht auf die Gaskammern, sondern auf das
Märchen der Notwendigkeit einer psychologischen Sicherheit. Auch das
Wort Geschichte" taucht in diesem Satz auf. Dies verweist
eindeutig auf die weiter oben beschriebenen Märchen und Geschichten.
Khamene'i persönliche Einstellung zum Staat Israel mag für uns als
westliche Kultur zwar nicht nachvollziehbar und leicht verständlich
sein. Für meinen Mandanten und viele hier lebende Muslime ist dies
jedoch eine andere als die westliche Perspektive und entspricht ihren
eigenen Einstellungen zum Staat Israel und den Zionisten. Eine Leugnung
des Holocaust ist damit nicht verbunden. Und auch kein Aufruf, hier
lebende Juden oder überhaupt Menschen jüdischen Glaubens zu
diskriminieren oder zu verunglimpfen. Es geht nur um eine Kritik am
Staat Israel, nicht an den Juden.
Mein Mandant ist zudem gar nicht in der Lage, sich mit allen
einzelnen Bausteinen einer von ihm ins Netz gestellten Rede zu
identifizieren. Es wäre absurd, anzunehmen, dass er neben Reden von
Khamene'i und Möllemann auch sämtliche anderen 50 Texte von Autoren
und Rednern als eigene Meinung hat, nur weil er sich nicht von jeder
Rede und jedem einzelnen Satz distanziert.
Zudem ist der Vorwurf der Staatsanwaltschaft schon in sich
widersprüchlich. Denn wie könnte mein Mandant zum einen die
Holocaust-Opfer leugnen und diese zugleich verunglimpfen wenn er sie
denn leugnet? Entweder leugnet er die Existenz oder er verunglimpft sie.
Beides zugleich schließt sich meines Erachtens aus. Deutlich wird aus
dieser Widersprüchlichkeit nur, dass die Staatsanwaltschaft nichts
vorlegen kann, was sie meinem Mandanten ernsthaft zur Last legen kann.
V.
Zuletzt möchte ich noch auf §§ 130 Abs. 5 i.V.m. § 86 Abs.3 StGB
hinweisen. Darin steht bekanntlich die sogenannte Sozialadäquanzklausel".
Damit erfüllen Handlungen meines Mandanten den Tatbestand des § 130
StGB nicht, wenn sie der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Kunst oder
der Wissenschaft, der Forschung, der Lehre, der Berichterstattung über
Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken
dient".
Mein Mandant betreibt das Internet-Portal insbesondere auch, um
journalistisch über die Lage Palästinas zu berichten. Dort finden zur
Zeit geschichtlich relevante Ereignisse statt, über die mein Mandant
durch seine Homepage berichtet und die er als Journalist auch bewertet.
Der Zweck der Dokumentation und der Meinungsäußerung ist vielfältig.
Zum einen schafft mein Mandant durch die Übersetzungen von Reden eine
wissenschaftliche Sammlung, die es bislang in deutscher Sprache nicht zu
lesen gab. Zudem ist er künstlerisch kreativ und setzt Bilder zum
Nachdenken und zur Diskussion auf seine Seiten. Weiterhin greifen
Universitäten auf seine Homepage zu. Diese dient somit unzweifelhaft
der Lehre und Forschung und wird zu aktuellen Themen einiger
Forschungsbereiche auch herangezogen. Insgesamt sind somit die
Handlungen meines Mandanten nicht strafbar.
Ich werde daher zusammen mit meinem Kollegen in der mündlichen
Verhandlung beantragen, unseren Mandanten von allen Vorwürfen
freizusprechen.
Rechtsanwältin - **** -
Anlagen