MM: Sehr geehrter Herr Dr. Athai, es gibt
das Vorurteil, dass ein Schiit nicht Omar heißen kann, wie kamen Sie zu
Ihrem Namen? Dr. Athai:
Weil meine Eltern ein Zeichen für Toleranz setzen
wollten, daher haben sie mich Omar genannt. Wer an Allah und Qur'an,
unserem Propheten Mohammad (s.) und alle anderen Propheten, die im
Qur'an genannt sind, an die Engel und an dem Tag der Auferstehung
glaubt, ist Muslim. Fanatismus und Intoleranz spaltet und schwächt uns
und sind unislamisch.
MM: In Ihrem Dorf ist selbst dem
christlichen Dorfgeistlichen bekannt, dass Sie Imam Khomeini geliebt
haben. War das kein Problem als Arzt und als Mensch?
Dr. Athai:
Nein, Allah sei Dank gibt es kein Problem, im Gegenteil. Der Pastor
unseres Dorfes selber und seine Eltern kamen immer zu mir zur
Behandlung, obwohl im selben Dorf und der Umgebung viele Ärzte
christlichen Glaubens praktizieren. Am Todestag von Imam Khomeini (r.)
kam unser Pastor "zufällig" zur Behandlung und sah, dass ich sehr
traurig bin und fragte mich nach der Ursache. Ich habe ihm den Grund
erzählt. Er sagte mir, dass er meine Trauer gut verstehen kann, und
sagte mir noch einige passende Trost spendende Worte. Bei solchen
Momenten und Situationen wird das Herz eines Muslims durch das Licht
Allahs überflutet.
MM: Warum hat Ihnen ihr klassisches Studium
nicht genügt, so dass Sie sich "Ergänzungsmedizin", wie Sie es nennen,
weiterentwickelt haben?
Dr. Athai: Dank moderner Technologie,
Pharmakologen und andere moderne Methoden (durch Gnade Allahs) können
wir heute viele Krankheiten behandeln. Aber solche Behandlungen sind
leider meist Symptombehandlung. Mir ist es lieber, wenn die Krankheiten
erst gar nicht entstehen und vor allem nicht chronisch werden. Daher
habe ich versucht, allertiefste Ursachen der vielen heutigen Leiden aus
islamischer Sicht medizinisch-naturwissenschaftlich zu erklären. Ich
hoffe, dass es mir gelungen ist.
MM: Wie kam es dazu, dass Sie ein Buch zum
Thema aus der Sicht des Islam verfasst haben?
Dr. Athai: Weil ich bei allem, was ich
in meinem Leben lese, tue oder beabsichtige, den Islam im Hinterkopf
habe.
MM: Was kann der Islam zur
Ergänzungsmedizin beitragen?
Dr. Athai:
Lesen Sie mein Buch. Ich stehe Ihnen für Ihre Fragen und Diskussion sehr
gerne zur Verfügung.
MM: Bitte geben Sie uns doch einige
Stichproben als Kaufanreiz zu ihrem Buch, einige Beispiele der
islamischen Besonderheiten.
Dr. Athai:
Zum Beispiel der Alkohol ist im Islam absolut verboten. Anderseits ist
der Alkohol in Medikamenten unbedenklich. Diese Schein-Paradoxie wird in
meinem Buch Dank moderner Hirnforschung ausführlich erläutert. Oder was
sehr häufig gedacht und gesagt wird: Beim lüsternen Anschauen der Frauen
oder pornographischer Bilder (alles Sünde im Islam) will man nur Appetit
für zu Hause holen und es wird niemandem etwas weggenommen. In diesem
Buch wird auf naturwissenschaftlicher Grundlage erklärt, wie solche
Gedanken und Absichten zu psychovegetativen und somatischen Krankheiten
führen können.
MM: Im derzeitigen Sommer müssen Muslime im
Land sehr lange fasten. Schadet das nicht?
Dr. Athai:
Wenn man nicht krank ist und der Körper gut vorbereitet ist, schadet es
niemals. Ganz im Gegenteil bringt das Fasten dem Organismus
unvorstellbare Vorteile psychischer-, somatischer- und geistiger Art.
Kein Mensch kann sich auf dem Pfad der Vervollkommnung auch nur einen
Zentimeter ohne Fasten fortentwickeln. Dabei spielt das Nicht-Trinken
von Flüssigkeit eine sehr, sehr große Rolle. Dies wird in meinem Buch
ausführlich dargestellt.
MM: Ein oft zumindest subjektiver Eindruck
ist, dass Muslime in Deutschland eine geringere Lebenserwartung haben
und im Alter eher zu Übergewicht neigen und weniger Sport betreiben.
Welche kulturellen Hindernisse sind dafür mitverantwortlich?
Dr. Athai:
Zum ersten Teil der Frage: In Afghanistan war es z.B. so, wer etwas
übergewichtig war, wurde häufig positiv angesehen und mit den
wohlhabenden Ausländern wie z.B. Europäern verglichen. Zum zweiten Teil:
Nach meiner Ansicht "verschlacken" wir konstitutionell schneller bei
Überfütterung und vor allem beim Nichtfasten als z.B. Europäer es tun.
Also wenn wir lange und gesund leben wollen, müssen wir außer dem Monat
Ramadan noch zwischendurch im Laufe des Jahres fasten und die
Überfütterungen meiden.
MM: Viele Kritiker des hiesigen
Gesundheitswesens behaupten, dass es zu materialistisch orientiert sei
und z.B. viel zu viele Medikamente konsumiert werden. Andererseits
erhält der Arzt viel mehr Honorar für eine viertel Stunde Behandlung als
für eine halbe Stunde Gespräch. Wie kann man dieses Dilemma überwinden?
Dr. Athai:
Das ist eine Maschinerie, die mit vielen anderen Systeme gleicher Art
gekoppelt ist und kann schlecht umgestellt werden. Aber wenn jeder von
uns eine andere Sichtweise bekommt, indem man sich diesbezüglich im
Islam vertieft und davon lernt, dann können wir als gesunder Vorreiter
unseren Mitmenschen zeigen, wie wertvoll eigentlich wir Muslime für die
anderen sind. Das war auch ein wichtiger Anlass, um dieses Buch zu
schreiben.
MM: Dr. Athai, wir danken für das
Interview. |