MM: Sehr
geehrter Herr Hoffmann, was hat Sie dazu bewegt, den Blog "Gegenmeinung"
zu eröffnen und "gegen" wen richtet sich Ihre Meinung?
Folker Hoffmann: Nach meiner Pensionierung wollte ich einfach ein
wenig wieder in meiner Muttersprache schreiben. Ich hatte schon eine
zeitlang im Tagesschau Forum (TSF) geschrieben, das damals noch zu den
besten Foren im deutschsprachigen Raum zählte. Nach einiger Zeit wurde
aber dort, auf Druck der Politik, dermaßen grob zensiert, und zwar aus
politischen Gründen, nicht wegen Missachtung der Nettiquette, wie ich es
in meiner, zu der Zeit, "normalbürgerlichen" Naivität einfach nicht für
möglich gehalten hätte. Nach immer häufiger auftretenden Konflikten der
Redaktion mit mir und vielen anderen Teilnehmern des Forums wurde das
Forum vor etlichen Jahren dicht gemacht und durch irgendetwas ähnliches,
aber höchst belangloses, ersetzt. Mein Recht auf demokratische
Meinungsäußerung von einem sogenannten "öffentlich-rechtlichen"
Betreiber zensieren lassen zu müssen, ging mir derart gegen den Strich,
dass ich beschloss eine eigene Seite aufzumachen. An die vielen Leser
die ich dort zensiere, kann ich auch an dieser Stelle sagen: "Leute,
meine Seite ist privat und wer und was bei mir veröffentlicht wird,
bestimme ich. Das ist zwar nicht sonderlich "demokratisch", erhöht aber
im Zweifelsfall das Niveau meiner Seite. Öffnet einfach eine eigene.
MM: Und wie kam es zu dem Pseudonym
Mowitz?
Folker Hoffmann: Da ich im TSF unter dem
Nick Mowitz schrieb, nahm ich den Nick gleich auf meine neue Seite mit.
Ich hoffte Leser und Teilnehmer aus dem TSF-Forum mitzubekommen. Man
will ja, dass das was man veröffentlicht, auch gelesen wird.
Ursprünglich hieß einer meiner inzwischen verstorbenen Hunde Mowitz. Ein
äußerst liebenswerter, aber ganz besonderer Schäferhund, der es einfach
nicht ertragen konnte wenn andere Rüden, rüde mit ihm umgingen. Dann
flogen auch schon mal die Fetzen.
MM: Sie schreiben sehr unverblümt gegen
den Kapitalismus, Imperialismus, Zionismus und setzen sich für wahre
Freiheit und Frieden in Gerechtigkeit ein. Muss man außerhalb
Deutschlands leben, um die Ungerechtigkeiten, die von der deutschen
Regierung ausgehen, besser erkennen zu können?
Folker Hoffmann: Was ich heute
feststelle, ist ganz einfach. Im europäischen Ausland geht es ähnlich zu
wie in Deutschland. Die wirkliche Macht geht weniger von gewählten
Politikern aus, als vom nationalen und internationalen "Geldadel", also
vom Groß- und Finanzkapital; eine auch für den interessierten Laien, wie
ich einer bin, leicht feststellbare Tatsache. Man muss sich nur ein
wenig mehr als gewohnt damit beschäftigen. Als rüstiger Rentner hat man
viel Zeit und kann sie endlich als für etwas anderes nutzen als seinen
Lebensunterhalt zu verdienen. So trage ich zumindest als kleiner
"Stachel" im Sitzfleisch der Bequemen und hoffentlich auch des einen
oder anderen Ausbeuters, ein wenig dazu bei, sie daran zu erinnern, dass
Kampf auch von der Gegenseite kommen kann. Denn heute wird der Krieg ja
eindeutig von den Reichen gegen die Armen geführt. Einer der
Superreichen, Warren E. Buffet, drückte es so aus: "Es herrscht
Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen,
die Krieg führt, und wir gewinnen". Das er das offen kundtut ehrt
ihn. Das keine angemessene Reaktion aus den Reihen der Bekriegten kommt
um den Sieg der Reichen zu verhindern, ist ein ausgesprochenes
Kümmernis.
MM: Sie kennen von Ihrer Jugend her
Deutschland und inzwischen auch Schweden sehr gut, gibt es Unterschiede
zwischen beiden Ländern, was die Eingliederung in die Verbrechen des
Imperialismus betrifft?
Folker Hoffmann: Der Unterschied
zwischen Schweden und Deutschland liegt in der Größe, nicht in den
Strukturen. Schweden ist heute so neoliberal wie Deutschland oder
Großbritannien. Mit Abbau des Sozialstaates, und was ich als noch mehr
empörend empfinde, ist die Dreistigkeit, mit der sich Schweden, als
offiziell allianzfreier Staat und Nichtmitglied der Nato, an den
neoimperialistischen Kriegen der Nato, unter ihrem Anführer, den
Vereinigten Staaten beteiligt. Das wäre ein undenkbarer Vorgang zuzeiten
Olof Palmes gewesen. Aber der starb ja 1984 eines unnatürlichen Todes.
So kam langsam die "geistig-moralische" Wende. Wie auch in Deutschland
schon 1982 (Lambsdorf-Papier) und in Großbritannien Ende der siebziger
Anfang der Achtziger mit dem sogenannten Thatcherismus. Die Namen waren
unterschiedlich, die Programme und Schlagworte identisch: "Schlanker
Staat", "deregulierter Arbeitsmarkt", "Privatisierung", "Öffnung der
Einkommensschere" wurde in fast allen Ländern als "unumgänglich"
gepredigt. Nicht ohne den Hinweis zu vergessen, dass die anderen Staaten
es auch machen und man schließlich "konkurrenzfähig" bleiben müsse und
nicht hinterhinken dürfe. Am Ende der Veranstaltung war der Status quo
noch immer vorhanden, aber auf einem bedeutend niedrigeren Niveau für
das arbeitende Volk. Auf einem bedeutend höheren für die
Kapitaleigentümer mit den arbeitsfreien Zinseinkommen.
MM: Welche Themen liegen Ihnen
persönlich besonders am Herzen?
Folker Hoffmann: Persönlich ist mir die
Friedensfrage besonders wichtig. Aber Krieg und Frieden hängen wiederum
mit Gerechtigkeit zusammen. Gerechtigkeit wiederum mit fairem Handel
zwischen den Völkern und der Verteilung des gemeinsam Erwirtschafteten
im Inneren usw.. Ich neige dazu Dinge in Zusammenhängen zu sehen und mir
daraus meine für den Augenblick wichtigen "Herzensangelegenheiten" zu
bilden. Ich halte nichts von der, im schwedischen sagt man so schön "snuttifiering"
des Ganzen. Will sagen von der Aufteilung des Ganzen in immer kleinere
Teile. Das verwirrt eher, als das es Klarheit schafft.
MM: Wie meinen Sie das?
Folker Hoffmann: Ich nehme mal
ein aktuelles Beispiel. Der Konflikt der im Augenblick in Syrien tobt,
ist weder vom Himmel gefallen noch eine Revolution unzufriedenerer
syrischer Massen. Die Massaker die dort ausgeführt werden, sind das
Resultat eines schon seit Jahren beschlossenen Plans, der die
Umgestaltung des Nahen und Mittleren Osten nach den Vorstellungen der
USA beinhaltet und auch umfassende Grenzveränderungen für bestehende,
souveräne Staaten vorsieht. Berichten Konzern- und Lei(d)medien
wahrheitsgemäß und korrekt darüber an herausragender Stelle? Eine schon
vor sechs Jahren veröffentlichte Karte des "neuen Nahen Osten" wurde von
einem Oberstleutnant Ralph Peters angefertigt und im Juni 2006 im Armed
Forces Journal für speziell Interessierte veröffentlicht. Die Karte
kursiert auch im Netz unter anderem auf meinem Blog. Ich glaube kaum,
dass die Vereinigten Staaten diese Grenz- und auch Regimeveränderungen
mit den betroffenen Staaten einvernehmlich geregelt haben, oder vorhaben
dies zu tun. Als globaler Hegemon sehen sich die Vereinigten Staaten
nicht genötigt einvernehmlich zu handeln, sondern nur mit der Arroganz
der Macht. Saddam Hussein, Gaddafi waren die ersten Opfer, die auf
dieser Agenda standen und inzwischen das Zeitliche gesegnet haben.
Hillary Clinton fasste die Katastrophenpolitik gegen Libyen
folgendermaßen zusammen: "We came, we saw, he died". Aber nicht nur
Gaddafi und Saddam starben als Folge dieser "demokratischen
US-Friedensmissionen". Zigtausende Libyer und Millionen Iraker mit
ihnen. Wenn ich als Laie das weiß, lasse ich mich auch nicht länger von
der täglichen Propaganda unserer Konzern- und Lei(d)medien manipulieren,
wenn sie diese und andere Eroberungskriege, mit der "Abwendung von
humanitären Katastrophen", "Massenvernichtungswaffen" usw. motivieren.
Wie beispielsweise auch im Kosovokrieg, der ohne UN-Mandat als ein
"humanitärer Kriegseinsatz" von der Regierung Schröder zurechtgelogen
wurde. Den Konflikt zwischen Kosovaren und Serben verstanden neunzig
Prozent von uns sowieso nicht. Die einfachen Serben und Kosovaren wohl
auch nicht. Am Ende haben die USA im Kosovo eine Riesen-Militärbasis,
Camp Bondsteel, mit Sicherheit nicht um Kosovaren und Serben
auseinanderzuhalten. Oder die "Befreiung" muslimischer Frauen von der
Burka in Afghanistan. Das sind gespenstische Diskussionen, wo in
stundenlangen Talkshows mit einem zusammenhanglosen, ungeheuren
Wortschwall, die Massen dusselig gequatscht werden. Denn wie auch immer
die Massen von den sogenannten Eliten verachtet werden, man ist trotzdem
auf sie angewiesen um seine Eroberungen durchzuführen.
MM: Sie zitieren den "Krieg",
den Reiche weltweit gegen Arme führen. Doch welche erlaubten und vor
allem sinnvollen Methoden haben denn die "Armen" - oder zumindest der
"kleine" Bürger in Deutschland oder Schweden - sich dagegen zu wehren,
wenn er noch nicht Rentner ist?
Folker Hoffmann: Ob Rentner
oder nicht. "Erlaubt" ist gar nichts. Aber man kann nicht gegen sein
Volk regieren, wenn das Volk es nicht will. Massenstreiks und
Massendemonstrationen sind klassische Methoden, die aber in unseren
heutigen Gesellschaften erst wieder neu entdeckt werden müssen. In der
Zwischenzeit kann man sich dem Staat und dem übermäßigen Konsum
verweigern. Merkels Wortblase vom "Sparen" so wörtlich nehmen, dass
Profit, Nachfrage und Kredite völlig den Bach runter gehen. Nur das
Notwendigste kaufen, Konzern- und öffentliche Lei(d)medien abbestellen,
um sich von der jahrelangen Gehirnwäsche zu erholen, der wir ausgesetzt
sind. Viele Reiche verweigern sich bereits dem Staat und sind
erfolgreich damit. Die Republik ist voll von Steuerflüchtlingen.
Irgendwelche ernsthaften Konsequenzen für die Steuerbetrüger? Die
kriegen sogar noch Steuerrabatte vom Staat, vorausgesetzt sie zeigen
sich selber an. Nur friedlich muss es zugehen. Denn der Staat sitzt am
längeren Gewalthebel. Übrigens hatten die Deutschen bereits Ende des
vorigen Jahrhunderts eine erfolgreiche friedliche Revolution. Warum
nicht eine zweite? Diesmal in die entgegengesetzte Richtung.
MM: In Ihrem Blog gibt es ein Gemälde
von Karl Marx und wenn man darauf klickt, dann landet man bei einem
seiner Texte. Sind sie ein Kommunist?
Folker Hoffmann: Nein. Was
mich nicht daran hindern würde sie zu wählen, wenn sie sich denn der
Wahl stellen. Ich meine nicht die zweite SPD im Staate, Die Linke.
MM: Ganz unten auf Ihrer Blog befindet
sich eine umfangreiche Auflistung von Themen, zu denen Geschrieben
worden ist. Spitzenreiter sind USA, Kapitalismus, Israel, Manipulation,
Deutschland. Wie hängen die Themen zusammen?
Folker Hoffmann: Fast alle Artikel haben
mehr als ein Stichwort. Die Stichworte dienen ja dazu Beiträge auf
meinem Blog zu finden, die man irgendwie diesen Begriffen, manchmal auch
im weitesten Sinne, zuordnen kann. Wenn also z.B. Artikel über
Palästina, Israel oder auch Kriege mit diesen Stichwörtern bedacht
werden, können Sie in der Regel davon ausgehen, das wirtschaftliche
Interessen im Sinne des Kapitalismus betroffen sind, die auch hinter
einem aktuellen Krieg stehen, und nicht wie uns vordergründig erzählt
wird um nationale Gegensätze handeln. Bei Manipulation handelt es häufig
um die Erklärungen, die unseren Bevölkerungen durch Medien und Obrigkeit
zuteil kommen. Bei fast 1400 Artikeln kann man nicht kurz auf diese
Frage antworten. Ich bin auch nicht von Anfang an konsequent bei der
Zuteilung der Stichwörter gewesen, oder geblieben. Im Laufe der Zeit
sind neue hinzu gekommen und alte nicht mehr angewandt worden.
MM: Wie begegnen Sie dem Vorwurf
bestimmter Seiten, antisemitisch zu sein, da es viel Kritik gegen Israel
auf dem Blog gibt?
Folker Hoffmann: Möglicherweise entgeht
mir viel was auf anderen Blogs zur Sprache kommt. Ich hatte anfangs auf
meiner Seite Probleme mit Zionist-Trollen, die aber glücklicherweise
leicht zu identifizieren waren, da man schnell merkte, dass sie nie
ernsthaft auf das eingehen was geschrieben ist, sondern auf billigen
Krawall aus sind. Das sind dann die Kommentare, die ich schnell und ohne
Erklärung einfach lösche. Ich mache sozusagen von meinem Hausrecht
Gebrauch. Die Leute merken sich das und belästigen mich nicht länger mit
niveaulosen Zionisten-Kommentaren. Im Übrigen soll man sich nicht, von
wem auch immer, in eine Ecke stellen lassen, wo man nicht hingehört. Die
Deutungshoheit über meine Handlungen, Gesinnung und Beweggründe
überlasse ich keinem anderen Menschen, als mir selbst. Ich habe schon
des Öfteren darauf hingewiesen und tue es gerne nochmals, da es zu wenig
gesagt wird. Nicht ein einziger Israeli ist Opfer des Holocaust
geworden. Es waren Deutsche, Polen, Holländer und überhaupt Europäer
jüdischen Glaubens. Und nicht zu vergessen sind die geschätzten 220.000
bis 500.000 Sinti und Roma, die Opfer von Hitlers Rassenwahn wurden.
Ansonsten ist noch anzumerken, dass Judentum keine Nationalität ist. So
wenig wie Christentum oder der Islam, sondern eine Religion. Wenn sich
Israel neuerdings (1992) als "jüdischer" Staat definiert, tut es das mit
Sicherheit darum, um den Holocaust für sich zu vereinnahmen und zu
instrumentalisieren. Die Opfer des Holocaust haben mehr Respekt verdient
als zur allgemeinen Antisemitismuskeule des Staates Israel bei der
Vertreibung der Palästinenser missbraucht zu werden. MM: Herr Hoffmann, wir danken für das
Interview. |