MM: Sehr
geehrter Herr Fuhrmann, wie kommt man in unserer Zeit, in der die
Islamische Republik Iran mehr oder weniger zum Feindbild Nummer Eins in
den Medien erkoren wird, ausgerechnet auf die Idee kreuz und quer durch
den Iran zu reisen, noch dazu mit einem Wohnmobil?
Benedikt Fuhrmann: Ich wollte
ursprünglich nur durch den Iran reisen um nach Pakistan und Indien zu
kommen. Als ich dann aber so positiv überrascht wurde von diesem Land,
seinen Menschen und seiner Kultur, habe ich mich entschlossen dort zu
bleiben und dieses Land genauer kennen zu lernen.
MM: Wie waren ihre ersten Eindrücke im
Iran und wie haben Sie sich überhaupt verständigt, insbesondere
außerhalb der Großstädte?
Benedikt Fuhrmann: Mein erster Eindruck
war ein Grenzbeamter, der mich zum Tee trinken eingeladen hat. Ein
weiterer eine riesige Stadt, die wirklich beeindruckend ist und eine
große Herausforderung für einen jeden deutschen Autofahrer. Verständigt
habe ich mich am Anfang mehr mit Händen und Gesten. Nach ein paar
Monaten entwickelte sich mein Persisch recht schnell. Ich war angewiesen
darauf, diese Sprache zu lernen. Auch in den Großstädten ist es gut,
wenn man Persischkenntnisse hat. Auf den Dörfern hilft dann auch immer
wieder selbst das Persisch nicht weiter, denn dort gibt es auch eigene
Dialekte und Sprachen, die ich nicht verstehen konnte. Aber es gibt ja
auch eine universelle Sprache mit der man sich dann eben unterhält.
MM: Der unerfahrene Leser in Deutschland
hat die Vorstellung, dass sie auf Schritt und Tritt beobachtet wurden,
ständig ein Begleiter an ihrer Seite war und sie jedes Filmmaterial
zensieren lassen mussten. Wie frei konnten sie drehen und sich mit den
Menschen unterhalten?
Benedikt Fuhrmann: Einerseits ist es
auch so. Ich wurde immer mal wieder beaufsichtigt oder kontrolliert.
Letztlich konnte ich mich aber bewegen wie ich wollte. Egal ob in
Moscheen oder auch an Orten an denen nur Männer oder nur Frauen
"zugelassen" waren. Ich hatte nie das Gefühl, ich wäre eingeschränkt
gewesen. Unterhalten konnte ich mich mit nahezu jedem, auch mit Frauen.
Allerdings war ich hier vorsichtig und einfühlsam, ich tastete mich
Stück für Stück voran.
MM: Zurück in Deutschland haben sie nach
Sponsoren gesucht, um eine Ausstellung zu Ihrer Reise möglich zu machen,
woraus dann das wohl bisher größte Crowdfunding-Projekt Deutschlands
geworden ist. Wie kam es dazu und warum glauben Sie haben Sie im
Internet offensichtlich leichter Sponsoren gefunden als unter sonstigen
Sponsoren? Wer waren die Spender?
Benedikt Fuhrmann: Sponsoren zu finden
war unmöglich. Ich konnte zwar Menschen von der Sache selbst überzeugen,
aber Geld dafür geben wollte keiner, da er oder sein Unternehmen "nichts
mit dem Land Iran zu tun haben wollten". Das Feinbild oder Medienbild
über Iran ist so stark, dass selbst bei der Suche nach Geldern immer
genau dieses Bild zwischen mir und einer erfolgreichen Kooperation
stand. So kam ich dann zur Idee alles über das Crowdfunding zu machen.
In Deutschland steckt diese Art der Finanzierung noch in den
Kinderschuhen, und so wurde es auch das bisher größte Crowfdfuning
Projekt einer deutschen Crowdfundingplattform. Leicht war es nicht
dieses Geld zu sammeln, da ich wenig Medienunterstützung finden konnte.
Angefangen haben Freunde und Familie, dann kamen immer mehr Freunde von
Freunden dazu und zum Ende hin waren es dann Menschen von überall her.
Eine geniale Sache dieses Crowdfunding.
MM: Die Ausstellung findet in einer
katholischen Kirche statt. Hatte die Kirche nicht bedenken ausgerechnet
Filme und Fotos aus der Islamischen Republik Iran zu zeigen, die
versuchen ein bestehendes Feindbild abzubauen?
Benedikt Fuhrmann: Auf jeden Fall hatten
Kirchenmitglieder Bedenken der Idee gegenüber. Auch hat das Projekt
keinerlei finanzielle Unterstützung von der Kirche erhalten, das wäre
wohl zuviel des Guten geworden. Aber der Stadtpfarrer Rainer Maria
Schießler und Stephan Alof der Kirchenpfleger haben sich für dieses
Projekt eingesetzt und so konnte es überhaupt entstehen. Ohne die beiden
hätte ich es aufgegeben diese Arbeit zu zeigen, denke ich heute. Für
mich ist es kein Versuch, das Feinbild abzubauen, es ist ein Schritt,
den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und auf das Verbindende zu
blicken. In der Erfahrung von Verbundenheit liegt ein Kernanliegen
dieser Ausstellung.
MM: Wie sind die Reaktionen der ersten
Besucher Ihrer Ausstellung?
Benedikt Fuhrmann: Sehr positiv. Nahezu
alle Besucher sind begeistert von der Ausstellung. Das wunderbare sind
die verschiedensten Begegnungen mit Irakern, Israelis, Iranern, Türken,
Deutschen, Italienern, Isländern, Franzosen... viele Deutsche sind vor
allem deswegen begeistert, da diese Ausstellung in einer Kirche
stattfindet. Sie sehen dies als positives Zeichen der Kirche, die sich
damit anderen Ländern, Kulturen und Religionen öffnet. Es gibt aber auch
kritische Stimmen, die Angst haben vor "Vermischungen" und der
"Grenzenlosigkeit" dieser Art von Ausstellung in einer katholischen
Kirche. Letztlich jedoch - und das überrascht mich selbst sehr - ist
eine wundervolle positive Rückmeldung zu spüren.
MM: Wer ein ganzes Jahr im Iran war, hat
zwangsläufig auch eine Reihe von religiösen Großereignissen, Prozession,
Trauerveranstaltungen usw. miterlebt. War das nicht eher befremdlich für
Sie?
Benedikt Fuhrmann: Natürlich ist dies
manchmal befremdlich. Das heißt ja auch nur, es war mir fremd. Heute ist
es mir nicht mehr fremd und ich erfreue mich am Islam ebenso wie am
Christentum. Ich denke die Religionen verbinden uns Menschen, sie werden
ja auch schließlich von uns Menschen gelebt. Wir gemeinsam schaffen sie
und wir gemeinsam können auch das Verbindende in den Religionen
erschaffen. Wir Menschen sind das ganze Potenzial auf dieser
wundervollen Erde und somit auch das ganze Potenzial der Religionen.
MM: In den Medien der Westlichen Welt
wird nahezu im Wochenrhythmus eine Kriegsdrohung gegen die Islamische
Republik Iran veröffentlicht. Hatten sie das Gefühl dass die Bevölkerung
in eine Art Schockstarre dadurch geraten ist und wegen der
Wirtschaftssanktionen darbt?
Benedikt Fuhrmann: Die Bevölkerung hier
hat in der Tat manchmal große Angst vor einem drohenden Krieg. Wie sich
die Menschen im Iran dazu fühlen kann ich nur aus Gesprächen mit
Freunden aus dem Iran berichten. Dort ist diese Angst kaum zu spüren.
Kaum jemand im Iran rechnet mit einem militärischen Angriff aus einem
anderen Land. In diesem Zusammenhang sind für mich ein wichtiges Thema
die Nachrichten in unseren Medien. Ich habe das Gefühl, hier müsste
grundlegend über Medienverantwortung gesprochen werden und das damit
verbundene Bewusstsein dafür, was Nachrichten auslösen. Denn auch
positive Nachrichten sind Nachrichten. Ich sehe ein sehr großes
Potenzial in der Medienlandschaft.
MM: Was haben Sie für sich selbst
mitgenommen von der Reise?
Benedikt Fuhrmann: Viele wunderbare
Begegnungen mit Menschen - und - Appetit auf die persische Küche.
MM: Nicht jeder kann nach München
reisen, um Ihre Ausstellung zu besuchen. Welche anderen Möglichkeiten
gibt es bzw. sind angedacht?
Benedikt Fuhrmann: Ich würde gerne diese
Ausstellung auch in anderen Ländern zeigen. Hierzu benötige ich
Sponsoren und interessante Orte. Ich selbst wünsche mir, ich könnte in
Israel ausstellen, im Idealfall in einer Synagoge. Und auf jeden Fall
wäre diese Ausstellung in Deutschland auch noch in Berlin, Köln und
Hamburg zu zeigen, nachdem dort auch viele Iraner leben. Ich bin
gespannt, wer sich für diese Ausstellung interessiert und die Inhalte
weiter transportieren möchte. Des Weiteren gibt es eine DVD über die
Ausstellung, die Entstehung und die Eröffnung. Diese kann man nach der
Ausstellung über unsere Webseite
www.einblickiran.de erwerben.
MM: Herr Fuhrmann, wir danken für das
Interview. |