MM: Sehr geehrte Aischa Panning, bitte
erzählen Sie unseren Lesern Ihren Weg zum Islam?
Panning: Ich wuchs in einer Gegend auf, in
der es (jedenfalls zur damaligen Zeit) meines Wissens nach keine Muslime
gab, bzw. ich keine kannte, die eher zu den ruhigen Fleckchen am Rande
Berlins zählte und wohl mehr für ihre rechts-orientierte Jugend bekannt war.
Im Alter von 13 Jahren verreiste ich mit meiner Familie zum ersten Mal in
ein Land, das jedenfalls nach Außen als islamisches Land zählt: Die Türkei.
Ich war fasziniert von der Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen
dieses Landes und begann mich mehr mit deren Kultur auseinander zusetzen.
Ich erlernte sogar nebenbei im Selbststudium teilweise die türkische
Sprache.
Nachdem ich die 10. Klasse beendet hatte, begann ich mein Fachabi für
Wirtschaft in Berlin Lichtenberg, wo ich auch eine meiner jetzigen besten
Freundinnen kennen lernte. Sie ist türkische Kurdin. Durch sie bekam ich
näheren Einblick in die islamische Religion und mit der Zeit merkte ich mehr
und mehr, dass diese Herzlichkeit, die mich zuvor so sehr faszinierte, nicht
etwa mit deren Herkunft, sondern mit deren Religion zu tun hat. Doch das
allein war es nicht, was mich von der Richtigkeit der islamischen Religion
überzeugte.
MM: Was war es denn?
Panning: Durch bestimmte persönliche
Ereignisse, begann ich nach dem richtigen Weg zu suchen. Nach dem Sinn des
Lebens. Ich wuchs ohne Religion auf - und doch sagte mir mein Verstand von
klein auf, dass Gott existiert und dass der Tod nicht "ewige Dunkelheit"
bedeutet, sondern dass es danach weiter geht... Aber wie? Wo liegt die
Wahrheit? Welches ist der richtige Weg? Was passiert danach? Diese Fragen
beschäftigten mich. Und ich begann mich anfangs mit dem Judentum etwas
auseinander zusetzen... zwischendurch auch mit Buddhismus... dann mit dem
Christentum... Doch in all diesen Glaubensrichtungen und Lebensweisen gab es
so viele Dinge, die sich widersprachen.
Wie z.B. die Tatsache dass im Christentum (jedenfalls nach der Aussage der
meisten Christen) daran geglaubt wird, dass Jesus der Sohn Gottes sei,
getötet wurde und sich im Himmel befinden würde - die angebliche "3 in 1 -
Theorie". Wie kann jemand glauben, dass Gott - der Schöpfer von Allem, der
der ohne Anfang und ohne Ende existiert - der existierte bevor Er alles
erschuf (bevor Er Dunkelheit und Helligkeit erschuf - bevor Er Ort und Zeit
erschuf - seinen Geschöpfen ähneln würde, bzw. sogar ein Geschöpf sei?...
Denn einen Sohn zu haben, bedeutet Eigenschaften der Geschöpfe zu haben. Die
Tatsache dass Gott unsterblich ist - Er ist derjenige, der Leben und Tod
erschafft - widerspricht den Aussagen der Christen dass Gott getötet worden
wäre. Und wenn jemand dennoch daran glauben würde, ähnelt es der
Götzenanbetung.
MM: So wussten Sie zwar, was Sie ablehnen
wollten, aber wie kamen Sie zu dem, was Sie annehmen wollten?
Panning: Während eines Türkeiaufenthaltes im
Alter von 20 Jahren (es war zur Zeit des gesegneten Monats Ramadan), hörte
ich jemanden sagen, dass das letzte himmlische Buch, dass zur Erde gesandt
wurde (bzw. auf einen Prophet offenbart wurde), der Qur'an ist. Das war für
mich ausschlaggebend, mich mehr mit der islamischen Religion zu beschäftigen
und den Qur'an zu lesen. Mit der Zeit wurden all meine Fragen, die ich zuvor
im Kopf hatte, beantwortet. Und all mein Misstrauen und Vorurteile, die ich
gegenüber dieser Religion hatte, wurden sozusagen im Nichts aufgelöst. Der
Islam ist alles andere als eine Gewalt predigende Religion. Und schon gar
nicht ist es eine Religion, die vorhergehende Propheten, wie Jesus oder
Moses etc., verleugnet oder als falsche Propheten darstellt. Im Gegenteil
sogar: Jesus und Moses, sowie auch Abraham und andere Propheten, sind sehr
geehrte Propheten im Islam und wurden mehrmals im noblen Qur'an erwähnt.
Jesus (a.), zum Beispiel, wurde zumindest namentlich sogar 5 mal mehr im
Qur'an erwähnt als unser Prophet Muhammad, (a.). Und sogar seine Mutter
Maria und deren Mutter Hanna haben einen sehr hohen Rang, wie es aus der
islamischen Lehre hervorgeht. Jedoch wird keine der genannten Personen mit
den Eigenschaften Gottes beschrieben oder angebetet. Denn das Recht der
Anbetung gebührt einzig und allein Gott, dem Schöpfer von allem.
Da ich seit meiner frühen Kindheit von der Existenz
Gottes überzeugt war und mir oft den Kopf über den Sinn des Lebens zerbrach:
Warum geboren werden? Ein Leben lang zu arbeiten, um ein Dach über dem Kopf
zu haben und essen und schlafen zu können, bis man zu krank zum arbeiten ist
um dann irgendwann zu sterben... Auf die Fragen, was nach dem
Tod geschieht, wurde mir geantwortet, dass der Tod das Ende sei und es
nichts danach gäbe. Diese These verursachte in meiner Kindheit oft große
Ängste und Lustlosigkeit an Spielen. Oft beobachtete ich die Kinder und
fragte mich, was ihr Spielen für einen Sinn hätte. So dass ich oftmals nur
mitspielte, um in der Menge nicht zu sehr aufzufallen. Doch Alhamdulillah
(Gott sei Dank), als ich den Islam kennen lernte, machte für mich alles
einen Sinn. Mit unserer Geburt in dieser Welt erhalten wir sozusagen von
Gott die Chance uns für das ewige Leben im Paradies zu bewähren. Folgen wir
seinen Geboten und halten uns von dem Verbotenen fern, so werden wir
InschaaAllah (so Gott will) diese Prüfung bestehen und im Jenseits zu den
Gewinnern gehören. Der Tod bedeutet vielleicht den Abschied von dieser Welt,
doch bedeutet es sozusagen für uns auch eine Art "Reise" ins Jenseits. Je
nachdem, wie wir uns in dieser Welt gegeben haben, ob wir dem Aufruf des
letzten Gesandten Gottes gefolgt sind oder uns nur um das weltliche geschert
haben, ohne Gott für Seine Gaben zu danken und uns auf den Tod
vorzubereiten, wird unser Urteil am Tag des Jüngsten Gerichts über uns
ausfallen.
So revertierte ich aus Überzeugung zur Richtigkeit dieser Religion zum
Islam.
MM: Und welche Glaubensinhalte faszinierten
Sie zuallererst?
Panning: Natürlich Allah, der Schöpfer allen
Seins. Allah ist ja der arabische Ausdruck für Gott. Selbst die Christen in
arabischen Ländern benutzen das Wort Allah, wenn sie über Gott sprechen
wollen. In der französischen Sprache wird das Wort "Dieu" benutzt, im
Englischen "God", im Italienischen "Dio", usw. Dies sind Namen in
verschiedenen Sprachen, die auf den Schöpfer hinweisen. Aber Allah ist etwas
Besonderes. Der Begriff verträgt keinen Artikel. Es gibt kein "der Allah",
weder im Deutschen noch im Arabischen. Allah ist Allah, weder weiblich noch
männlich sondern der Schöpfer allen Seins.
Gott hat die Menschen erschaffen, damit sie Ihn
anbeten und den Weg der Propheten folgen; nicht weil Er das benötigt,
sondern weil wir dadurch geehrt sind, Seine Diener sein zu dürfen. Islam
habe ich verinnerlicht als das "sich ergeben". Ich gebe mein "Ich" auf und
"ergebe mich", um InschaaAllah (so Gott es will) im Jenseits das ewige Leben
im Paradies genießen zu dürfen. Das heißt, an einen Schöpfer zu glauben, Ihm
nichts zuzugesellen und dem Propheten der Zeit zu folgen. Es gab 124.000
Propheten und nur wenige unter ihnen waren Araber. Die Mehrheit der uns
bekannten Propheten war von den Kindern Israels. "Der Islam ist in dem Sinn
keine "neue" Religion, sondern die Religion aller Propheten - von Adam,
Idris, Abraham, Moses, Jesus usw. bis hin zu Muhammad - die sich in idealer
Form der Anbetung des Einzigen Gottes - im arabischen "Allah" - "ergeben"
haben. Die
Botschaft des Islams richtet sich an die ganze Menschheit und nicht nur an
das arabische oder türkische Volk, und so habe auch ich mich angesprochen
gefühlt und mein Verstand sagte mir, dass der Qur'an und die Worte
"Muhammads" (möge Allah seinen Rang erhöhen) mit Wahrheit erfüllt sind. Doch
da ich damals noch in meinem Heimatort lebte, traute ich mich anfangs nicht
anderen meinen Sinneswandel preiszugeben, aus Angst vor deren Reaktionen. Da
es für die anderen anscheinend auch seltsam war, eine Deutsche zu sehen, die
den Islam annahm, kam es dann auch so, dass sich so einige über mich lustig
machten und mich gar verpönten, als ich dann doch endlich mein Herz öffnete.
So zog ich noch im Jahre 2000, zu Beginn meiner Ausbildung, von meinem
Elternhaus aus und brach sämtliche Kontakte zu damaligen Freundeskreisen ab,
um von da an im Kiez von Kreuzberg zwischen Muslimen zu leben und meine
Religion richtig ausleben zu können, ohne mich verstecken zu müssen. Als ich
dann in den Moscheen immer mehr deutsche Muslime kennen lernte und mitbekam
wie viele Männer und Frauen sogar schon im Alter von 14 oder 17 Jahren zum
Islam übertreten, hatte ich plötzlich nicht mehr das Gefühl "unnormal" zu
sein und fühlte mich noch mehr darin bestärkt, den richtigen Weg gewählt zu
haben. Und mit der Zeit, um so mehr ich lernte und praktizierte, merkte ich
mehr und mehr, dass es wahr ist: "Durch den Islam findet der Mensch
gesellschaftliche Harmonie und Frieden mit sich selbst - Alhamdulillah (Gott
sei Dank)".
MM: Arbeiten Sie noch als Krankenschwester
und was ist aus Ihrem Ideal der Entwicklungshilfe geworden?
Panning: Im Jahre 2005 heiratete ich meinen
Mann und gegen Ende des gleichen Jahres kam auch mein Sohn zur Welt. Seit
seiner Geburt befand ich mich im Erziehungsurlaub und versuchte mich mehr
auf meine Familie, Islam und Malerei zu konzentrieren. Bei Versuchen doch
noch meinen Traum der Entwicklungshilfe verwirklichen zu können, musste ich
leider immer wieder feststellen, dass ich mit einer bloßen Ausbildung zur
Krankenschwester zu unqualifiziert dafür bin. Aufgrund der damaligen
Arbeitsmarktsituation und meiner religiösen Erscheinung hatte ich nach
meiner Ausbildung so gut wie keine Chance mehr weiterhin in einem
Krankenhaus arbeiten zu können und war eher gezwungen in der
Hauskrankenpflege tätig zu werden. Durch meine Arbeit in der
Hauskrankenpflege, sammelte ich leider viel zu wenig Berufserfahrung in
verschiedenen Bereichen und zudem litt bei dieser eintönigen Tätigkeit auch
sehr mein fachliches Wissen. Mal abgesehen davon, dass ich aufgrund meiner
Schwangerschaft auch nicht lang genug in meiner Branche arbeiten konnte, um
mich eventuell für einen Job in der Entwicklungshilfe qualifizieren zu
können.
Nachdem ich dies realisiert hatte und es sowieso die ein oder andere Sache
in meinem Beruf gab, die ich nicht mit meiner Religion vereinbaren konnte,
nahm ich mir vor nach meinem Erziehungsurlaub vorerst nicht mehr in meinem
Beruf zu arbeiten und mich stattdessen auf meine Malerei zu konzentrieren.
MM: Wie war ihre "künstlerische"
Weiterentwicklung zum Islam; was konnten sie aus den früheren Arbeiten und
Erfahrungen mitnehmen, was mussten sie zurück lassen?
Panning: Nach islamischem Gesetz haben
Bilder, auf denen z.B. nur Landschaften oder Lebewesen abgebildet sind,
sowie abstrakte Kunst keinen Nutzen. Mal abgesehen davon, dass es -
zumindest in manchen Rechtsschulen - verboten ist Lebewesen abzubilden oder
Handel mit Dingen zu betreiben, die keinen Nutzen haben oder gar haram
(verboten) sind. So entschloss ich mich irgendwann dazu meine Bilder nur
noch in islamische Richtung zu gestalten.
MM: Welche Motive bevorzugen Sie heute?
Panning: Anfangs fertigte ich nur Bilder mit
Moscheen an, von denen einige real und andere mehr auf Fantasien aufgebaut
waren. Mit der Zeit begann ich auch Pflanzenmotive oder moderne Kunst in
meine Bilder mit aufzunehmen. Doch damit diese Bilder auch einen Nutzen
haben, verziere ich sie zum Beispiel mit qur'anischen Schriftzügen. Denn auf
diese Weise kann ich für meine Arbeit (mit dem Willen von Allah) Segen
erlangen und die Käufer meiner Bilder können sich Segen ins Haus holen, wenn
sie damit ihre Wände schmücken. Zum anderen hoffe ich, dem ein oder anderen
mit meinen Bildern den Islam näher zu bringen oder zur Erinnerung des
Gedenken Allahs behilflich sein zu können.
MM: Arbeiten Sie mehr im Auftrag oder malen
Sie das, was Ihnen gerade gefällt?
Panning: Zum größten Teil male ich das was
mir gefällt. Ich biete aber auch Auftragsmalerei an, da es immer wieder mal
vorkommt, dass ich von Interessenten gebeten werde, zum Beispiel ein Gemälde
von einer bestimmten Moschee anzufertigen oder nur bestimmte Farbtöne für
ihr Bild zu verwenden.
MM: Welche Maltechniken verwenden Sie und
wie groß muss man sich Ihre Kunstwerke vorstellen?
Panning: Ich fertige hauptsächlich nur
Acrylbilder an. Das heißt, dass ich spezielle Künstleracrylfarben auf eine
von mir selbst angefertigte Leinwand auftrage. Da es verboten ist den Name
von Allah oder gar Qur'an mit Unreinheiten niederzuschreiben, möchte ich an
dieser Stelle anmerken, dass ich bei der Auswahl meiner Materialien streng
darauf achte dass diese auch Helal (erlaubt) sind. D.h., dass ich zum
Beispiel auch keine Pinsel aus Schweinsborste oder anderem Tierhaar
verwende, die im Islam verboten sind zu verzerren. Sondern ausschließlich
Pinsel aus Synthetik oder Ziegen- und Ochsenhaar zur Anwendung kommen.
Für gewöhnlich fertige ich Gemälde in den Größen
80x60 cm oder 100x70 cm an… dies kann aber auch je nach Auftragslage
unterschiedlich sein, so dass ich z.B. auch ab und zu Bilder in der Größe
von ca. 200x140 cm angefertigt habe. Aufgrund dessen, dass ich meine
Leinwände selbst anfertige, bin ich in der Auswahl der Bildgrößen sehr
flexibel und dazu in der Lage sehr kleine Bilder (wie z.B. 20x30 cm) oder
auch XXL-Größen bis zu 2x2 m zu erstellen.
MM: Kann man davon leben?
Panning: Leider habe ich in Berlin in den
vergangenen Jahren oft die Erfahrung machen müssen, dass viele Menschen den
Wert solcher Bilder nicht zu schätzen wissen und obwohl ich meines Erachtens
nach, schon relativ niedrige Preise mache, trotzdem immer wieder versuchen,
wie auf einem türkischen Bazar, die Preise gar bis auf 10,- oder 20,- Euro
pro Bild runterzuhandeln. Natürlich hängt das wahrscheinlich auch damit
zusammen, dass einem in vielen Geschäften für niedrige Preise einfache
Kunstdrucke angeboten werden. Daher war es mir wichtig, meine Arbeit auch
übers Internet zu präsentieren und auf meiner Seite den Menschen auch den
enormen Arbeitsaufwand etc. zu verdeutlichen, der hinter solch handgemalten
Gemälden steckt.
Sozusagen steckt dieses Projekt momentan noch in Kinderschuhen. Ich hoffe
allerdings, dass ich irgendwann auch davon leben kann bi-idhni-llah (mit
Allahs Erlaubnis).
MM: Malen Sie auch mit Ihrem Sohn?
Panning: : Ja, mein Sohn äußert bereits
großes Interesse in künstlerischen Betätigungen. Er bekommt aber, wenn, dann
eine kleine Leinwand für sich, oder Papier, an dem er seiner Kreativität
freien Lauf lassen kann. Jedoch mussten bisher auch öfters schon meine Wände
darunter leiden.
MM: Vielen Dank für das Interview und viel
Erfolg mit der Malerei auf Gottes Weg.
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