Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Fürst Hans-Adam II.
 

Muslim-Markt interviewt 
Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein

14.3.2007

(Biographie und Foto mit freundlicher Genehmigung von der Homepage des Fürsten)
Fürst Hans-Adam II. wurde als ältester Sohn von Fürst Franz Josef II. von und zu Liechtenstein und Fürstin Gina am 14. Februar 1945 geboren. Fürst Hans-Adam II. wuchs zusammen mit seinen vier Geschwistern bei seinen Eltern auf Schloss Vaduz auf. Er besuchte die Volksschule in Vaduz und war Mitglied der Pfadfinderabteilung Vaduz. Im Jahre 1956 trat Fürst Hans-Adam II. ins Wiener Schottengymnasium ein, an dem schon sein Va­ter studiert hatte.

1960 wechselte er ans Gymnasium in Zuoz, das er 1965 mit der Schweizer Matura und dem Deutschen Abitur abschloss. Anschließend arbeitete Fürst Hans-Adam II. als Praktikant in einer Bank in London. Er spricht neben seiner Muttersprache Deutsch, englisch und französisch. Im Herbst 1965 nahm Fürst Hans-Adam II. an der Hochschule St. Gallen das Studium der Betriebs- und Volkswirtschaft auf, das er im Jahre 1969 mit dem Lizentiat abschloss.

Am 13. November 1989, nach dem Tode seines Vaters, übernahm Fürst Hans-Adam II. die Regentschaft im Fürstentum.

Fürst Hans-Adam II. ist seit 40 Jahren verheiratet und mit Gräfin Marie Kinsky von Wchinitz und Tettau und sie haben vier Kinder.

MM: Sehr geehrter Fürst Hans-Adam. Muslime in Europa sind auf Sie aufmerksam geworden durch Ihren jüngst veröffentlichten Einsatz für die Integration von Muslimen in Liechtenstein. Nun ist das Fürstentum nicht unbedingt für Probleme mit Muslimen bekannt. Gibt es auch bei Ihnen nennenswerte kulturelle Missverständnisse mit Muslimen?

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein: Glücklicherweise haben wir im Fürstentum Liechtenstein ein harmonisches Verhältnis zwischen den verschiedenen Religionsgruppen, also auch zwischen den Muslimen und den Christen. Allerdings haben bei uns die Weltereignisse und die Massenmedien einen recht starken Einfluss auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung. Die Herrschaft der Taliban in Afghanistan, die Terroraktionen von Al Kaida und anderen radikalen Gruppen haben dazu geführt, dass in Teilen der Bevölkerung, nicht nur in Liechtenstein, sondern in Europa und außerhalb Europas, Ängste und Missverständnisse entstanden sind.

MM: Sie setzen sich auch für Friedhöfe für Muslime in Liechtenstein ein. Heißt das, dass Sie eine längere Präsenz von Muslimen in Liechtenstein begrüßen?

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein: Den Muslimen ist es genauso möglich, sich in Liechtenstein zu integrieren und die Staatsbürgerschaft zu erlangen, wie den Angehörigen anderer Religionsgruppen. Vor dem Gesetz sind alle gleich, welcher Religion sie auch immer angehören. Wenn es Friedhöfe für Christen gibt, so muss es auch Friedhöfe für Muslime in Liechtenstein geben können.

MM: Verzeihen Sie höflichst die Detailnachfrage: Würden Sie auch einer sarglosen Bestattung des Leichnams direkt in die Erde, aus der wir stammen und wie es bei Muslimen üblich ist, zustimmen?

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein: Grundsätzlich ja. Es gibt aber zum Schutze des Grundwassers gewisse Einschränkungen bei Friedhöfen. Es müsste wohl im Einzelnen abgeklärt werden, inwieweit eine sarglose Bestattung diesbezüglich ein Problem darstellt.

MM: Selbst die Errichtung von Moschee-Minaretten in Liechtenstein haben Sie befürwortet, während es in ihren Nachbarländern heftige Debatten darüber gibt. Wie erklären Sie sich diese besondere Toleranz?

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein: Es wird auf Dauer nur dann friedliche Beziehungen zwischen den verschiedenen Religionsgruppen geben, wenn sie auf den Grundlagen des gegenseitigen Respekts, der Toleranz und der Gleichberechtigung aufgebaut sind. Wenn wir auf der einen Seite den christlichen Religionsgruppen in Liechtenstein Kirchtürme erlauben, müssen wir auf der anderen Seite den Muslimen in Liechtenstein Moschee-Minarette erlauben.

MM: Wir wissen nicht, ob es bereits solche Fälle in Lichtenstein gegeben hat, aber wie wäre Ihre Einstellung zu Schülerinnen und Lehrerinnen mit Kopftuch?

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein: In meiner Kindheit haben noch viele Frauen Kopftuch getragen und niemand hat sich darüber aufgeregt. Mir persönlich gefallen Frauen mit Kopftuch sehr viel besser als solche mit Nasenringen und violetten Haaren.

MM: Liechtenstein ist in ein Europa integriert, in dem es immer mehr jugendliche Muslime gibt. Wie beurteilen Sie generell das Verhältnis von Christen und Muslimen in Europa?

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein: Im Laufe der Jahrhunderte kam es leider immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen, selbst in der jüngsten Vergangenheit, wenn wir an Ex-Jugoslawien denken. Es gibt aber glücklicherweise viele Beispiele, wo ein friedliches Zusammenleben über Jahrhunderte möglich - und wo das Verhältnis von Toleranz und gegenseitigem Respekt geprägt war. Es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass nicht wieder religiöse Fanatiker das Verhältnis von Christen und Muslimen in Europa und außerhalb Europas bestimmen und uns gegenseitig in kriegerische Auseinandersetzungen hetzen.

MM: In Ihren Nachbarländern werden einheimische Konvertiten zum Islam sehr skeptisch beäugt von der Mehrheitsgesellschaft. Wie würden Sie reagieren, wenn eine/r Ihrer Enkel/innen einen anderen Glauben an Gott annimmt?

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein: Natürlich würde ich es bedauern, wenn eine/r meiner Enkel oder Enkelinnen aus der katholischen Kirche austritt und einen anderen Glauben annehmen würde. Allerdings wäre mir das immer noch lieber, als wenn er/sie den Glauben an Gott ganz verliert und Atheist wird. Wir müssen die Glaubens- und Gewissensfreiheit des einzelnen Menschen respektieren und ihm die Freiheit geben, seinen eigenen Weg zu Gott zu finden. Es gibt viele Wege dorthin, wichtiger als der Weg ist das Ziel. In diesem Zusammenhang möchte ich doch darauf hinweisen, dass in einer Reihe von islamischen Staaten ein Religionswechsel vom Islam zu einer anderen Religion mit dem Tode bedroht wird.

MM: Sie setzten sich aus einer spezifischen Situation in Liechtenstein heraus für die Trennung von Kirche und Staat ein. Wenn man aber die Frage nicht auf Staat und Kirche sondern auf Staat und Gott erweitert, wie wäre dann Ihre Einstellung?

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein: Ein Staat, der sich für die Gleichberechtigung, die Toleranz und den Respekt gegenüber den verschiedenen Religionsgruppen einsetzt, wird dies auf Dauer nur dann glaubwürdig verwirklichen können, wenn Staat und Kirche getrennt sind. Es liegt aber im Interesse des Staates, dass die Menschen an einen Gott und an eine göttliche Gerechtigkeit glauben. Verliert der Mensch diesen Glauben, dann steht bei ihm sehr schnell eine rücksichtslose Selbstverwirklichung im kurzen Leben hier auf der Erde im Vordergrund. Menschen und Gesellschaft verlieren ihren moralischen Halt und früher oder später bricht auch der Staat zusammen. Die sozialistischen Staaten, welche die Religionen aktiv bekämpft haben, sind in sich zusammengebrochen. Wir müssen aufpassen, dass wir in unserer westlichen Gesellschaft nicht ein ähnliches Schicksal erleiden. Die Religion wird zwar nicht, wie in den sozialistischen Staaten bekämpft, aber die Geisteshaltung ist in weiten Kreisen ähnlich materialistisch eingestellt, ohne Glauben an einen Gott und an eine göttliche Gerechtigkeit.

MM: Erlauben Sie eine abschließende Frage. Welche Rolle spielt Gott in Ihrer Familie?

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein: Er hat in unserer Familie immer eine sehr wichtige Rolle gespielt und wir haben im Schloss auch eine Kapelle, wo regelmäßig ein Gottesdienst stattfindet.

MM: Sehr geehrter Fürst Hans-Adam. Wir danken Ihnen für das Interview.

 

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