MM: Lieber Ismael, zunächst einmal
herzlichen Glückwunsch zur deutschen Meisterschaft im Kumite. Können Sie dem
weniger Karate-Kundigen Leser einmal erläutern, was Karate ist und was
Kumite bedeutet?
Buric: Karate ist eine alte Kampfkunst und
traditionell eine erstklassige, effektive Selbstverteidigung, bei der der
ganze Körper eingesetzt wird. Sie fördert das Selbstbewusstsein und die
Gelassenheit. Im Training und Wettkampf werden alle Techniken mit Fuß oder
Faust vor dem Auftreffen gestoppt. Der Verzicht auf Trefferwirkung hat
oberste Priorität. Kumite ist das Japanische Wort für Wettkampf.
MM: Verzeihen Sie die Frage des Unkundigen,
aber ist es nicht letztendlich dennoch eine Sport für Schläger?
Buric: Nein, ganz und gar nicht. Karate darf
niemals offensiv sondern - wenn überhaupt - nur in Notwehr eingesetzt
werden. Alle Übungen sind eher zur Förderung der Selbstbeherrschung. Karate
fördert die Persönlichkeit, die Selbstbeherrschung des Körpers und der
Seele. Konzentration, Verantwortungsbewusstsein und die Achtung vor dem
Gegner werden bereis im Training systematisch aufgebaut. Karate kann von
Menschen aller Altersstufen erlernt werden. Karate bietet vielseitige
Anforderungen an den Körper und Geist und ist somit ein idealer Ausgleich
zum Alltagsstress. Karate schult Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und
Beweglichkeit in hohem Maße. Bewusstes Atmen und Konzentrationsübungen
machen aus dem Kampf die Kunst, mit leeren Händen sich zu verteidigen.
MM: Sie betreiben den Sport ja als
Hochleistungssport, wie viel Zeit wenden Sie für den Sport auf?
Buric: Ich trainiere 5 mal die Woche jeweils
eineinhalb Stunden. Dazu kommen dann noch die Wettkämpfe im nationalen
Bereich an Wochenenden und einige wenige internationale Auftritte mit
dazugehörigen Reisen, wie z.B. im kommenden Herbst bei den
Weltmeisterschaften in Istanbul.
MM: Bleibt da noch genügend Zeit für die
Schule?
Buric: Mir persönlich reicht es, weil ich
meistens um 13.30 Uhr von der Schule komme, und mein Training beginnt immer
um 18 Uhr. Meine Eltern meinen aber, dass ich etwas mehr für die Schule tun
könnte. Aber jeder hat seine eigenen Stärken.
MM: Wie viele Pokale schmücken denn bereits
Ihr Zimmer?
Buric: Ich habe 13 Pokale und 44 Medaillen
und unzählige Urkunden
MM: Nun vertreten Sie Deutschland auch auf
internationalen Wettkämpfen, welche Nationen gelten denn als die stärksten?
Buric: Als stärkste Nation zählt Iran,
Aserbaidschan , Kasachstan , Spanien, Türkei, Italien, Frankreich,
Deutschland. ich freue mich bei international Wettkämpfen so viele Menschen
aus so vielen Ländern zu treffen. Sport verbindet über Nationen, Kulturen
und Religionen hinweg.
MM: Und warum ist nicht Japan in Ihrer
Aufzählung?
Buric: Weil die Japaner immer noch das
traditionelle Karate praktizieren, wir Europäer haben das Karate weiter
entwickelt und modernisiert. Dadurch sind wir den Japanern weit voraus, Sie
werden falls Sie nichts ändern uns in naher Zukunft nicht gefährlich werden
können.
MM: Haben Sie als praktizierender Muslim
Probleme dadurch in der Nationalmannschaft?
Buric: Nein ich persönlich als Mann habe
überhaupt keine Probleme. In der deutschen Nationalmannschaft sind einige
Muslime, dort wird Integration gelebt. Mit dem Essen natürlich muss ich
aufpassen. Und es ist auch manchmal schwierig einen Ort zu finden , wo man
das Gebet verrichten kann. Meine Nationalmannschaftskollegen haben aber kein
Problem damit, dass ich ein Muslim bin. Sport dient meiner Meinung nach am
besten sich zum Integrieren. In der deutschen Nationalmannschaft gibt es
eine lange Tradition von Menschen mit Migrationshintergrund. Sie haben und
sie leisten heute einen enormen Teil an Arbeit, indem sie viele Vereine
betreiben und dort viel Jugendarbeit leisten.
MM: Gibt es auch Frauen im Karatesport, die
mit Kopftuch kämpfen?
Buric: In der Nationalmannschaft gibt es
keine Frau mit Kopftuch, aber in den Vereinen habe ich schon oft
Kämpferinnern mit Kopftuch gesehen.
MM: Haben Sie als praktizierender Muslim
Probleme in der Nationalmannschaft?
Buric: Nein, der Sport verbindet uns. Und es
ist ein Sport, in dem Fairness eine sehr wichtige Rolle spielt. Wir kommen
alle sehr gut miteinander zurecht, und ich habe gerade im Fernsehen gesehen,
wie der Fußballer und Bayern-Star Ribery vor dem Spiel ein Dua (Bittgebet)
auf dem Platz vor laufender Kamera gemacht hat. Im Sport finden die Menschen
zueinander.
MM: Lieber Ismeel Buric, wir danken für das
Interview. |