MM:
Sehr geehrte Nazem, wie ist es Ihnen und Ihrem Team gelungen an der
Robocup-Weltmeisterschaft teilzunehmen?
Nazem: Im Iran gibt es nationale
Vorausscheidungen bei denen wir erfolgreich waren, so dass wir uns für den
internationalen Wettbewerb qualifiziert haben.
MM:
Ihr Team ist ein reines Mädchenteam. Wie kommt es, dass Sie ausgerechnet aus
der Islamischen Republik Iran hier mit einem reinen Mädchenteam herkommen -
und sie sind nicht das einzige - und wie konnten sie sich gerade im
technischen Bereich gegen die Männerteams durchsetzen?
Nazem: Wir haben uns nicht nur gegen Männerteams durchsetzen
müssen, sondern auch gegen viele Frauenteams. Es gibt überhaupt keine
Notwendigkeit hier die Frage der Geschlechter aufzuwerfen, da es nicht vom
Geschlecht sondern von den spezifischen Fähigkeiten und Bemühungen abhängt,
wie erfolgreich man auch im technischen Bereich ist. Wir haben in der
Islamischen Republik Iran sehr viele und sehr erfolgreiche Frauen in vielen
technischen Bereichen und Berufen.
MM: Gibt es an Ihrer
Hochschule in ihrer technischen Fakultät viele Frauen?
Nazem: Wir kommen aus einer Hochbegabten-Schule, für die man sich
besonders qualifizieren muss. Aber wie Sie wissen, sind wir Muslime, und
daher werden bei uns die Mädchen und Jungen in unserem Alter getrennt
gelehrt und belegen auch getrennte Klassen, was sicherlich mit
ausschlaggebend für unseren Erfolg ist. Neben dem normalen Unterricht gibt
es zahlreiche Aktivitäten, mit denen man sich weiter bilden kann und
Zusatzqualifikationen erzielen kann.
MM:
Was ist ihr Eindruck von Deutschland in dieser kurzer Zeit?
Nazem: Ich habe entgegen der Erwartung vor der Reise nichts finden
können, was besser wäre als in meiner Heimat, und ich liebe meine Heimat. Es
gibt hier weder technische Errungenschaften, die wir nicht von uns kennen,
noch irgendetwas anderes, was uns beeindrucken konnte, aber wir sind auch
erst wenige Tage hier. Bremen hat ja noch nicht einmal eine Metro (U-Bahn).
Vor allem aber gefallen uns die Manieren der Menschen hier überhaupt nicht.
MM:
Hatten Sie denn zumindest die Möglichkeit, Halal-Speise zu bekommen?
Nazem: Ja, wir haben viele Geschäfte entdeckt mit Halal-Speise und
das wird von unserer Team-Leitung organisiert.
MM:
Verzeihen Sie, wenn wir Sie auch außerhalb des Robocups ansprechen.
Sicherlich habe Sie mitbekommen, dass die westliche Welt ihre "Probleme"
gegenüber dem Iran hat. Was denken Sie grundsätzlich darüber?
Nazem: Ich glaube, der Iran ist heute unabhängig. Das war nicht
immer so. Als die westlich Welt uns beherrschte und unser Volk unterdrückte
und unser Öl raubte, hatte sie keine "Probleme" mit uns. Heute sind wir
unabhängig, das Öl gehört uns und wir fragen die westliche Welt nicht, bevor
wir etwas in der Forschung und Entwicklung vorantreiben. Und das missfällt
der westlichen Welt. Sie ist es nicht gewohnt, dass man ihr widerspricht und
sie ist es nicht gewohnt, dass sie das Öl nicht mehr geschenkt erhalten. Wir
lieben unsere Unabhängigkeit und unsere Freiheit.
MM:
Wenn Sie die Gelegenheit hätten ihre deutschen muslimischen Schwestern
zu treffen, was würden sie Ihnen sagen (Anmerkung: Aus
Sicherheitsgründen durfte das Team einer entsprechenden Einladung nicht
nachkommen)?
Nazem: Ich würde ihnen mitteilen, dass ich mich besonders über sie
freue. Sie leben den wirklichen Islam. Wir sind als Muslime geboren, aber
sie haben sich trotz schwerer Umstände dafür entschieden. Bei uns ein
Kopftuch zu tragen ist keine Kunst. Aber bei dem Druck, den eine Kopftuch
tragende Frau in dieser Gesellschaft erlebt, ist es eine Ehre für uns,
solche Glaubensschwestern haben zu dürfen.
MM:
Haben Sie vielen Dank für das Interview und noch viel Erfolg beim
Robocup.
Nazem: Wir haben zu danken. |