Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Muslim X
 

Muslim-Markt interviewt
Muslim X (Teilnehmer bei den Demonstrationen vor der dänischen Botschaft in Teheran)

13.2.2006

Muslim X ist ein 17-jähriger Schüler im letzten Abiturjahr in Teheran (Iran) und war bei den teilweise gewaltsamen Demonstrationen vor der dänischen Botschaft am 6.2.2006 beteiligt. Er wollte sein Gesicht nicht veröffentlichen und gab dieses Interview nur unter Zusicherung der Änderung seines Namens, was der Muslim-Markt eingehalten hat.

Das Interview wurde unmittelbar nach der Demonstration in der Nacht vom 6. auf den 7.2.2006 von einem MM-Mitarbeiter geführt, der zu der Zeit im Iran weilte. In Klammern werden Erläuterungen des Muslim-Markt hinzugefügt, um die Antworten auch dem nichtiranischen Leser verständlich zu machen.

MM: Sehr geehrter Herr Muslim, wie kam es zu den Kundgebungen gegen die dänische Botschaft in Teheran?

Muslim: Wir haben gerade Muharram (Monat der Trauer um Imam Hussain) und manche Jungendliche haben danach (gemeint ist nach bestimmten Zeremonien in Gedenken an Imam Hussain) kleine Zettel verteilt und dazu aufgerufen am Montag Abend um 20.30 Uhr vor der dänischen Botschaft gegen die Beleidigungen unserer Heiligtümer zu demonstrieren.

MM: Warum sind Sie dort hingegangen?

Muslim: Ich liebe unseren Propheten - der Friede sei mit ihm und seiner auserwählten Nachkommenschaft - und Vater von Imam Hussain (gemeint ist "Großvater", was Muslime auch als "Vater" ausdrücken) - der Friede sei mit ihm - und lasse nicht zu, dass er beleidigt wird!

MM: Was haben sie dann vor der dänischen Botschaft gemacht?

Muslim: Jemand hat eine Rede gehalten und wir haben nach Leibeskräften Parolen gerufen, wie z.B. "Nieder mit Dänemark", "Nieder mit Österreich" und "Nieder mit den Feinden des Islam".

MM: Warum Österreich?

Muslim: Die sind doch zur Zeit Europachefs und die meisten Europäer haben Freude daran, uns zu beleidigen.

MM: Hat das der Redner behauptet?

Muslim: Nein, der hat sachlich gesprochen aber wir Jungendlichen haben doch in den Nachrichten gesehen, wie die Europäer gegen den Islam und die Muslime gesprochen haben und so viele Zeitungen die Bilder nachgedruckt haben, um gegen uns zu schreiben.

MM: Wie kam es dann zu den Ausschreitungen vor der Botschaft?

Muslim: Ziemlich unorganisiert und sehr spontan. Einige haben vom Nachbargelände Stangen besorgt und versucht auf das Botschaftsgelände einzudringen.

MM: Hat die Polizei nicht versucht, die Botschaft zu schützen?

Muslim: Doch, die haben mit einigen Hundertschaften versucht die Botschaft zu schützen aber wir waren einfach zu viele, vielleicht einige Tausend. Die Polizei hat dann Tränengas eingesetzt, meine Augen sind ganz dick, wie Sie es sehen können. Und es gab wohl auch Verletzte, so wie ich es gesehen habe. Jedenfalls ist es uns gelungen, vielleicht 100 von uns, auf das Gelände einzudringen. Aber das Gebäude haben wir nicht angegriffen.

MM: Hat die Polizei nicht versucht, sie vom Gelände zu vertreiben.

Muslim: Nein, auf das Gelände konnten die nicht, weil das dänische Hoheitsgebiet ist, das wussten wir.

MM: Wie ging es dann weiter?

Muslim: Ich weiß nicht. Ich bin ca. 22:00 Uhr runter vom Gelände und weggelaufen, ohne dass mich die Polizei erwischen konnte.

MM: Aber ist das nicht ein Verstoß gegen internationale Vereinbarungen, war Ihnen das nicht klar?

Muslim: Doch sicher, aber wir akzeptieren internationale Vereinbarungen nur wenn sie für alle gelten. Die treten doch auch internationale Vereinbarungen mit Füßen, siehe IAEO (Internationale Atomenergie Organisation - gemeint ist die Übermittlung der Iran-Akte an die UNO, die im Iran als Bruch der Vereinbarung gewertet wird). Außerdem haben wir keinen Frieden, wenn unser Prophet - der Friede sei mit ihm und seiner auserwählten Nachkommenschaft - durch den Dreck gezogen wird.

MM: Was haben die Prophetenbeleidigung mit Atomenergie zu tun?

Muslim: Das spielt keine Rolle. Wen die das Recht unseres Volkes nicht achten und Menschwürde unserer Heiligkeiten missachten, warum sollen wir dann die Rechte der Unterdrücker schützen?

MM: Aber was würden sie denken, wenn Ihre Botschaft in Dänemark angegriffen wird?

Muslim: Unser Botschafter ist doch angegriffen worden. Rasullullah (Der Gesandte Gottes) ist doch der Botschafter Allahs. Und wir lieben keinen anderen Botschafter so sehr, wie ihn.

MM: Aber Sie haben doch dabei auch Ihre eigenen Polizisten verletzt?

Muslim: Ja, aber das war nicht gewollt. Wir wollten ein Zeichen setzen. Sie haben ihre Pflicht getan und wir haben unser Pflicht getan. Wir sind ihnen nicht böse und hoffen, dass sie uns nicht böse sind.

MM: Und wie geht es jetzt weiter??

Muslim: Ich gehe morgen wieder in die Schule.

MM: Herr Muslim, wir danken Ihnen für das Interview.

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