Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Pastor Botembe
 

Muslim-Markt interviewt 
Pastor Pierre Botembe - Afrikanisch-Ökumenische Kirche
19.12.2006

Pastor Pierre Botembe (Jahrgang 1942) ist bis zu seinem 18. Lebensjahr in seinem Herkunftsland, dem Kongo, aufgewachsen. 1962 floh er vor den Auswirkungen des kalten Krieges und dem Kampf zwischen dem Sozialismus und Kapitalismus in Afrika nach Deutschland. Hier studierte er zunächst Elektrotechnik und Pädagogik und war dann in der Lehrlingsausbildung tätig, später auch als Erzieher und Therapeut. Das führte ihn letztendlich zu seinem neuen Studium der Theologie und im Anschluss 1988 zur Gründung und Leitung der Afrikanisch-Ökumenischen-Kirche in Berlin.

Als inzwischen eingebürgerter Deutscher engagiert er sich zudem gegen Rassismus und Integration von Migranten. Pastor Botembe ist verheirat und hat fünf Kinder und spricht deutsch und französisch.

Er wurde vom Muslim-Markt interviewt auf dem Symposium zum Jahr des Propheten Muhammed (s.) mit dem Titel: "Der Prophet Muhammed (s.) Sein Verhalten, sein Charakter", auf der Pastor Botembe Redner war.

MM: Zunächst einmal vielen Dank, dass Sie auf dieser Tagung teilnehmen. Können Sie uns ihr Absichten nennen, was Sie dazu bewegt, mit Muslimen über den Propheten Muhammad zu sprechen?

Botembe: Prophet Muhammad wie Moses, Jesus und alle Propheten sind nicht nur für Muslime da, sondern für die ganze Menschheit. Sie sind da, um uns klar zu machen, wie wir unsere Bindung zu Gott wieder erreichen können. Und für mich als Christen ist es meine Aufgabe, mich mit den Gedanken des Christentums zu beschäftigen, um darauf aufbauend gemeinsam mit Muslimen einen Weg zu erreichen, die Menschheit zur Ehrung Gottes zu bewegen. Das sind meine Beweggründe, um auf dieser Veranstaltung dabei zu sein.

MM: Nun kommen Sie aus einem Kontinent, in dem die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen eine ganz andere ist, als wir es hier in Deutschland haben. Können Sie uns vielleicht dazu einige Worte sagen?

Botembe: Das ist historisch bedingt. Zu uns kamen die Christen im Zuge des Kolonialismus und der Dominanz von westlichen Menschen. Hingegen ist in Deutschland, in Europa die Kirche bzw. die Religion das Christentum, und das Christentum hat Angst sich neben anderen Religionen einzuordnen. Wir (in Afrika) haben das Christentum bekommen durch Kolonialismus mit einer europäischen Verpackung, was letztendlich hieß, dass sich der Afrikaner unterwerfen sollte, einen Christentum, bei dem der Europäer als Herr betrachtet werden sollte, der den Afrikaner dominieren wollte. In Deutschland ist die Religiosität eine Tradition. Und die Christen gehen zu Weihnacht in die Kirche aus Tradition. Und der Glaube ist nicht tief verankert. Und ich, als Christ, habe in Berlin Muslime kennen gelernt, und deren tiefe Religiosität hat mir geholfen, mein eigenes Christentum zu vertiefen. So lese ich in der Bibel, ich lese im Qur'an, dabei stelle ich fest, wie groß Gott ist, wie er auf verschiedene Weise ist, wie er in verschiedenen Erscheinungen erscheint, aber im Kern ein Gott ist, und das erhält meine Bewunderung.

MM: Würden Sie dann z.B. sagen, dass das Christentum, das in Afrika gelebt wird, dem Islam viel näher steht, als möglicherweise zum Christentum in Europa?

Botembe: Ja, das könnte man so ausdrücken. Beginnen wir z.B. mit den Werten: Die Werte ältere Menschen zu respektieren, die guten Beziehungen zu Nachbarn, die Gemeinschaft zu suchen, gesellig zu sein, den Glauben gemeinsam zu leben - so ist es auch im Orient, im Iran, im Marokko. Der europäische Christ hingegen ist oft ein Einzelmensch, ein Individuum, sein Glaube ist Privatsache, man hat miteinander wenig zu tun. Daher hat das afrikanische Christentum eine besondere Nähe zum Islam.

MM: Kommen wir nun zu Ihrer Gemeinde hier in Berlin. Würden Sie uns freundlicherweise Ihre Gemeinde ein wenig vorstellen? Und was war der Grund dafür, eine speziell afrikanisch orientierte Gemeinde hier in Berlin zu gründen und zu leiten?

Botembe: Wir afrikanischen Christen fühlen uns in Deutschland, als ein christliches Land, fremd, ausgegrenzt und spüren kaum eine christliche Solidarität. Wenn wir in eine deutsche christliche Kirche gehen, dann sind wir dort zwar Gäste aber werden nicht als Brüder betrachtet. Und wir spüren eine gewisse Isolation. Wenn hingegen deutsche oder europäische Christen zu uns kommen, dann würden wir sie als Christen empfangen. Wir hingegen empfinden oft Kälte. Aus diesem Grund haben wir die Afrikanisch-Ökumenische Kirche gegründet, damit wir unseren Glauben als Christen leben und erleben können, unter Beibehaltung unseres Charakters und unserer Mentalität. Und unsere Kirche ist auch offen für deutsche Christen. Gerne wollen wir die Gemeinsamkeiten gemeinsam erleben.

MM: Haben Sie denn auch die Gelegenheit diese Gemeinsamkeiten mit hiesigen Christen in der Praxis umzusetzen?

Botembe: Ja, einmal im Monat organisieren wir einen gemeinsamen Gottesdienst mit Deutschen und Afrikanern. Und einzelne gehen dabei auch zur deutschen Kirche und nehmen an deren Gottesdienst teil. Wir nennen das Ökumenik in der Basis.

MM: Machen wir einen letzten Gedankensprung. Sie haben sich in bestimmten Äußerungen sehr positiv zur Islamischen Revolution im Iran geäußert. Können Sie das aus der Sicht eines afrikanischen Christen für die hiesigen Christen erläutern, denn es erscheint für manche hiesige Christen im ersten Moment etwas unverständlich?

Botembe: Die Islamische Revolution im Iran ist eine religiöse Revolution und hat seine Ursache in der tiefen seelischen Verankerung des Islam unter den Muslimen im Iran. Das heißt, die haben sich Gedanken gemacht zur Menschheit und ihrem Verhältnis zu Wissenschaft und Technik, wie ist der Weg, wohin geht der Weg? Will man eine geistige Orientierung? Sie sind schließlich enttäuscht von den europäischen Werten und den europäischen Glaubwürdigkeiten. Sie sind enttäuscht und haben festgestellt, dass in Europa und im christlichen Europa Muslime keinen Platz finden. Wo bleibt der muslimische Mensch? Daraufhin haben sie den Sinn ihres Glaubens gesucht und wollten diesen vertiefen, um auch ihre Würde wieder herzustellen. Sie wollen sich an ihrem Glauben orientieren in ihrer Gesellschaft mit Gott in der Mitte. Und das ist die Ursache dieser Revolution. Allerdings wird das in Europa nicht richtig verstanden, weil die Angst haben, dass wenn diese Revolution sich entwickelt, dann würden die Menschen religiöser orientiert werden, so dass sie dann weniger konsumieren. Und wenn sie weniger konsumieren, dann ist das eine Gefahr für die westliche Wirtschaft. Das ist meine Ansicht dazu.

MM: Wenn aber die Menschen hier die Problematik erkennen würden und sehen würden, dass dadurch eine Menschlichkeit geschützt werden kann, könnte man dann nicht gemeinsam einen Weg erlangen zwischen dem im Augenblick auch im Westen kritisierten Kapitalismus und einem neuen Weg?

Botembe: Dazu müssten die europäischen Geistlichen und die muslimischen Geistlichen zusammen arbeiten, um einen gemeinsamen Weg zu finden für die Menschheit und die menschliche Entwicklung, damit sie den Weg öffnen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass es eine geistliche Angelegenheit ist, und entsprechend gibt es einen geistigen Feind, der auch immer versucht, etwas dagegen zu tun. Das darf nicht vergessen werden.

MM: Herr Pastor Botembe, wir danken für das Interview.

Botembe: Ich bedanke mich auch.

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