MM: Sehr geehrter Herr Barth-Engelbart,
können Sie unseren zumeist jungen Lesern, welche die 60er Jahre kaum bewusst
miterlebt haben kurz erläutern, was ein "Kriegsdienstverweigerer bei der
Bundeswehr" ist, oder wie kommt ein Mensch ausgerechnet innerhalb der
Bundeswehr dazu, sein Leben anders auszurichten?
Barth-Engelbart:
Im Zusammenhang mit der Vorbereitung der so genannten Notstandsgesetze durch
eine große Koalition von SPD und CDU unter dem Alt-Kanzler Kiesinger mit
nazirelvanter Vergangenheit
wurde mir klar, wozu diese Armee nicht nur nach außen sondern auch nach
innen eingesetzt werden soll: Niederschlagung von Demonstrationen, Streiks,
Einkesselung von Kundgebungen. Solche Einsätze sehen die immer noch
geltenden Notstandsgesetze vor, die gleichzeitig fast alle demokratischen
Grundrechte außer Kraft setzen und das Parlament völlig entmachten.
Theoretisch war mir das schon vor der Bundeswehr
zumindest so ungefähr klar. Erst als ich mit 18 als Reserveoffiziersanwärter
den Betrieb dieser angeblich demokratischen Armee von innen kennen lernte,
konnte ich richtig begreifen, was hier vorbereitet wird: Die Menschen werden
zu willenlosen Kampfmaschinen abgerichtet, ihnen wird das Kreuz gebrochen,
sie werden behandelt wie der letzte Dreck, damit sie funktionieren und so
abgerichtet auch mit den anderen Menschen so umgehen: du bist nichts und
wenn du über Leichen gehst, gehst du über nichts. Dont worry, be happy and
do your job!
Ich habe mit Diskussionen über die Atombewaffnung,
über den Zweck der Bundeswehr, über die Geschichte der Wehrmacht und das aus
dieser Nazi-Armee stammende Offiziers-Corps, über die Behandlung der
Mannschaften durch die Offiziere, durch politische Debatten im Unterricht
bei der Ausbildung eine ganze Panzergrenadier-Kompanie einsatzuntauglich
gemacht, die Schießausbildung verweigert, meinen Zwangseinsatz als Ausbilder
von Unteroffizieren dazu genutzt, sie ebenfalls zu verunsichern und zur
Kriegsdienstverweigerung zu bewegen. Das waren ja meistens ziemlich
verzweifelte bankrotte Kleinbauern aus dem Bayrischen Wald, dem Spessart und
der Rhön, die aus purer Not zum Bund gegangen sind.
MM: Wie kam es zu dem polizeilichen
Übergriff gegen Ihre Person und welche Folgen hatte das für Ihr Leben, haben
Sie dafür jemals Schadensersatz bekommen?
Barth-Engelbart:
Der Junge eines schwarzen amerikanischen Besatzungssoldaten und einer
Hanauerin aus dem Stadtviertel Lamboy, in dem ich seit 1974 Jugendarbeit
mache und als Lehrer arbeite, sollte einen sicheren Job machen, wollte nicht
mehr als "Brikett" gehänselt werden und ging zur Hanauer
Bereitschaftspolizei. Unglücklicher Weise kam dort nach eines Weile heraus,
dass er schwul ist. Er wird deshalb strafversetzt nach Frankfurt. Dort setzt
ihn die Polizeiführung als Spitzel bei Demonstrationen ein, der in der
ersten Reihe für Schlägereien sorgen soll, damit die uniformierten einen
Grund haben, um loszuschlagen. Dann soll er blitzschnell die Rädelsführer
festnehmen oder für die Festnahme sorgen. Der Mann ist geeignet. Alle
Demonstranten jubeln, wenn er in der ersten Reihe mitmarschiert und "Black
Power" und "Free the Ramstein Four" und "Ho-Ho-Ho-Tschi-Min" skandiert.
Am Amerikanischen Handelszentrum wollten wir bei
einer Demonstration gegen den US-Krieg gegen Vietnam den mit einem
Kleinkalibergewehr bewaffneten Hausmeister der
Anaconda-Metall(handels-)-Gesellschaft entwaffnen, als der vom Vordach aus
auf die Demonstranten zielte. Wir habe ihn beinahe gefasst, ihn dann
vertrieben und anschließend die Fahnen auf den Dach auf Halbmast gesetzt und
zum Teil runtergerissen wegen des zigtausendfachen Mordes an den
Vietnamesen. Da tauchte der V-Mann auf dem Dach auf, wollte mich festnehmen
und ich habe ihm etwas auf die Finger geklopft.
Weil er mich nicht festnehmen konnte, war er sauer,
weil er dafür keine Bewährungs- und Wiederaufstiegspunkte und auch kein
Kopfgeld bekam. (für jeden festgenommenen Rädelsführer gab es eine Prämie).
Dabei hat er mich vom Dach gestoßen. Ich konnte ihm das Rachemotiv natürlich
nicht nachweisen, aber seine Tat erfolgte sicherlich nicht zum Schutz von
irgendjemanden.
Anschließend wurde ich noch beim Tarnsport ins
Krankenhaus im Notarztwagen von zwei Beamten der politischen Polizei
verhört, ich sollte Namen nennen, ob Rudi Dutschke in Frankfurt Rädelsführer
war oder Hans-Jürgen Krahl oder Günther Amendt. Nur in den Operationssaal
durften sie nicht mit hinein. Nach der Operation saßen sie zwei Tage und
Nächte zu zweit an meinem Bett. Wenn ich kooperativ sei, bekäme ich auch
weniger als 5 Jahre Gefängnis. Aber nur dann, wenn ich wegen des Sturzes
keine Anzeige machen würde. Wegen meiner schweren Behinderung musste ich
meine Ausbildung als Schriftsetzer und Volontär bei der Frankfurter
Rundschau aufgeben. Ich habe keine Pfennig Schmerzensgeld, Wiedergutmachung
oder Ähnliches erhalten. Es hat 29 Jahre gedauert bis ich als
Schwerbehinderter anerkannt wurde.
MM: Entschuldigen Sie, wenn wir nachfragen,
denn Ihre Behinderung geht die Öffentlichkeit nichts an, aber
normalerweise wird doch eine Behinderung nicht von Gerichten festgestellt
sondern von Ärzten?
Barth-Engelbart:
Ich bekam als Kommunist eben nicht nur ein defakto
Berufsverbot als Lehrer, sondern auch eine "Sonderbehandlung" bei allen
staatlichen und halbstaatlichen Einrichtungen. 1968 war ich zu arm, um das
Prozessrisiko gegen die Polizei zu wagen - wegen des Schmerzensgeldes und
eventueller Rentenzahlungen. Unter Willy Brandt, dem sozialdemokratischen
Bundeskanzler, kam zwar eine Generalamnestie für alle im Zusammenhang der
68er "Unruhen" begangenen "politischen Straftaten" - Landfriedensbruch,
Hausfriedensbruch usw. nur waren die entsprechenden Anklageunterlagen, die
Ermittlungsakten immer noch bei den Behörden. Zeitungsverlage wurden mit
Dossiers von der Polizei versorgt. So bekam der Stern zur Illustration einer
Titelgeschichte über das organisierte Verbrechen in der
"Kriminellen-Hauptstadt Frankfurt" Fahndungsbilder von der Frankfurter
politischen Polizei zur Verfügung gestellt, die den gesamten Bundesvorstand
der sozialistischen Schüler zeigte, dessen Mitglied ich von 1968 bis 1971
war. Alle Vorstandsmitglieder wurden damals als typische Vertreter des
organisierten Verbrechens in Frankfurt Landesweit präsentiert. Das hat mir
bei der Arbeitssuche zur Finanzierung meines Studiums natürlich sehr
geholfen. So musste ich gerade wieder einigermaßen mit orthopädischen
Schuhen gehfähig jede Arbeit annehmen, auf dem Bau, als
Sanitärmontagehelfer, als Messebauer, usw. Ich habe dann eine Zeitlang auch
als Sportlehrer bis zu meinem Berufsverbot 1978 gearbeitet, die Schmerzen
verschwiegen und übergangen, nach dem Berufsverbot hat mir das Hanauer
Arbeitsamt gezielt Leistungen verweigert, mir Umschulungsmaßnahmen erst nach
gerichtlichen Schritten "angeboten" in dem Berufsfeld "Bürokaufmann", wo die
folgende Arbeitslosigkeit abzusehen war. Ich wurde in Abstimmung mit dem
Arbeitsamt von der Umschulungs-Schule Schläger gegen Schwarzgeld als Lehrer
eingesetzt - wozu ich gezwungen war, da mir das Arbeitsamt das Fahrgeld zur
Schule verweigerte. Als ich dann in dieser Handelsschule eine
Interessen-Vertretung der Umschüler aufbaute, wurde ich - obwohl ich als
Lehrer eingesetzt wurde - "wegen mangelnder Leistungen und der Gefahr des
Nichterreichens des Umschulungszieles" mit Entfernung aus der Maßnahme und
mit Leistungsentzug" bestraft. Nach jahrelangem Prozessieren vor dem
Sozialgericht wurde mir das Recht auf die weitere Teilnahme an der
Umschulung zugesprochen. Mittlerweile musste ich aber von irgend etwas
leben: ich arbeitete als Lagerist, Nahverkehrs-LKW-Fahrer, wurde wegen
wieder auftretenden starken Schmerzen und Gehbehinderung erneut operiert.
Bei vielen Bewerbungen musste ich meine - nicht anerkannte - Behinderung
verschweigen, die Schmerzen waren zwischenzeitlich nach der zweiten
Operation wieder erträglich. So konnte ich von 1990 bis 1995 sogar wieder
als Sportlehrer arbeiten. Danach ging fast nichts mehr. Nach einem Antrag
auf Anerkennung als Schwerbehinderter wurde mir lediglich eine Behinderung
von 20 % anerkannt, was überhaupt keine Entlastung gebracht hätte. Erst nach
Intervention meines Anwalts und fast zwei Jahren Streit mit dem
Versorgungsamt, unendlichen ärztlichen Zusatzgutachten wurde eine
Behinderung von - wenigstens 50% anerkannt, was zu ein wenig Entlastung am
Arbeitsplatz und bei den Steuern führte.
Es gibt noch ein sehr drastisches weiteres
Beispiel, wie auf behördlicher Ebene politisch unbequeme Menschen aber auch
ganz unpolitische Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger schikaniert werden
und wurden: 1978/79 in einem der kältesten Winter des letzten Jahrhunderts
hat mir das Sozialamt Hanau die Winterbrandbeihilfe verweigert. Ich musste
wochenlang in einer ungeheizten Wohnung leben, heizte dann mit Müll und
einem illegal installierten alten Kohleofen. Aber ich kenne viele Menschen,
denen es noch viel dreckiger ging und geht. In dieser Zeit habe ich im
Notfall auch gegen Naturalien und echte Kohle Deutschunterricht und
Nachhilfestunden gegeben. Und alle Nachbarn in der Hanauer Lamboystraße
haben mich unterstützt, mich zum Essen eingeladen, mir Holz und Kohle zum
Heizen gegeben. In dieser Zeit habe ich viele Freunde gefunden,
italienische, deutsche, türkische KollegInnen und ihre Familien, deren
Enkelkinder ich heute noch unterrichte. Es war dann so, dass meine Wohnung
von 1974 bis 1982 zur Nachbarschaftshilfezentrale wurde: Brief an Behörden,
Erziehungsberatung, Resozialisierung, Drogenberatung und Anbahnung von
Entzug, Vermittlung von Rechtsberatung .
MM: Nun scheinen Sie ja auch im hohen Alter
und trotz Behinderung nicht "leiser" geworden zu sein. Erst jüngst haben Sie
sich gleich mit einer ganzen Reihe von Autoren auseinandergesetzt, die dafür
bekannt sind, ihre Gegner auch mit Prozesskosten in die Knie zu zwingen, was
treibt Sie an?
Barth-Engelbart:
Ich vermute Mal, dass Sie da meine internet-öffentliche Auseinandersetzung
mit Henryk Broder meinen. Auf den will ich nicht weiter eingehen. Eher schon
auf die grünen Kriegervereinshäuptlinge wie Joschka Fischer oder den
Landkriegsbefürworter gegen Serbien, den Frankfurter Pädagogik-Professor
Micha Brumlik, der mich wegen meiner Gedichte in Frankfurt aus der
Katharinen-Kirche hat rauswerfen lassen. Meine grundsätzliche Gegnerschaft
zu neokolonialen Raubkriegen treibt mich an, aber es ist eigentlich die
menschenverachtende Politik im Vorfeld der Kriege, die mich antreibt. Man
kann zahllose Menschen auch ganz ohne Kriegswaffen umbringen, ihr Leben,
ihre Lebensperspektiven zerstören: Bei Brumlik war es seine Forderung nach
ersatzloser Streichung des muttersprachlichen Unterrichts für "nicht
deutschstämmige" Immigrantenkinder. Die Details zum Thema können auf meiner
Internetseite nachgelesen werden.
MM: Wie ist es zu verstehen, dass ein
Brumlik Sie aus einer Kirche rausschmeißen konnte?
Barth-Engelbart:
Er hat mich rausschmeißen lassen. Am Vorabend des
Tages der Menschenrechte im Dezember 2003 sollte Brumlik bei einer
Podiumsdiskussion in der evangelischen Katharinenkirche zum Thema "Krieg für
Menschenrechte?" sprechen. Vielleicht war der Titel auch etwas anders. Ich
habe vor der Kirche öffentlich zwei Gedichte gegen den Krieg, besonders
gegen den Überfall auf Jugoslawien auf große Plakate geschrieben. Hunderte
von Menschen blieben stehen und lasen und stimmten mehrheitlich zu. Dann bin
ich mit diesen Gedichtplakaten in die Veranstaltung gegangen und habe sie
nur hochgehalten. Unter den Gedichten stand, dass Prof. Brumlik, den Krieg
gegen Jugoslawien propagiert hat und auch den Golfkrieg gegen Irak. Im
Internet stand bis zu dieser Veranstaltung noch ein Brumlik-Beitrag, der die
Bombardierung Belgrads rechtfertigte und/oder forderte (nach der
Veranstaltung war dieser Beitrag plötzlich im Internet nicht mehr zu
finden). Brumlik kam wutentbrannt auf mich zugelaufen und sagte laut, er
habe niemals die Bombardierung Belgrads sondern nur einen Landkrieg gegen
Serbien gefordert, was ich dann ebenso laut und satirisch als
vergleichsweise "humanitären Akt" bezeichnet habe. Jetzt forderte Brumlik
den Hausherrn und Mitveranstalter - Pfarrer Stoodt - auf, mich und meine
Gedichte sofort aus der Kirche zu entfernen, sonst würde er nicht an der
Veranstaltung teilnehmen. Dann geleitete mich Pfarrer Stoodt gegen meinen
nur verbalen Widerstand aus der Kirche, wo ich draußen wiederum vor einigen
Hundert Menschen die kommentierten Gedichte an die Kirchentür hängte. In der
Kirche hatte ich das bereits angekündigt, ich würde mich am Gründer der
evangelischen Kirche nur soweit orientieren, dass ich die Thesen jetzt an
die Kirchentüre hängen würde. Luthers abgrundtiefen Antisemitismus dagegen
würde ich entschieden ablehnen und bekämpfen. Die Nazis konnten sich in
ihrer Hetze gegen Juden auf viele drastische Äußerungen Martin Luthers
berufen.
MM: Woher aber nehmen Sie die Kraft die
Auseinandersetzung an so vielen Schauplätzen gleichzeitig zu überstehen,
sind Sie ein gläubiger Mensch?
Barth-Engelbart:
Das droht jetzt sehr philosophisch zu werden. Ich bin
im landläufigen Sinne kein gläubiger Mensch. Ich bin 1968 aus der SPD und
aus der Kirche ausgetreten. Wenn ich mich in meinen Texten, Gedichten mit
der falschen Gläubigkeit, mit dem Opium fürs Volk auseinandersetze, nehme
ich immer den Brecht'schen Baal, um die religiösen Gefühle der Menschen
nicht zu verletzen. Den alten Baal gibt es in keiner der noch existierenden
Religionen mehr. Wie man die Kraft hinter dem schwarzen Loch im All auch
immer nennen mag, wie man sich jeweils vorstellt, wie das All und diese Welt
entstanden sind, welche Kräfte, welche Kraft sie erschaffen haben, das alles
ist mir letztlich gleich-gültig. Ich glaube aber dass in uns allen ein Stück
dieser Kraft steckt, die da seit Milliarden und mehr Jahren wirkt .
Ich vermittle meinen Kindern immer, dass wir alle
aus dieser Kraft kommen, dass wir alle - um es religiös auszudrücken -
Kinder eines Gottes sind, respektive einer Kraft, die manche Allah nennen,
manche Jahve, manche Gott, dass in uns allen ein Funke dieser Kraft steckt.
Und in der ganzen Schöpfung. Die Aborigines in Australien, die Indios in
Lateinamerika, die naturreligiösen Stämme Zentralafrikas und Polynesiens
achten ihre Umwelt, die Natur als göttlich und wissen seit zigtausenden von
Jahren, dass wir sie schonen und erhalten müssen. Nach einigen Hundert
Jahren wissenschaftlich-rationalem Nachtrab bestätigen sich viele dieser
vorwissenschaftlichen Erkenntnisse jetzt auch endlich in der abendländischen
Rationalität, Erkenntnisse die teilweise ja auch Eingang in die
verschiedenen heiligen Bücher genommen haben. Ich denke da an viele sehr
sinnvolle und mittlerweile auch wissenschaftlich gestützten Regeln im Qur'an
und in der Bibel. Wobei ein Teil der Regelwerke offensichtlich bestens
geeignet ist für nomadisierende Hirtenvölker. Für Gesellschaften mit hoch
industrialisierter Produktion müssen diese Regeln immer im Sinn der
Erhaltung der Schöpfung/unserer natürlichen Lebensgrundlagen verändert und
neue erstellt werden.
MM: Themenwechsel; auf dem Foto sieht man
Sie mit einem ihrer muslimischen Schüler, die inzwischen die Mehrheit ihrer
Schule ausmachen. Welche Erfahrungen haben sie in dieser ganz Deutschland
prägenden Entwicklung und welche Probleme würden Sie gerne außer dem
muttersprachlichen Unterricht ansprechen?
Barth-Engelbart:
Ich fange lieber mit den positiven Erfahrungen an:
Dadurch, dass ich die Kinder so angenommen habe, wie sie sind, ihr Herkunft
und Kultur, ihre Religion und ihre Speisekarte, ihre Lieder und Rhythmen,
ihre Sprache und ihre Probleme angenommen, ernst genommen, sie angehört und
ihnen meine Zeit gegeben habe, habe ich einen unversiegbaren und letztlich
auch unbesiegbaren Quell an Energie und Freude entdeckt.
Wir brauchen kleinere Klassen, mehr zuverlässige -
also nicht von Versetzung und Entlassung bedrohte - kontinuierlich
ansprechbare Bezugspersonen in einer Zeit, wo die Arbeitsverhältnisse und
die Arbeits- und Einkommenslosigkeit die familiären Strukturen zerstört.
Wir brauchen Ganztagsschulen, die bei den Kindern
die Lust auf das Lernen nicht mit Noten erschlagen sondern diese Lust
beflügeln.
Noten sind Selektionsinstrumente. Kombiniert mit
der gezielten Entwicklung der Schulen zu pseudoeffizienten Gewerbebetrieben
handelt es sich hier um hochgradig organisiertes Verbrechen an unseren
Kindern. Die staatlichen Schulen werden auf absolutem Minimalinput immer
weniger Lern- und immer mehr Disziplinierungs- und Dressurorte. Und die
Kinder der betuchten Eliten dürfen sich an wenigen Eliteschulen auf ihre
Plätze an den Spitzen in Wirtschaft und Politik vorbereiten, unbehelligt von
möglichen Konkurrenten aus dem normalen Volk. Bevor meine Antwort hier zum
abendfüllenden Vortrag wird, möchte ich hier abbrechen.
MM: Herr Barth-Engelbart, wir danken für das
Interview.
Barth-Engelbart:
Ich danke Ihnen für Ihre Fragen und die Möglichkeit,
mich hier zu äußern.
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