Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Manuel Ochsenreiter
 

Muslim-Markt interviewt 
Manuel Ochsenreiter, Chefredakteur der DMZ 17.5.2005

Manuel Ochsenreiter (Jahrgang 1976) ist im Allgäu geboren und katholisch erzogen worden. Nach Abitur (1996) und Wehrdienst studierte er in Berlin Wirtschaftswissenschaften. Bereits seit dem Abitur war er für die rechtskonservative Wochenzeitung Junge Freiheit tätig, zuletzt war er für das innenpolitische Ressort verantwortlich. Seit Ende 2004 ist er Chefredakteur der „Deutschen Militärzeitschrift“ (DMZ). Ochsenreiter ist verheiratet und hat zwei Söhne.

Manuel Ochsenreiter ist am 18.8.2021 verstorben.

MM: Sehr geehrter Herr Ochsenreiter. Was bewegt einen noch nicht 30jährigen dazu, ausgerechnet eine Militärzeitschrift redaktionell zu leiten?

Ochsenreiter: Ist das wirklich eine Frage des Alters? Ich denke nicht, denn die Themenbereiche Militär und Verteidigung sprechen sowohl junge als auch ältere Leser an. Vor allem junge Bundeswehrangehörige zählen zu unsern treuesten Lesern.

MM: Fast jeder etablierte Politiker, der beispielsweise der „Jungen Freiheit“ oder auch der „Deutschen Militärzeitschrift“ ein Interview gibt, wird anschließend in den Medien kritisiert, sich mit „Rechtsradikalen“ eingelassen zu haben. Sind Sie ein Rechtsradikaler oder gar Neonazi?

Ochsenreiten: Nein. Ich bin Konservativer. Doch es ist ein entscheidender Wesenszug des öffentlich geführten „Kampfes gegen Rechts“ eben Konservative und Rechte als Extremisten und Neonazis zu diffamieren. Übrigens – das ist die unfreiwillige Komik des Ganzen – kooperieren demokratische Linke offen mit Linksextremisten und Verfassungsfeinden wenn es „gegen Rechts“ geht. Einige Vereine – sie nennen sich dann „zivilgesellschaftlich“ – erhalten sogar Fördergelder aus Steuermitteln.

MM: Was ist denn ein „Konservativer“, schließlich nennen die CDU, die CSU, die Republikaner, studentische Verbindungen und viele andere sich auch konservativ?

Ochsenreiter: In der Tat ist „konservativ“ ein strapaziertes Etikett. Die Unionsparteien sehen sich aber mittlerweile lieber als moderne und liberale Stadt-Parteien denn als konservative Kraft. Die Abtreibungsgegner beispielsweise spielen dort nur noch eine untergeordnete Alibirolle. Die Republikaner, als rechtsradikal verschrien, würde ich eher national-liberal einordnen, doch sie spielen politisch keine große Rolle mehr. Bei Studentenverbindungen gibt es sowohl sehr konservative als auch liberale Bünde, je nach Dachverband. Ich selbst bin Alter Herr in einer schlagenden Burschenschaft.
Ich denke nicht, dass es ausreicht, sich in Parteien oder Vereinen „konservativ“ zu engagieren. Vielmehr bin ich der Meinung, dass es vor allem eine Lebenseinstellung ist. Heute konservativ zu sein, heißt nicht zuletzt, mit offensiv gelebten Werten, seine Umgebung bewusst herauszufordern. Dazu braucht es weder ein Parteibuch noch ein Amt als Vereinskassenwart.

MM: Ist es denn zeitgemäß einem Verein anzugehören, der - zumindest so der äußere Eindruck - mit mittelalterlichen Schwertern sich gegenseitig Verletzungen zufügen als Mutprobe?

Ochsenreiter: Die spielen auf meine Mitgliedschaft in einer Burschenschaft an - natürlich wäre es „zeitgemäßer“, mit einer reinen Konsumentenmentalität sein Studium irgendwie „runterzureißen“, ohne sich um den Rest zu kümmern, ohne nach links und rechts zu schauen.
Die Mitgliedschaft in einer Verbindung bedeutet allerdings weit mehr als „nur“ in einem Verein zu sein. Wir begreifen uns als „Lebensbund“, in dem die bundesbrüderlichen Prinzipien weder einen Generationenkonflikt noch Unterscheidung nach sozialer Herkunft zulassen.
Das Prinzip der Mensur, des studentischen Fechtens mit sogenannten Schlägern, ist nicht die Verletzung des Gegenübers, wie Sie es in der Frage unterstellen. Man muss hierbei vor allem sich selbst überwinden – und nicht seinen Gegner. Man lernt hierbei buchstäblich das „Stehen“, denn im Gegensatz zum Sportfechten weicht man den Hieben nicht aus, sondern pariert sie oder – wenn man dabei einen Fehler gemacht hat – empfängt den Hieb. Das kann dann schon mal zu einer Narbe führen. Man lernt hierbei aber, ein wirkliches Opfer für die Gemeinschaft zu bringen und sich dabei selbst zu überwinden. Deshalb ist eine Mensur weitaus mehr, als nur eine banale Mutprobe.
In einer Zeit, in der sich jeder den bequemsten Weg zu suchen scheint, mag das freilich etwas archaisch klingen – aber das brauche ich ja jemandem, der sich selbst als „islamischen Fundamentalisten“ beschreibt nicht zu erklären, oder?

MM: Zuletzt hatten Sie z. B. den ehemaligen Verteidigungsminister Scholz (CDU) und den ehemaligen Verteidigungsminister Apel (SPD) im Interview. Gibt es überparteiliche Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und den Interviewpartnern?

Ochsenreiter: Manchmal mehr, manchmal weniger. Doch für ein gutes Interview sind Gemeinsamkeiten nicht nötig. Man braucht keinen inhaltlichen Konsens, um sich mit Menschen zu unterhalten. Die einzige Gemeinsamkeit sollte sein, sich ausreden zu lassen und eine gewisse Fairness einzuhalten. Doch es ist in der Tat interessant, um bei Ihrem Beispiel zu bleiben, dass der Sozialdemokrat Hans Apel erheblich konservativere Ansichten zu haben scheint, als der Christdemokrat Rupert Scholz.

MM: In Ihrer Zeitschrift gehen Sie auch auf historisch-politische Zusammenhänge ein. So thematisieren Sie jüngst die Umbenennung von Kasernen, die ihren Namen erst in den 70er Jahren erhalten haben bzw. damals bestätigt wurden.

Ochsenreiter: Sie sprechen den Fall des Jagdfliegers Werner Mölders an, nach dem die Bundeswehr einen Lenkwaffenzerstörer der Marine, eine Kaserne und ein Jagdgeschwader benannt hatte. Mölders, der 1941 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, wird in der ganzen Welt geachtet – nicht nur aufgrund seiner militärischen Leistungen, sondern auch für seine Art der Menschenführung. Und während die Welt bewundernd auf Mölders und dessen Leistungen blickt, sorgt man in Deutschland dafür, dass sein Name abgeschraubt, übermalt oder abgekratzt wird. Mölders gilt übrigens als sehr christlich geprägt, charakterfest und standhaft – kein Wunder also, dass die heutige Politik nichts mit ihm anfangen kann.

MM: Was hat sich seither geändert in diesem Land?

Ochsenreiter: Es hat sich einiges verschoben. Debatten werden heute nicht mehr einfach nur beeinflusst, sondern von vornherein unterbunden. So ist es heute auch im Falle der Bedeutung des 8. Mai 1945, des Tages der Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Früher waren noch lebhafte Diskussionen darüber möglich, ob dieser Tag mehr die Bedeutung einer Befreiung oder einer Niederlage hat. Heute sind schon die Debatten darüber nicht mehr möglich. Diese bedenkliche Entwicklung lässt sich an vielen Beispielen nachvollziehen…

MM: Der "Vorwurf" an Sie als intellektueller Vertreter der sogenannten "neuen Rechten" besteht darin, dass Sie bestimmte Werte vertreten würden, die dem Zeitgeist widersprechen. Welche Werte sind das?

Ochsenreiter: Vielleicht ist es heute bereits verdächtig, überhaupt Werte zu vertreten. Denn damit bringt man sich automatisch – ob man will oder nicht – gegen den hedonistischen und liberalen Mainstream in Stellung. Als engagierte Muslime kennen Sie das selbst. Ein klares Bekenntnis zum Schutz und zur Förderung der Familie schließt die Anerkennung sogenannter „Regenbogenfamilien“, bestehend aus homosexuellen Partnern und adoptierten Kindern, zwangsläufig aus. In einem Land, wo dies mittlerweile als „schick“ angepriesen wird, ist hier ein Anecken vorprogrammiert. Ein ebenso eindeutiger Standpunkt zu den Leistungen unserer Väter und Großväter ruft heute diejenigen auf den Plan, die lieber Deserteure als gefallene Soldaten ehren. Eigentlich selbstverständliche Forderungen, wie die offensive und selbstbewusste Wahrnehmung nationaler Interessen werden plötzlich anrüchig, wenn man sich zuvor nicht ausgiebig in alle Richtungen mit moralinsauren Erklärungen absichert. Es sind gewisse Auflösungserscheinungen, die sich vor allem seit 1968 erfolgreich durchgesetzt haben. Wer sich dieser Entwertung nicht beugt, gerät ins Visier. Da haben Rechte und Muslime durchaus etwas gemeinsam. Schade, dass sie diese Gemeinsamkeit so wenig erkennen und schon gar nicht nutzen.

MM: Worin unterscheidet sich denn Ihrer Meinung nach eine Deserteur von den Widerstandskämpfern gegen Hitler unter den deutschen Offizieren?

Ochsenreiter: In der Motivation und der Handlung. Ein Deserteur handelt zumeist nicht aus idealistischen, sondern aus rein persönlichen Motiven. Man mag Verständnis für einzelne Schicksale aufbringen, doch als Vorbild eignet sich ein Deserteur nicht. Er ist jemand, der sich davonstiehlt, sich nicht der Verantwortung und der Pflicht stellt. Er lässt sein unmittelbares Umfeld - seine Kameraden - im Stich.
Bei den Offizieren des Widerstands ist der Fall gänzlich anders gelagert. Im Prinzip handelten Sie genau gegensätzlich, wenn man so will zum eigenen persönlichen Nachteil, um einem Ideal zu dienen.
Dennoch fehlt zwischen diesen beiden Polen die angemessene Würdigung der Soldaten, die mit hohem persönlichen Einsatz beispielsweise an den harten Abwehrschlachten im Osten gegen die Rote Armee beteiligt waren und damit unzähligen Zivilisten das Leben retteten. Dass hierbei Soldaten aus fast ganz Europa beteiligt waren, wird heute gerne unter den Tisch gekehrt. Der internationale und europäische Charakter der gegen die Sowjets kämpfenden Verbände passt nicht ins aktuelle Bewältigungsweltbild.

MM: Sie sprachen mögliche Gemeinsamkeiten zwischen „Rechten“ und Muslimen an. Muslime glauben an die Herkunft des Menschen von einem Elternpaar und lehnen jeglichen Bezug auf z.B. Thor und Odin ab. Worin sehen Sie denn Gemeinsamkeiten?

Ochsenreiter: Die meisten „Rechten“, die ich kenne, denken ebenso wenig wie Sie, dass sie von „Thor und Odin“ abstammen. Viele sind überzeugte Christen und gehören einer der beiden großen Konfessionen bzw. evangelischen Freikirchen an. Eine Gemeinsamkeit ist sicherlich das positive Verhältnis zum Eigenen, Natürlichen und Gewachsenen – die Achtung vor dem Leben und vor der Schöpfung. Weder für einen Konservativen noch für einen Muslim ist es hinnehmbar, wenn Kinder im Mutterleib getötet und alte Menschen per Spritze entsorgt werden. Beide stehen kritisch der Ideologie des Liberalismus gegenüber, die smart als „Freiheit“ daherkommt, in Wirklichkeit aber Auflösung, Gleichgültigkeit und Verantwortungslosigkeit bedeutet.

MM: Erfüllt es einen echten „Rechten“ denn nicht mit Furcht, wenn er sich vorstellt, dass sein germanisches Deutschland eines Tages auch muslimisch geprägt sein könnte?

Ochsenreiter: Ein „echter Rechter“, wie Sie es nennen, denkt vor allem geschichtsbewusst und weiß zu abstrahieren. Vor mehr als 280 Jahren wanderten die ersten moslemischen Tataren nach Deutschland ein, um in der preußischen Armee zu dienen. 1807 erlitt Napoleon im preußisch-französischen Krieg eine empfindliche Niederlage. Sieger waren unter anderem muslimisch-preußische Soldaten, die für ihre Tapferkeit und Treue berühmt waren. Als 1934 Reichspräsident Paul von Hindenburg verstarb, trauerte auch die deutsch-islamische Gemeinde. „Heute drängt es uns, laut und in aller Öffentlichkeit unsere Trauer in die Trauer des deutschen Volkes zu mischen“, hieß es in einem Nachruf der Muslime. Vielen Linken galt Hindenburg als Inbegriff der Reaktion und des Militarismus. Schließlich kämpften im Zweiten Weltkrieg zahlreiche muslimische Freiwillige Seite an Seite mit deutschen Soldaten. Ich hole so weit aus um aufzuzeigen, dass es ein geschichtlich gewachsenes Verhältnis von Muslimen und Christen in Deutschland gibt.
Leider sind angesichts der momentanen Terrorhysterie und den Gefahren der ungebremsten Massenzuwanderung nach Deutschland solche geschichtlichen Wahrheiten etwas ins Hintertreffen geraten.

MM: Schön und gut, aber würde es sie nicht grausen oder gar schockieren, wenn z.B. Ihre eigene Tochter eines Tages einen Muslim heiratet, zum Islam konvertiert und möglicherweise auch ein Kopftuch trägt? Sind die bestehenden Ängste in der Bevölkerung nicht auch "konservativer Art"?

Ochsenreiter: Jetzt vermischen Sie aber einiges. Ich kann daran nichts Schlimmes erkennen, daß jemand der eigenen Religion den Vorzug gibt. Natürlich erziehe ich meine Kinder katholisch und versuche ihnen auch ein solches Bewusstsein zu vermitteln.
Ich denke, nur indem man sich auch zu seiner eigenen religiösen Identität bekennt, kann man Andere erst respektieren. Ein aufrichtiger Dialog ist nur dann möglich, wenn man einen Standpunkt hat. Bei den Muslimen ist das zweifelsohne der Fall. Bei den meisten Wischiwaschi-Protestanten, die den Dalai Lama mit „Eure Heiligkeit“ ansprechen, ein indianisches Reinigungsritual auf dem Kirchenaltar aufführen oder eben ein paar tanzende Derwische ins Pfarramt einladen, habe ich da meine erheblichen Zweifel. Dialog wird dann zur Anbiederung, das Motiv hierfür ist ein fehlendes Selbstbewusstsein, vielleicht sogar ein Minderwertigkeitskomplex. Vertrauen kann daraus nicht erwachsen.

MM: Ihre Meinungen erscheinen - um es einmal vorsichtig auszudrücken - nicht unbedingt repräsentativ für „die Rechten“ oder Konservative, glauben Sie dass die Rechte hier in einem Entwicklungsprozess ist, oder sind Sie ein Exot?

Ochsenreiter: Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass es „die Rechten“ oder „die Konservativen“ als homogene weltanschauliche Gruppen nicht gibt. Ein abgeklärteres, geschichtlich inspiriertes Verhältnis zum Islam in Deutschland würde vielen sogenannten „Rechten“ und Konservativen mit Sicherheit nicht schaden.
Allerdings kann ein solcher Prozess nicht ohne die Muslime gehen. Leider macht es immer wieder den Anschein, dass sich deren großen Verbände vor allem an die linken Parteien in Deutschland anlehnen. Dies mag kurz- und mittelfristig verständlich sein, da die Grünen und die SPD – mittlerweile auch die CDU – sich gerne als multikultifreundlich zeigen. Dennoch verlangen sie langfristig einen hohen Preis von den Muslimen – nämlich die Aufgabe ihrer religiösen Identität. Längst sind auch in diesem Bereich linke „zivilgesellschaftliche“ Vorfeldorganisationen tätig, die den Muslimen erklären, weshalb das Kopftuch schlecht und menschenfeindlich und Homosexualität doch gar nicht so schlimm sei. Hier drängt sich der Eindruck auf, Integration im linken Sinne meint, aus gottesfürchtigen und wertebewussten Menschen, gut steuerbare Konsumtrottel zu formen. Wenn der Muslim-Markt schließlich mit einem eigenen Wagen am „Christopher-Street-Day“ teilnimmt, ist der Prozess dieser Integration abgeschlossen.

MM: Nun, viele Muslime wählen derzeit ganz bewusst Links, da sie darin das geringere Übel sehen, denn es sind die politischen Rechten die innenpolitisch den Islam verbieten wollen und außenpolitisch sich mit Völkerrechtsverbrechern - insbesondere gegen Muslime - verbünden wollen. Gibt es die von Ihnen mitvertretene "Rechte" überhaupt in der deutschen politischen Landschaft?

Ochsenreiter: Natürlich gibt es die, wenn auch nicht als geschlossene Formation eines Vereins oder gar einer Partei. Ich will hierbei an Namen wie Peter Gauweiler oder Otto von Habsburg erinnern. Die im Regin-Verlag erscheinende Reihe „Junges Forum“ hat eine ganze Ausgabe dem Thema „Der Islam und die Rechte“ gewidmet.
Ich denke, das Thema steht jetzt auf der Tagesordnung – gerade für Rechte. Irgendwann wird jeder für sich klären müssen, wohin er eigentlich möchte.

MM: Herr Ochsenreiter, wir danken Ihnen für das Interview.

 

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