MM:
Sehr
geehrte Laila Hassan. Wie ist Ihre Lebensgeschichte zum Islam?
Hassan:
Schon von
frühester Kindheit an interessierte ich mich für Religionen und befasste
mich im Alter von 14 Jahren mit dem Islam. Eigentlich nur aus dem Grunde
weil ich verstehen wollte, warum meine türkischen und marokkanischen
Klassenkameradinnen vieles eben nicht durften (Klassenfahrten,
Schweinefleisch, usw.). Denn vieles, was sie anders machten oder nicht
durften, begründeten sie mit dem Islam. Da sie mir auch nicht wirklich
genaue Gründe erklären konnten, habe ich mir dann aus der Stadtbücherei
einen Koran auf Deutsch ausgeliehen. Ich weiß nicht mehr welche Übersetzung
es war, aber sie war damals für mich sehr befremdlich, so dass ich sie nach
einigen Seiten wieder zurückbrachte. Dennoch verspürte ich in mir einen
Wunsch den Koran doch zu lesen und so kaufte ich mir Monate später die
Übersetzung von Max Henning. Diese Übersetzung war auch der ausschlaggebende
Grund 1995 zum Islam überzutreten. Allerdings merkte meine Außenwelt davon
herzlich wenig, außer dass ich Vegetarierin wurde. 1998 lernte ich meinen
irakischen Mann kennen und wir heirateten noch im gleichen Jahr. Ich lernte
durch ihn die Schia kennen und wechselte kurze Zeit später zur Schia.
MM:
Wollen Sie damit sagen, dass eine 15-jährige sich eigenständig entschieden
hat Muslima zu werden? Was haben denn Ihre Eltern dazu gesagt, und was sagen
sie heute?
Hassan:
Ja genau,
das möchte ich damit sagen. Niemand hat etwas davon gewusst und meine
Familie hat es erst zwei Jahre später erfahren. Sie haben zwar etwas davon
geahnt aber davon in Kenntnis gesetzt habe ich sie erst später. Ich habe das
damals getan, weil ich mich in Ruhe in meiner neuen Religion eingewöhnen und
erstmal meinen neuen Glauben festigen wollte. Selbst meine engsten Freunde
wusste nichts davon, lediglich zwei von ihnen. Ihre Reaktionen und die
meiner Familie waren sehr negativ. Sie hätten alles akzeptieren können aber
eben nicht das und schon gar nicht, dass ich mit 18 dann entschieden habe
das Kopftuch zu tragen. Das ist und bleibt wohl für sie immer etwas
Unverständliches. Mittlerweile akzeptieren sie es und ich glaube sie haben
sich so langsam daran gewöhnt. Aber auch in meinem Freundeskreis habe ich
sehr positive Erfahrungen gemacht. Das möchte ich auch mal betonen. Viele
Freundschaften sind sogar fester geworden.
MM:
Zusammen mit anderen Muslimen mit Liebe zu den Ahl-ul-Bait haben Sie die
deutschsprachige Internethomepage al-shia.de aufgebaut. Wie haben Sie
zueinander gefunden und was war die Motivation für die Arbeit?
Hassan:
Fatima (Um
Hussein) und ich kannten uns durch einen Bruder, den ich im Paltalk-Raum Shia
Right Path of Islam kennen gelernt hatte. Wir hatten oft darüber
diskutiert, dass sehr viel Negatives über uns Schiiten gerade von bestimmten
islamischen Sekten verbreitet wurde und auch, dass es sehr wenig über unsere
Glaubensrichtung auf Deutsch gibt. Da wir beide der Meinung waren, dass es
besser wäre selbst etwas auf die Beine zu stellen als den momentanen Zustand
zu kritisieren, hatten wir uns 2004 entschlossen eine eigene Homepage zu
gestalten. Denn außer dem Muslim-Markt und dem Islamischen-Weg waren uns nur
ein paar vereinzelte Seiten auf Deutsch bekannt.
Da wir beide
überhaupt keine Ahnung von Design und Gestaltung einer Internetseite haben,
und schon gar nicht von HTMl etc., habe ich Fatima Bazzi, die ich privat
auch kenne, gefragt ob sie uns nicht helfen mag.
Al hamdulillah
(Gott sei Dank) hat sie sofort zugesagt. Ein Bruder kam kurze Zeit später dazu
und ebenso Seyyed Yamin und Mahdi. Ich bin sehr froh darüber, dass wir uns
gefunden haben, da wir gerade auch davon profitieren, dass wir somit nicht
nur aus dem Englischen übersetzen können, sondern auch aus dem Persischen
und Urdu. Bruder Yamin und Mahdi lernte ich durch Fatima (Um Hussein) und
einen Bruder kennen. Das bemerkenswerte ist, dass die meisten sich persönlich gar
nicht kennen.
MM:
Wie
koordinieren Sie Ihre Arbeit?
Hassan:
Eigentlich
hat jeder so seine persönlichen Vorlieben und übersetzt Artikel, die ihn
auch selbst sehr interessieren, oder die ihm wichtig erscheinen. Bei
Aktionen wie z.B. Aschura Spezial, oder nun das Imame Spezial, teilen
wir uns die Aufgaben auf. Wir sprechen dann kurz ab, wer was machen möchte
und legen einen Zeitplan fest. Ansonsten schreibt jeder Artikel oder
übersetzt welche, so wie es seine Zeit erlaubt. Wir alle sind ja entweder
berufstätig, oder gehen zur Schule oder studieren.
MM: Woher
bekommen Sie Ihre Texte und nach welchen Kriterien wählen sie die
Übersetzungsarbeiten aus?
Hassan:
Es gibt
glücklicherweise sehr viele englischsprachige Seiten, die wirklich tolle und
vor allem wertvolle Artikel online stellen. Diejenigen die uns gefallen,
wählen wir aus und übersetzen sie. Oft besprechen wir aber auch, was fehlt
oder was dringend benötigt wird und dann schauen wir im Netz nach und suchen
dann einen Artikel aus. Wie gesagt, es gibt noch soviel tolle Arbeiten die
es lohnt zu übersetzen, dass wir noch sehr viel vor uns haben. Öfters
bekommen wir auch Artikel von Geschwistern zugeschickt, die sie geschrieben
haben und uns zur Verfügung stellen. Dafür sind wir natürlich sehr dankbar,
denn es zeigt uns dass viele Geschwister auch Lust haben etwas selbst zu
verfassen oder zu übersetzen und online zu stellen, damit alle davon
profitieren können.
MM:
Können denn auch noch andere bei Ihnen mitmachen?
Hassan:
Ja
selbstverständlich können noch andere bei uns mitmachen. Gerade Geschwister
die aus dem Arabischen, Persischen und Türkischen übersetzen könnten, würden
uns eine große Hilfe sein. Auch bräuchte ich z.B. dringend Hilfe bei
Recherchen im Internet. Natürlich freuen wir uns auch über selbst
geschriebene Artikel. Wer noch mitmachen möchte, kann sich gerne mit mir in
Verbindung setzen. Denn eins ist klar, jede Hilfe ist wichtig und nötig,
damit wir unseren Geschwistern mehr Informationen über die Schia und unsere
geliebte Ahlul Bayt auf Deutsch zugängig machen können.
Ab nächsten
Monat wird Schwester Samam unser Team unterstützen und ich möchte sie im
Namen des Al Shia Teams schon mal herzlich willkommen heißen.
MM:
Was empfehlen sie anderen Muslimen, die Ihre Idee nachahmen möchten?
Hassan:
Ich denke
es ist immer besser, wenn sich mehrere Geschwister zusammen tun, um an einer
Seite zu arbeiten, damit sie sich gegenseitig unterstützen und somit auch
produktiver sind. Keiner von uns hat immer Zeit und kann immer mit der
gleichen Intensität an der Seite arbeiten.
Jedoch ist es
ratsam, vorher ein paar Punkte untereinander klären wie z.B. welche
Zielgruppe mit der Seite angesprochen werden soll, kurze Aufgabenverteilung,
aber vor allem gegenseitiger Respekt und nie das Ziel aus den Augen zu
verlieren. Gerade bei dem über Islam sollte man nur über etwas schreiben,
dessen man sich sicher ist, daher übersetzen wir oft auch nur, da wir uns
selbst manches Thema nicht zutrauen. Es wurden schon genug islamische Seite
gegründet die das Bild des Islams derart verzerren, dass sie nur noch
erschreckend wirken.
MM:
Sehr geehrte Schwester im Islam, wie danken für das Interview.
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