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Re: Muslime und Christen können gemeinsam Berge versetzen

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Von Christoph Sanders am 01. November 2009 12:34:32:

Als Antwort auf: Muslime und Christen können gemeinsam Berge versetzen von Yavuz Özoguz am 31. Oktober 2009 13:04:15:

Lieber Herr Özoguz,

es ist immer wieder sehr aufbauend ihren Feldzug von "unten" gegen das Böse zu sehen. Auch wenn es anders sein sollte, das Böse kann nicht von oben bekämpft werden. Zumindest nicht, solange es in den Kirchen um Machtpositionen, Hierarchien und Karrieren geht. Iran hat sein Staatssystem da sehr weise aufgebaut. Ein geistlicher Führer, der sich regelmäßig zur Wahl stellen, also Wahlkampf betreiben müsste, würde seine spirituelle Gottverbundenheit aufs höchste gefährden. Seelische Gottverbundenheit bedeutet Schwäche, spirituelle Verbundenheit mit der anderen Seite gibt dem Menschen Kraft und Willensstärke. Ein großes Dilemma, besonders in unserer Zeit, in der das Ego im Zentrum aller Wertvorstellungen steht und die Menschen zum sozialen, beruflichen oder schlimmer noch körperlichen Überlebenskampf gezwungen werden. Diese Art von Welt einzurichten ist wiederum sehr weise von Satan. So züchtet er sich viele, viele Jünger heran.

Beim Lesen Ihrer Zeilen springen mir des öfteren eigene Erfahrungen vor Augen und ich möchte Ihnen hierzu einige Zeilen schreiben. Sozusagen als Bestätigung, dass steter Tropfen den Stein höhlt. Und Sie haben ja schon viele Tropfen auf den Stein der Gottlosigkeit fallen gelassen. Bitte sehen Sie es nicht als Kritik oder als Verbesserungsvorschlag Ihrer Sicht. Ich interpretiere aus meiner eigenen Lebenserfahrung heraus. Auch ist nichts des Folgenden auf Sie persönlich bezogen.

Das Gleichnis mit dem Berg passt ausgezeichnet zu dem Egoproblem unsere Zeit und Imam Chomeinis Interpretation trifft auf den Punkt genau das, was geschieht, wenn sich die eigene Seele mit Gott verbindet; Gott sozusagen "sieht". Das Ich löst sich ganz von selbst auf und würde man versuchen das zu verhindern, ginge die Gottverbundenheit wieder verloren. Beides zusammen kann nicht existieren. Und das kann jeder Mensch wissen und muss es nicht glauben. Schliesslich ist die spirituelle Gottverbundenheit eine real existierende Empfindung. Unglücklicherweise -vielleicht auch aus gutem Grund- ist die Bibel und wahrscheinlich auch der Koran und die Thora rein weltlich geschrieben und die Essenz des Glaubens, also die Berührung unserer kleinen menschlichen Seele mit Gott, ist hinter Gleichnissen gut verborgen. Wer also nicht durch einen glücklichen Zufall oder die rechte Art zu beten diese Verbindung zu Gott zumindest einmal hergestellt hat, wird diese Gleichnisse und ihre Bedeutung nie vollständig erfassen, sondern nur intellektuell verstehen können. Die Bibel und sicherlich auch Koran und Thora öffnen ihre wahre Bedeutung nur denen, die Gott "berührt" haben.
In der spirituellen Verbundenheit mit Gott wird die Seele gottähnlich und der Mensch wird durchflutet von tiefer Liebe und Frieden, die sich mit den Mitmenschen verbindet. Das Ich löst sich auf und aus der Empfindung der göttlichen Liebe wird das Wir, welches Gott, die Menschen und einen selbst umfasst. In dieser Gottverbundenheit muss jeder üble Gedanke verdorren, noch bevor er einem gekommen ist. Das "Wir" macht auch keine Unterschiede zwischen Familie, Freunden, Fremden, Geschlechtern und Feinden. Wer die Aufforderung "Liebet eure Feinde" wirklich erfassen kann, hat Gott berührt. Wären alle Menschen dauerhaft seelisch mit Gott verbunden, bräuchte die Welt nicht ein einziges Gesetz, weil jeder Mensch wüsste, was recht und unrecht ist. Aber die Menschen wären auch nicht frei. Wir haben die Freiheit bekommen, auch und gerade in seelischer Hinsicht und sind deshalb ständigen Prüfungen unterworfen. Die Leiter zur Verbundenheit mit Gott wurde uns hingestellt, hinaufklettern müssen wir alleine. Selbstverständlich gibt es auch noch die Leiter nach unten; und der Abstieg ist leichter als der Aufstieg.
Die Aussage Imam Chomeinis, dass es keinen Unterschied zwischen den Ahl-ul-Bait und Gott gibt, passt ziemlich gut hierzu. Ich gehe davon aus, dass die Auserwählten des Islam spirituell mit Gott verbunden waren bzw. sind. Ihre Seelen sind also gottähnlich oder identisch mit Gott. Sie haben im Gegensatz zu Gott nur noch einen menschlichen Körper mit seinen vielfältigen Bedürfnissen, der sie an der vollständigen Verschmelzung mit Gott hindert. Sklaven ihres Körpers zu sagen, wäre wohl etwas übertrieben. Sie könnten auch Herr ihres Körpers sein. Trotzdem bleiben die menschlichen Seelen bis zum Tod des Weltlichen im Körper gefangen.
Den Weg zur Gottverbundenheit mit der Auflösung des Ich zu beginnen halte ich für gefährlich. Bewusst gelebte Selbstlosigkeit kann einem eine Illusion von Gottverbundenheit schaffen. Genauso wie bewusst ausgeführte gute Taten. Ich möchte nicht sagen das beides schlecht ist, das ist es gewiss nicht. Es sind bildlich gesprochen gute Kletterschuhe für die Leiter nach oben, mit denen man auf der Leiter nach unten leicht strauchelt. Der Weg zu Gott beginnt mit der Suche nach IHM auf spiritueller Ebene und berührt alle Ebenen unseres menschlichen Daseins. Das rechte Gebet dürfte für die meisten Gläubigen der beste Weg zum Ziel sein. Doch sind es nicht die Worte die zu Gott führen. Worte sind nur eine Stütze, ein Hilfsmittel. Nicht umsonst existieren Begriffe wie Lippenbekenntnis und Heuchelei. Die Suche ist eine seelische Suche die sich nicht wirklich in Worte fassen lässt.

Das Ich ist nach meiner Erfahrung eine rein weltliche und eher unbedeutende Sache, aber eine sehr große Versuchung. Die menschliche Seele hat sehr großen Einfluss auf das Ich. In Verbundenheit mit Gott verliert sich das Ich und das Göttliche regiert Körper und Geist. Alle Gedanken und Taten entspringen aus Gott und das Leben ist wie der Flug eines Vogels im Schwarm. Gleichzeitig wird der Mensch schwach, ein Lamm. Nicht in körperlicher oder geistiger Hinsicht, sondern eher in Bezug auf Wehrhaftigkeit. Diese Art von Schwäche ist schwer zu beschreiben. Es ist so eine Art pauschale Gutmütigkeit. Der Gottverbundene empfindet gegenüber seinen Peinigern keine Wut, sondern Trauer. Eine Traurigkeit, die auf den Anderen bezogen ist; keine Trauer um sich selbst.
Die Verbundenheit mit Satan ist für das Ich wie Spinat für Popeye, etwas einfach ausgedrückt. Sie verleiht grosse Kräfte und Durchsetzungsvermögen, trennt einen aber gleichzeitig von den Menschen und lässt die gesamte lebendige Welt um den Satanisten zu Objekten verblassen, die nach belieben benutzt und weggeworfen werden können. Der Satanverbundene "sieht" nur noch sich selbst. Die Mitmenschen, also die sozialen Kontakte, sind nur noch eine Pille gegen die Symptome der Verlassenheit, welche bei Bedarf geschluckt wird. Und die Wirksamkeit dieser Pille erstreckt sich auch ausschliesslich auf das Weltliche. Nimmt man dem Satanisten die Pille weg, zum Beispiel durch Mobbing, Ausgrenzung oder Trennung von Partner/Familie, passieren die schlimmsten Dinge bis hin zu Mord und Totschlag.
Nach meiner Beobachtung gibt es nur wenige gottverbundene aber auch nur wenige satanverbundene Menschen. Die meisten Menschen hierzulande sind eher wie Korken auf der bewegten See, die hin und her geschleudert werden, ohne ihre Richtung bestimmen zu können. Das hat hat wohl nicht zuletzt mit dem Zerfall und der Zersetzung der Kirche zu tun. Und wenn eine Meeresströmung die Korken alle in eine Richtung treibt, sind diese fest davon überzeugt aus eigener Kraft voranzukommen, ohne in der Lage zu sein, die Strömung zu erkennen. Ich denke, die spirituelle Zersetzung der christlichen Kirche war schon vor mehr als 1000 Jahren abgeschlossen, ansonsten wären die Kreuzzüge und Hexenverfolgungen nicht möglich gewesen. Ich habe den starken Verdacht, dass die Religion bei den meisten Christen nur noch im Kopf sitzt und nicht in der Seele. Mitlerweile ist sogar der institutionelle Zerfall schon weit fortgeschritten und die Leiter nach oben verblasst zunehmends.

Sie haben ganz recht, wenn Sie schreiben, dass der intensive Dialog zwischen Muslimen und Christen eine wertvolle Bereicherung sein kann. Ich würde auch die gottesfürchtigen Juden mit einklammern, von denen es ja leider nicht mehr allzuviele gibt. Viel zu viele sogenannte Juden beten nur noch den Dämon des Zionismus an und verbreiten Tod und Verderben.
Das, was die gottgläubigen Religionen vielleicht eines Tages einen wird, sind jedoch keine weltlichen Dinge. Verständnis, Toleranz und mögliche Zweckbündnisse sind zwar eine gute Basis, aber auch nicht mehr. Es wird meiner Meinung nach in der Zukunft keine Einheitskirche für die drei Religionen geben. Genauso wenig wird eine der Religionen die anderen "schlucken". Jeder Versuch so etwas zu erreichen würde zwangsläufig zum Kampf führen und die Gläubigen von Gott entfernen.
Der einzige Weg zur Einheit führt über die spirituelle Gottverbundenheit. Haben die Menschen diesen Zustand erreicht, würde beispielsweise eine Christin eine verschleierte Muslima sehen, jedoch keine verschleierte Muslima wahrnehmen, sondern eine Schwester in der Verbundenheit mit Gott. Und beide wären durch die göttliche Liebe miteinander verbunden.

Lukas 17,20-21: Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es!, oder: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch.


Hochachtungsvoll,

Christoph Sanders



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