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Israel und das deutsche Grundgesetz

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Von Yavuz Özoguz am 17. September 2009 11:30:30:

Der eigentliche Quds-Tag, der weltweit unter Muslimen begangene Gedenktag gegen die jahrzehntelange Besatzung Palästinas durch Israel, findet am letzten Freitag des Monats Ramadan, und damit morgen, statt (in Deutschland vorgezogen auf letzten Samstag). Dies soll Anlass dazu sein, einen Blick darauf zu werfen, wie deutsche Politiker ihr eigenes Grundgesetz mit Füßen treten, wenn es um Israel geht.

Artikel 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Aus Sicht des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland kann es keinen Unterschied der Würde eines Palästinensers gegenüber einem Israeli geben. Wenn also jemand behauptet, dass das Existenzrecht Israels zu schützen deutsche Staatsräson ist und gleichzeitig seit über sechs Jahrzehnten den Palästinensern das Recht auf Heimat verwehrt, handelt gegen den Sinn der eigenen Verfassung.

Artikel 1 (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

Wer den Palästinensern seit nunmehr sechs Jahrzehnten ihre Menschrechte verwehrt bzw. jene mit deutschen Steuergeldern unterstützt, die Palästinenser unterdrücken, handelt offenbar verfassungsfeindlich.

Artikel 2 (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

Wer einen Staat unterstützt, der genau dieses Recht Millionen von Menschen, die unter seiner Besatzung stehen, seit über sechs Jahrzehnten verwehrt, hat offenbar den Sinn der eigenen Verfassung nicht verinnerlicht.

Artikel 2 (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Wer einen Staat unterstützt, der genau dieses Recht Millionen von Menschen, die unter seiner Besatzung stehen, seit über sechs Jahrzehnten verwehrt, handelt verfassungsfeindlich.

Artikel 3 (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Wer einen Staat unterstützt, in dem Juden und Nichtjuden vor dem Gesetz nicht gleich sind, der widerspricht nicht nur der eigenen Verfassung, sondern sämtlichen Prinzipien der Menschlichkeit.

Artikel 3 (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Im Wahlprogramm der CDU heißt es zum Nahen Osten: "Wir bekennen uns zu der besondern Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel als jüdischen Staat." Und bei der FDP heißt es: "Das Existenzrecht Israels als jüdischer Staat ist für die FDP unverzichtbare konstante liberaler Außenpolitik." Wenn CDU und FDP für den Staat Israel jüdische Bürger gegenüber christlichen und muslimischen Bürgern bevorzugen, indem sie Israel nur als jüdischen Staat ansehen und nicht als Staat aller seiner Bürger, widerspricht das dem eigenen Grundgesetz und ist somit offenbar verfassungsfeindlich. Dabei wäre ein Deutschland, das Gleichberechtigung für jüdische, christliche und muslimische Bürger in Deutschland wie in Israel einfordert, sicherlich glaubwürdiger und verfassungskonform.

Artikel 4 (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Wer einen Staat unterstützt, der seit sechs Jahrzehnten dem größten Teil seiner unter Besatzung stehenden Bürger verwehrt, ihre heiligste einheimische Stätte in Jerusalem zu besuchen, handelt offenbar verfassungsfeindlich. Allein zwei Millionen Bürger des Gaza-Streifens können die Al-Aqsa-Moschee und den Felsendom nicht besuchen!

Artikel 4 (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden …

Wer einen Staat derart massiv unterstützt, in dem jeder Kriegsdienstverweigerer ins Gefängnis kommt, widerspricht der eigenen Verfassung.

Artikel 5 (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Wer einen Staat unterstützt, dessen unter Besatzung stehenden Bürgern dieses Recht nicht eingeräumt wird, verhöhnt seine eigene Verfassung.

Artikel 6 (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

Wer einen Staat unterstützt, in dem die Eheschließung nicht unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht und sogar jüdische Bürger, denen das Rabbinat das Judentum abspricht, nach Zypern fliegen müssen, um dort heiraten zu können, zeigt seine Doppelzüngigkeit bezüglich dem eigenen Grundgesetz.

Artikel 8 (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

Wer einen Staat unterstützt, der seinen nichtjüdischen Bürgern dieses Recht verwehrt, verdeutlicht, welche Missachtung er gegenüber Grundrechten verspürt.

Artikel 13 (1) Die Wohnung ist unverletzlich.

Wer einen Staat unterstützt, der Tausende und Abertausende von Wohnungen mutwillig zerstört, um Mauern und Siedlungen auf fremden Gebiet zu bauen, der bespuckt dieses Grundrecht.

Artikel 16 (1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.

Wer einen Staat unterstützt, dessen Außenminister immer wieder damit droht, ca. 20% der eigenen Staatsbürger die Staatsbürgerschaft entziehen zu wollen, weil diese eine andere Religion haben, der läuft Gefahr, als Rassist betrachtet zu werden.

Berechtigterweise wird ein Kritiker darauf hinweisen, dass das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland seinen Gültigkeitsbereich ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland hat und jeder andere Staat seine eigenen Gesetze hat. Zudem hat Deutschland nicht das Recht, sich in innere Angelegenheiten eines anderen Staates einzumischen.

Einmal abgesehen davon, dass deutsche Politiker sich – insbesondere unter Merkel – selten an jenen Grundsatz gebunden gefühlt haben, ist jene Kritik dann zutreffen, wenn Deutschland eine “neutrale“ Haltung zu jenem Staat hat. Wenn aber die deutsche Bundeskanzlerin in aller Öffentlichkeit den Schutz jenes Staates zur deutschen Staatsräson erklärt und neuerdings es nicht nur um “Israel“ geht, sondern um “Israel als jüdischen Staat“, dann darf der bundesdeutsche Wähler durchaus nachfragen, warum er als deutscher einen Staat unterstützen soll, welcher derart eklatant den eigenen Rechtsvorstellungen widerspricht.

Die Antwort auf diese Frage ist bekannt: Die Urgroßeltern der heutigen Jungwähler haben Verbrechen an Juden begangen, weshalb Deutschland eine besondere Verantwortung für den Schutz von Juden hat. Allerdings hat jene Antwort inzwischen auch einige Risse bekommen, denn sie scheint nicht für alle Juden zu gelten. Antizionistische Rabbiner (wer wollte ihnen absprechen, dass sie Juden sind) dürfen von nichtreligiösen Zionisten öffentlich beschimpft, verunglimpft und entwürdigt werden, ohne dass sich die deutsche Staatsräson gemüßigt fühlt sie zu schützen. Antizionistische Juden, denen ein Bundesverdienstkreuz für ihren unermüdlichen Einsatz für Menschenrechte verliehen wird, dürfen mit der geballten Macht der Medien derart verunglimpft werden, dass selbst der Bundespräsident Verständnis für die zionistische Position zeigt. Wo ist hier die Staatsräson zum Schutz von Juden? Zunehmend mehr und mehr Juden in Deutschland, die sich gegen die Verbrechen des Zionismus wenden, werden von der deutschen Staatsräson verächtlich behandelt und der öffentlichen Medienschelte ausgesetzt, ohne dass ein Nachkomme der “Tätergeneration“ unter Politikern jenen Juden zur Hilfe eilen wollte. Ist denn nur “Jude“, wer jedes Verbrechen Israels gut heißt?

Daher wird hier der Eindruck verstärkt, dass es weder um die deutsche historische Schuld noch um das Judentum geht, sondern um die Verteidigung eines hegemonialen Imperialismus zur gewaltsamen Verbreitung von Kapitalismus in der Welt. Und solch ein Anliegen ist sicherlich verfassungsfeindlich! Wo aber gab es jemals einen Staat, dessen Politiker zusammen mit ihrer Hofberichterstattung von sich aus zugegeben haben, jahrzehntelang verfassungsfeindlich agiert zu haben? Doch so lange das Wahlvolk sie wählt, trägt sie eine entscheidende Mitverantwortung.

Deutschland könnte mit seinen Potentialen ein wichtiger Akteur in der Weltpolitik und Vorreiter für Weltfrieden sein, aber nicht mit einer Politik die es zur Staatsräson erklärt, die Politik eines Staat schützen zu wollen, der seit seiner Gründung gegen das Internationale Recht verstößt. Wer Frieden für den Nahen Osten will, der muss sich für einen Staat mit gleichberechtigten Juden, Christen, Muslime und anderen Bürgern einsetzen. Wer aber vorgibt, Juden zu bevorzugen, um Zionismus zu fördern, der ist mitverantwortlich am Leid von Juden, Christen und Muslimen in der Region. Juden, Muslime und Christen müssen Hand in Hand gegen Zionisten aufstehen, denn Judentum, Islam und Christentum sind abrahamitische Religionen, aber der Zionismus ist eine unmenschliche Ideologie.



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