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Wenn ein Stein weinen könnte

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Von Yavuz Özoguz am 09. September 2009 11:03:47:

Wenn ein Stein weinen könnte

Gestern würde ein Stein wissen, dass er bald eine sehr große Ehre erhalten sollte, wenn ein Stein etwas wissen könnte. Und er würde sich wünschen, dass niemals ein Stein jene Ehre erhalten sollte, wenn sich ein Stein etwas wünschen könnte. Eine ganze Nacht lang hätte der Stein getrauert und gehofft, wenn der Stein trauern und hoffen könnte. Und er hätte geweint, wenn ein Stein weinen könnte. Denn er würde ahnen, dass er bald ein besonderes Grab markieren soll, wenn ein Stein etwas ahnen könnte.

Das Tor zum Wissen des Propheten, die Pforte zu der Nachkommenschaft der Ahl-ul-Bait war nach einem schweren Leben bei der Niederwerfung im Gebet einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. Was war das für ein bewegtes Leben voller Liebe und Trauer. Er war der erste Mensch, der im Haus des Propheten (s.) groß gezogen wurde. Er war es, der die erste Offenbarung an den Propheten (s.) miterlebt hat, da er als Einziger zur Höhle Hira kommen durfte. Er war der erste Mitbetende bei dem ersten Gemeinschaftsgebets des Propheten (s.) und seiner Ehefrau Chadidscha (a.). Er stand an der Seite der Propheten (s.), als nahezu sämtlichen Quraisch ihn verhöhnten. Er lag im Bett des Propheten (s.), damit dieser fliehen konnte, und er durfte als einziger Mensch sich als der Prophet (s.) verkleiden. Er war der Bruder des Propheten bei der Verbrüderung, eine Ehre die keinem anderen jemals zuteil wurde. Er war der Held in den Abwehrschlachten und Eroberer von Chaibar, selbst wenn viele andere geflohen waren oder versagt hatten. Er durfte das Licht und die Überfülle aus dem Haus des Propheten (s.) heiraten, so dass Licht und Licht sich vereinigt haben. Er war es, der nach dem Donnerstagsunglück bei dem Propheten (s.) bleiben durfte, als alle anderen Gefährten hinausbeordert wurden. In seinen Armen hat der Prophet (s.) seine Seele ausgehaucht. Er hat den Propheten (s.) eigenhändig gewaschen, als andere sich um de Nachfolge stritten. Er hat sein Totengebet mit nur wenigen Getreuen gebetet und er hat ihn beigesetzt, als alle anderen die Macht unter sich aufteilten. Er hat miterlebt, wie seine geliebte Ehefrau Opfer eines Angriffs auf sein Haus wurde und daran starb. Er musste Abwehrkriege führen gegen so viele Muslime! Der Held des Islam wurde von Muslimen angegriffen. Wie schmerzlich war doch die Abwehrschlacht gegen eine von einer Prophetenwitwe angeführte Truppe. Und am Ende seines Weges, wurde er von Abtrünnigen der eigenen Truppen ermordet.

Weder ein solch kurzer Text, noch alle Bücher der Welt könnten ausreichen, um diesen Mann zu beschreiben. Nur Gott und Sein Prophet (s.) sind in der Lage, ihn mit gebührenden Worten den Gläubigen vorzustellen: „Eure Beschützer sind wahrlich Allah und Sein Gesandter und diejenigen, die überzeugt sind, die das Gebet verrichten, die Zakat zukommen lassen während sie bei der Verbeugung sind.“ Jenen Vers des Heiligen Qur´an hat der vom Propheten (s.) ernannte Befehlshaber der Gläubigen erfüllt.

Und dieser Mann liegt seit gestern blutüberströmt in seinem bescheidenen Zimmer. Seine Söhne sind bei ihm. Das Imamat musste übergeben werden, das Vermächtnis der Wahrheit, das Licht der ewigen Leitung zur Glückseligkeit. Es blieb wenig Zeit. Denn morgen Abend schon, wird er zu seinem Schöpfer zurückkehren.

Gott holt die ihn liebenden zu sich, wenn ihre Zeit reif ist. Die größten Liebenden aber wissen selbst, wenn ihre Zeit reif ist, und übergeben ihre Seele von sich aus. Der Engel kommt, um ihnen zu dienen. Hatte nicht schon Jesus (a.) dem ihn anvertrauten Geist in die Hände Gottes befohlen?

Es sind die Tage und Nächte des segenreichsten Monats im islamischen Kalender. Der Monat Ramadan erfüllt die Herzen und das Licht der Liebe lässt Tränen fließen; Tränen, die ihren Weg bahnen über die Wangen und Lippen, so süß, so herzergreifend, so wunderbar.

Der Stein wird auf das Grab gelegt. Er wäre der traurigste Stein aller Steine, wenn er traurig sein könnte und gleichzeitig so dankbar, dass er ausgewählt wurde, wenn ein Stein froh sein könnte.

Was ist nur mit den Menschen, dass sie die Besten ihrer Zeit so grausam bekämpfen? Wie hartherzig sind Menschen, dass sie ohne mit der Wimper zu zucken von der “notwenigen“ Ermordung von Frauen und Kindern sprechen können “zur Selbstverteidigung“. Gibt es denn keine Herzen mehr, die jene Krankheiten erkennen? Sind denn alle Herzen so krank, dass ihnen selbst das Leben unschuldiger Frauen und Kinder gleichgültig ist? Gibt es denn keine Herzen mehr, die den eigenen Tod vorziehen würden, als zum Mörder von unschuldigen Frauen und Kindern zu werden? Was ist das für eine Selbstverteidigung? Was ist das für ein krankes “Selbst“?

Was sind das für Menschen, die die Unschuldigen und die Heiligen ermorden und dann Lügen über sie verbreiten? Wie steinhart muss ein Herz sein, dass es Lügen über einen Ermordeten verbreitet? Da wird der Heiligste Mensch nach dem Propheten Muhammad (s.) in einer der Heiligsten Nächte im Monat Ramadan zum Märtyrer und die meisten Muslime wissen es nicht einmal. Und falls sie es wissen, denken sie nicht darüber nach? Und sie wissen so wenig über ihn und noch weniger über seine geliebte Ehefrau Fatima (a.), mit der er in der morgigen Nacht zusammen kommen soll, am Brunnen der Erquickung mit dem Wasser der Erlösung.

Was ist mit den Herzen der Menschheit, dass sie so steinhart geworden sind, damals wie heute? Wo ist das Mitgefühl geblieben für Tausende und Abertausende an Hunger sterbende? Wie kann man Fasten und nicht an Hungernde denken? Wer ist daran schuld, dass unsere Menschengeschwister am Hunger sterben? Wo sind die Verantwortlichen für so viele grausame Waffen, so viel Unterdrückung, so viel Besatzung und Vertreibung? Welche Armeen verteidigen ihr eigenes Haus und welche kämpfen an anderen Enden der Welt? Wie hart muss ein Herz sein, dass es so blind wird?

Der harte Stein auf dem Grab der gelebten Treue zum Propheten (s.) würde sich gerne erweichen, aber er kann es nicht. Liebende Besucher kommen zum Grab und die Tränen fließen über ihre Wangen. Sie fallen auf den Stein. Träne um Träne befeuchtet den Stein und auch wenn der Stein selbst nicht weinen kann, so kann er immerhin Tränen tragen. Die Herzen der Menschen aber, die ihren Ursprung verleugnen und nicht daran denken, wohin sie gehen werden, sind so hart und so verschlossen, dass kaum eine Träne sie jemals erreichen kann.

Doch so lange wir leben, gibt es die Chance, das Herz zu erweichen. Die Heiligen Nächte liegen vor uns. Gestern war der Auftakt, morgen geht es weiter und Gottes Gnade hat es dieses Jahr in Deutschland so gelegt, dass die Dritte der Nächte mit dem Quds-Tag zusammen liegt. Welch eine besondere Chance für jeden Muslim seine Solidarität mit allen nach Freiheit dürstenden Menschen an solch einem spirituellen Tag auszudrücken: Tagsüber für die Befreiung der Unterdrückten der Welt demonstrieren und Nachts für die Befreiung der eigenen Seele. Nutzen wir die Chance!

Gott segne Muhammad seine Ahl-ul-Bait, die Arche der Gläubigen.



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