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Fasten gegen den Hochmut

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Von Yavuz Özoguz am 29. August 2009 11:43:33:

Fasten gegen den Hochmut

Die Annäherung an die Wahrheit birgt eine große Gefahr. Je näher ein Mensch sich der Wahrheit nähert, desto mehr kann er auch das Gefühl bekommen, dass er sich der Wahrheit nähert und in Hochmut verfallen, womit er alles verlieren würde!

Die Geschichte Mose (a.) bezüglich Hochmut ist eine der bekanntesten Geschichten im Islam, wie wahre Annäherung an Wahrheit erfolgt: Moses wird von Gott auf dem Berg aufgefordert das niederträchtigste Wesen zu finden und vorzubringen. Moses zieht los in die übelsten Viertel der Stadt und sieht dort alle möglichen Verbrecher. Zunächst denkt er jeweils, dass das die niederträchtigste Wesen seien, dann aber findet er jeweils eine Ausrede, warum sie so geworden sind und wie sie sich bessern könnten. Dann zieht er weiter zu den Huren und denkt sich zunächst, dass diese die niederträchtigsten Wesen seien, bis ihm die zuweilen traurigen Schicksale in den Sinn kommen und dass sie im Herzen dennoch gute Menschen seien könnten. Und so zieht er von Sündergruppe zu Sündergruppe um jeweils eine Ausrede zu finden, sie nicht zu verdammen. Zum Schluss findet er einen in Dreck gesuhlten Köter am Straßenrand liegen. Aber sein erster Gedanke, das unreine Tier könnte das niederträchtigste Wesen sein, wird sofort von seiner Vernunft korrigiert, die ihn daran erinnert, dass jenes Wesen keinen freien Willen hat und daher nur so ist, wie Gott es erschaffen hat. Am nächsten Tag zieht er alleine auf den Berg, und Gott fragt ihn, warum er Seinen Befehl nicht erfüllt habe. Moses (a.) antwortet, dass er den Auftrag erfüllt habe. Er habe sich selbst gebracht, er selbst wäre der Niederträchtigste, weil er so schlecht über die anderen gedacht habe. Daraufhin wird er von Gott noch mehr erhöht!

Die hier nur zusammen gefasste Geschichte wurde den Muslimen übermittelt von Prophet Muhammad (s.) dem vollkommenen Menschen, der lebendigen Offenbarung und der personifizierten Gnade. Er wurde gesandt, damit er dem Menschen helfe, seinen Charakter zu formen und seine Moral zu entwickeln zu einem Wesen, dass ungestört die Liebe Gottes empfangen kann. Er ist die Stadt des Wissens und Imam Ali (a.) ist das Tor zu der Stadt. Wer in die Stadt will, muss durch jenes Tor gehen.

Imam Ali (a.) hielt einstmals eine Predigt, die als Chutba al-Qasi´a in die Sammlungen eingegangen ist (192. Predigt in Nahdsch-ul-Balagaha). Sie wird Chutba al-Qasi´a (“die herabwürdigende Predigt“) genannt, weil sie Tadel gegen Iblis, den Verfluchten, enthält, aufgrund seines Hochmuts, da er sich nicht vor Adam (a.) niederwarf, und weil er der Erste war, der Fanatismus übte und falschem Eifer nachging. Die Predigt beinhaltet die Warnung an die Menschen, Satans Fußstapfen zu folgen. Darin heißt es u.a.:

„Dies ist das, wogegen Allah Seine gläubigen Diener beschirmt hat durch die Gebete und Zakat, die Mühe des Fastens an den (dazu) verpflichtenden Tagen, zur Beruhigung ihrer Glieder, um ihren Blicken Ehrfurcht und ihren Seelen Bescheidenheit einzugeben, ihre Herzen demütig zu machen und den Stolz von ihnen zu nehmen. Dies geschieht durch die Bestäubung ihrer ehrwürdigen Gesichter mit dem Staub der Bescheidenheit, durch Anheften ihrer ehrenvollen Glieder in Demut an die Erde und indem ihre Bäuche den Rücken erreichten durch Fasten in Erniedrigung (vor Allah), zusammen mit der Reinigung (ihrer Besitztümer), mit der sie von den Früchten der Erde und anderes für die Verelendeten und Bedürftigen hergeben.“

Auch hier wird deutlich, dass das Fasten nicht nur ein zeitlich versetztes Speisen ist, sondern tatsächlich auch den Abbau von körperlicher Trägheit durch Übergewicht bewirken soll. Vor allem wird aber deutlich, dass der Mensch auch durch das Fasten seinen Hochmut überwinden kann, einen Hochmut, welchen der Islam zu den großen Sünden zählt, wie es u.a. Imam Ridha (a.) deutlich bestätigt:

„Wenn jemand fragt warum das Fasten ihnen befohlen wurde, antwortet man: Damit man die Schmerzen des Hungers und des Durstes kennen lernt und dadurch aufmerksam wird auf die Hilflosigkeit des Jenseits, und damit der Fastende ehrfürchtig, demütig, hingebungsvoll, belohnend, in Lohnerwartung, erkennend und geduldig ist, gegenüber dem, was ihn betroffen hat an Hunger und Durst. Und somit verdient er die Belohnung (von Allah), da er sich zurückgehalten hat von den Gelüsten. Und (das Fasten erfolgt,) damit es sie auch in der Gegenwart belehrt, sie an die Verrichtung dessen gewöhnt, wozu sie verpflichtet worden sind, und zum Leitfaden für die Zukunft wird, und damit sie wissen, wie hart es für die Bedürftigen und arme Leute im Diesseits ist, damit man ihnen (Abgaben) entrichtet, was Allah, der Erhabene, für diese (Armen) an ihrem Eigentum zugesprochen hat.“

Die geliebte und einzige Tochter des Propheten Fatima (a.), Fürstin aller Frauen in den Welten, sagte:

„Und (Allah hat) das Fasten zu einer Festigung für die Aufrichtigkeit (errichtet).“

Und so ist dieser gesegnete Monat eine Gelegenheit für uns alle, uns Gottes Liebe mehr denn je zuvor anzunähern. Durch unsere eigenen Fehler, durch unsere eigenen Schwächen, durch Täuschungen, denen wir unterliegen oder die wir durch unsere eigenen Sünden nicht als solche erkennen, geraten Einzelpersonen wie auch Organisationen immer wieder aufs Neue in manchmal schwierige Situationen. Aber es ist die Gnade Gottes, die aus jenen Fehlern einen Segen gestaltet, so dass alle davon profitieren können. Die Einzelpersonen und Organisationen können ihren unbewusst aufgebauten Hochmut abbauen, die Betroffenen können sich läutern, Feindbilder können korrigiert bzw. differenziert werden und man kann sich wieder auf den Kern unseres Daseins konzentrieren, der nicht darin besteht, gegen etwas zu agieren, sondern als Liebesempfänger unsere Empfangsleistung zu steigern.

Allheilmittel gegen alle eigenen Schwächen und beste Vorbereitung für alle laufenden und bevorstehenden Prüfungen ist die Dankbarkeit. Die Dankbarkeit öffnet viele Türen und Tore. Die Dankbarkeit verstärkt die Empfangsleitung für die Liebe Gottes und Gott gibt seinem dankbaren Diener immer mehr, damit er immer dankbarer sein kann!



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