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Herrenmenschenjustiz in der Westlichen Welt und Leugnung eines Pascha

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Von Yavuz Özoguz am 23. Dezember 2011 10:34:20:

Herrenmenschenjustiz in der Westlichen Welt und Leugnung eines Pascha

Es gibt in der Westlichen Welt Straftatbestände, die das gesamte Ausmaß der Heuchelei offen legen. Eines dieser Straftatbestände heißt “Leugnung“.

In der Westlichen Welt wird immer wieder mit der geballten Macht der radikal-pro-zionistischen Hofberichterstattung die Propaganda verbreitet, es gäbe eine freie Meinungsäußerung. Man dürfe eine freie Meinung zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft haben. Man dürfe eine freie Meinung zu Religion und zur Politik haben. Ja, man dürfe selbst die absurdesten Dinge denken und sich darüber eine Meinung bilden.

Ja, das stimmt! So lange man nur die Meinung hat und sie nicht äußert, ist sie wirklich frei in der Westlichen Welt. Aber solch eine Meinung ist auch in jedem Land der Welt frei, selbst unter den übelsten Diktatoren und Tyrannen. Selbst in den USA wäre solch eine nie ausgesprochene Meinung frei. Interessant wird die Meinungsfreiheit erst dann, wenn es zu einer Meinungsäußerung wird, und da sagt die Westliche Welt: Jede Meinung, die dem Kapitalismus dient oder zumindest nicht schadet, darf auf frei geäußert werden. Selbst Meinungen, die schaden könnten, dürfen geäußert werden, so lange die Leserschaft überschaubar und kontrollierbar ist. Ansonsten weiß man schon, wie man den Meinungsäußerer mit Rufmorden (die freie Meinungsäußerung genannt werden) “fertig“ macht. Und was dem Kapitalismus dient, entscheidet die Westliche Welt selbst.

Anders ausgedrückt: Nirgends in der Westlichen Welt darf man zu jedem Thema frei seine Meinung äußern, überall gibt es Beschränkungen. Dennoch gibt die Westliche Welt vor, dass es Beschränkungen der Meinungsfreiheit nur in nichtwestlichen Ländern gäbe, wie China, Russland, Türkei, Iran usw.. Tatsache aber ist, dass es in der Westlichen Welt eine derart massive Einschränkung der Meinungsfreiheit gibt, dass es eher verwunderlich ist, wie die eigene Bevölkerung es hinnimmt. Die aktuelle eklatantesten Fälle der Einschränkung der Meinungsfreiheit heißt “Leugnung“. Aber was ist damit gemeint?

Es ist in der Westlichen Welt erlaubt in aller Öffentlichkeit die Existenz Gottes zu leugnen und dafür zu werben. Man darf die Jungfrauengeburt zu Weihnachten leugnen, selbst in manchen Kirchen. Man darf leugnen, dass die USA Millionen von Indianern ausgerottet haben und dass der Staat Israel ein rassistischer Staat ist. Man darf leugnen, dass Pornographie schädlich ist und man darf leugnen, dass das Adoptionsrecht für Homosexuelle Paare eine Verletzung der Menschenrechte des betroffenen Kindes ist. Man darf leugnen, dass Abtreibung in vielen Fällen Mord ist, dass Jesus gelebt hat und der Weihnachtsmann ein kapitalistisches Gift ist. Man darf leugnen, dass Deutsche nicht die Alleinschuldigen der Weltkriege waren und Banken damals wie heute die Menschheit plündern. Man darf leugnen, dass die USA eine Million unschuldige Menschen im Irak ermordet haben und der größte Verbrecherstaat unserer Zeit sind. Man darf leugnen, dass Israel die längste Besatzungsmacht unserer Generation ist und dass der Zionismus niemals vor hat, einen Palästinenserstaat zuzulassen. Man darf sogar leugnen, dass im Namen der Meinungsfreiheit der größte Medienkonzern seinen Mitarbeitern eine gewisse Treue zum rassistischen Zionismus abverlangt. Ja, man darf so ziemlich fast alles leugnen, wenn man sich diese Liste der Dinge anschaut, die man leugnen darf, ohne jemals dafür belangt zu werden, aber eben nur fast.

In Deutschland darf man den Holocaust nicht leugnen! Das ist ein Straftatbestand, der mit der deutschen Geschichte begründet wird. Man kann dafür schwerer bestraft werden, als für Vergewaltigung. Und Leugnen heißt dabei nicht nur, dass man die Behauptung aufstellt, Juden wären in Deutschland nicht verfolgt worden; was ja angesichts der Nürnberger Rassegesetze eine ohnehin absurde Behauptung wäre. Man darf nicht einmal das staatlich festgelegte Ausmaß anzweifeln oder es als übertrieben ansehen. Und selbst Details der Geschichte, darf man nicht anzweifeln. Wenn z.B. jemand behauptet, dass sehr viele unschuldige Juden erschossen wurden aber Gaskammern kaum eine Rolle gespielt haben, dann macht er sich gemäß deutschem Recht strafbar (außer er heißt Goldhagen).

Nun ist Frankreich auch mit einem neuen Leugnungs-Gesetz vorgeprescht. In Frankreich soll sich strafbar machen, wer leugnet, dass es einen Völkermord an Armeniern durch die Osmanen gegeben hat. Knappe 50 von 570 Abgeordneten waren zugegen, als das Gesetz debattiert und verabschiedet wurde. Die politischen Folgen für die Beziehung Frankreichs zu der Türkei sind verheerend. Was aber bei all jenen Diskussionen über den angeblichen Völkermord (habe ich mich jetzt strafbar gemacht in Frankreich?) nie berücksichtigt wird, ist das unmenschliche Herrenmenschengeschichtsbild, welches die Westliche Welt dem Rest der Welt zunehmend mit Waffengewalt aufzuzwingen versucht.

Für mich als türkischstämmigen Deutschen würde es keine Hürde darstellen, mich bei Armeniern, Juden, Indianern und allen anderen unterdrückten Völkern der Weltgeschichte zu entschuldigen für die Verbrechen, die an ihnen begangen wurden, wenn wir gemeinsam in unserer heutigen Zeit uns gegen jene Verbrechen, Vertreibung, Unterdrückung usw. einsetzen würden, die in der Geschichte verurteilt werden sollen. Ich habe damals nicht gelebt, ich kann nicht schuld sein. Was aber etwas verwunderlich scheint, ist die Tatsache, dass über die Hauptschuldigen durch die radikal-pro-zionistische Presse nie debattiert wird.

Nehmen wir also einmal an, dass es in der Zeit der Osmanen systematische Gräuel gegen die Armenier gegen hat und lassen uns nicht auf die ablenkende Falle ein, ob es ein Völkermord war oder nicht, so wäre zunächst nachzufragen, wer die damaligen Verbrechen zu verantworten hat. Es ist immer leicht, einen ganzen Staat – in diesem Fall das Osmanische Reich – dafür verantwortlich zu machen, aber die Geschichtsschreiber sind durchaus in der Lage etwas detaillierter die Geschehnisse darzulegen.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass jene Verbrechen (oder Kriegswirren, wie es die Türken gerne nennen), mit der Person von Talat Pascha (1872-1921) zusammen hängen. Das bestreiten weder die Türkei noch die Armenier noch die Franzosen, die jetzt die Völkermords-Leugnung unter Strafe stellen wollen.

Talat Pascha war Innenminister und Großwesir der Osmanen und einer der Anführer der so genannten Jungtürken. Er war 1906 n.Chr. Gründungsmitglied der jungtürkischen Partei Komitee für Einheit und Fortschritt (İttihad ve Terakki Fırkası) und sorgte dafür, dass die jungtürkische Bewegung um die Jahrhundertwende zunehmend Anhänger im türkischen Offizierscorps gewann. Er gehörte zu denen die die Sultane entmachteten und putschten.

Talat war als Innenminister des Osmanischen Reiches der Hauptverantwortliche für die nationalistisch motivierte Vertreibung der Armenier, die vor allem in den Jahren 1915/16 erfolgte. Die Armenier waren Christen, die unter den Muslimen Jahrhunderte lang in Freiden gelebt haben und ihre Religion ausüben konnten. Talat stellte als Innenminister die konkreten Deportationsbefehle aus, die offiziell als kriegsbedingte Umsiedlung einer unzuverlässigen Minderheit begründet wurden, wobei es zu Massakern kam. Es wurde u.a. durch Talat selbst versucht, seine Verantwortung zu relativieren. Sieh dazu ein Interview im Berliner Tageblatt (5. Mai 1916): „Unglücklicherweise gingen schlechte Beamte, in deren Hände die Ausführung dieser Befehle [Deportation] anvertraut worden war, beim Erledigen ihrer Pflicht auf die unvernünftigen Ausschreitungen ein. Diese tragischen Ereignisse haben mich mehr als eine schlaflose Nacht gekostet.“

Als sich die Kriegsniederlage des Hauptverbündeten Deutschland bereits abzeichnete, musste Talat am 8. Oktober 1918 zurücktreten. Er floh mit einem deutschen U-Boot nach Deutschland und lebte vom 10. November 1918 bis zu seiner Ermordung am 15. März 1921 unter dem Namen Ali Sai in Berlin. Während er unter einer neuen pro-britischen Regierung in Istanbul 1919 in Abwesenheit zum Tode verurteilt wurde, arbeitete Talat von Berlin aus an einem politischen Comeback in der Türkei, wo er die Milizen im türkischen Befreiungskrieg (Kuvayı Milliye) um Kemal Atatürk unterstützte, an deren Spitze er sich künftig zu stellen hoffte. Der neue Botschafter des Osmanischen Reiches in Berlin, Rifat Pascha, verlangte von den deutschen Behörden die Auslieferung Talat Paschas an die Türkei, nachdem er von dessen Aufenthalt in Berlin erfahren hatte und versuchte durch den Türkischen Club in Berlin Stimmung gegen die in Deutschland Asyl suchenden Jungtürken zu schüren. Die deutschen Behörden kamen dem Ausweisungswunsch Rifat Paschas allerdings nicht nach.

Am 15. März 1921 erschoss Soghomon Tehlirian Talat Pascha in der Hardenbergstraße in der Nähe seiner Wohnung. Tehlirian war Mitglied in dem geheimen armenischen Kommando Operation Nemesis, das die Täter des Massakers an den Armeniern verfolgte und tötete. Er wurde im folgenden Mord-Prozess in Deutschland vom Vorwurf eines Tötungsdeliktes freigesprochen. Er rechtfertigte das Attentat mit folgenden Worten: „Ich habe den Mörder meiner Frau und Großeltern gerichtet.“ Deutsche Offiziere, die der deutschen Militärmission im damaligen Osmanischen Reich angehörten, wurden verhört und erhoben Anschuldigungen gegen die Militärführung des Osmanischen Reichs, wobei der Staatsanwalt es abwies, Talats Verantwortung für die Massaker zu überprüfen. Das Gericht überprüfte lediglich, ob Tehlirian von Talats Schuld überzeugt war. Das reichte laut Staatsanwalt völlig aus, um Tehlirians Motiv zu klären. Talats Leichnam wurde am 25. Februar 1943 von Berlin nach Istanbul überführt, und dort beim Abide-i Hürriyet, dem Denkmal der jungtürkischen Revolution von 1908 begraben.

So weit also die Fakten, die nicht nur von Türken und Armeniern gemeinsam anerkannt werden, sondern auch von Deutschen, die nicht unbeteiligt waren an der Geschichte. Ein sehr entscheidender Aspekt aus dem Leben Talats wird aber fast immer in diesem Zusammenhang verschwiegen: Talat Pascha gehörte nicht nur der Freimaurergroßloge der Türkei an, sondern war auch noch der erste Großmeister einer Freimaurergroßloge in der Türkei! Bis heute haben sich die Freimaurer weltweit nicht von ihm distanziert; nicht einmal in Frankreich! Niemand verlangt von den Freimaurern, dass Sie sich von den Verbrechen Talats distanzieren oder ihn posthum ausschließen? Warum eigentlich nicht? Darf man darauf hinweisen, dass die Freimaurerei in den damaligen Wirren eine entscheidende Rolle gespielt hat? Oder gibt es hier jetzt bald ein Gesetz, dass dam das leugnen muss und die Nichtleugnung unter Strafe gestellt wird?

Ich halte nichts von Verschwörungstheorien, die irgendwelchen Geheimbünden alle Schuld dieser Erde auferlegen wollen, denn die Verbrecher sind ganz offen und deutlich erkennbar! Genau wie damals jener Talat bei Freund und Feind bekannt war, so sind auch die heutigen Verantwortlichen für Mord, Vertreibung, Kriegshetze und Ausbeutung der Menschheit bekannt. Es fällt aber auf, wenn bei einer hitzigen Diskussion über ein bestimmtes Thema, das weltweit so große Wellen schlägt, der Hauptverantwortliche überhaupt nicht vorkommt. Und da frage ich: Warum?

Kann es z.B. damit zusammen hängen, dass es bei der Diskussion – und der dazu verhängten Einschränkung der Meinungsfreiheit – gar nicht um die Aufarbeitung der Geschichte und Wahrheit geht, sondern nur um die Macht der Herrenmenschen über die Völker, die sich nicht mehr freiwillig unterwerfen wollen?

Morgen ist Weihnachten. Möge Jesus bald erscheinen.



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