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Dumawahlen in Russland

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Von Brigitte Queck am 07. Dezember 2011 19:36:23:

Dumawahlen in Russland

Eine empfindliche Wahlschlappe, eine Erdrutschniederlage, eine schallende Ohrfeige für Wladimir Putin, so tönen die Schlagzeilen betreffs der Staatsdumawahlen am 4. Dezember 2011 in verunglimpfendem Stakkato über die Westmedien. Der aufmerksame Leser oder Zuhörer wird hier unwillkürlich die Frage stellen, warum man Putin abfällig ins Visier nimmt, und nicht Medwedjew, der bekanntlich auf der Kandidatenliste der Partei „Einiges Russland“ als Spitzenkandidat gesetzt wurde und somit als designierter neuer Ministerpräsident fungiert.

Es ist in Russland unbestritten, dass es nicht der Putin-Faktor, sondern der Medwedjew-Faktor war, der mit knapp 50 % der Wählerstimmen zum Verlust der Partei „Einiges Russland“ von 15 Prozentpunkten gegenüber den Dumawahlen von 2007 führte und es zudem zu einem Rückgang der Wahlbeteiligung um 3 Prozentpunkten auf 60,2 % kam. Die Partei „Einiges Russland“ erlangte dennoch die absolute Mehrheit mit zwar nur noch 49,3 % der abgegebenen gültigen Wählerstimmen anstelle von 64, 3 % im Wahljahr 2007 . Sie verpasste auch die vorher innegehabte Zweidrittelmehrheit, behielt aber mit 238 Mandaten dennoch noch die absolute Mehrheit der insgesamt 450 Abgeordnetensitze in der Staatsduma Diese Mehrheit genügt zur Verabschiedung von Gesetzen außer Verfassungsgesetzen und wichtigen Strategiebeschlüssen, für die eine Mehrheit von mindestens 300 Stimmen erforderlich ist. Das vorläufige Endergebnis der Wahl lautet wie folgt: Gültige Wählerstimmen in % Mandate in der Staatsduma
Partei Einiges Russland 49,3 238 (bisher 315 )
Kommunistische Partei
der Russischen Föderation: 19,2 92 (bisher 57 )
Partei Gerechtes Russland 13,25 64 (bisher 38 )
Liberaldemokratische Partei
Russlands 12,0 56 (bisher 40 )
Partei Jabloko 3,30 - (bisher - )
Partei Patrioten Russlands 1,0 (bisher - )

Partei Rechte Sache 0,6 bisher-
Die größten Zugewinne an Abgeordnetenmandaten erzielten die Kommunisten, die jetzt eine Fraktionsstärke erlangt haben, die sie berechtigt, eigenständig Misstrauensanträge gegen die Regierung und Anträge auf ein Impeachmentverfahren gegen den Staatspräsidenten zu stellen. Die Regierung kann mit einfacher Mehrheit, der Staatspräsident mit Zweidrittelmehrheit gestürzt bzw. des Amtes enthoben werden. Anzumerken ist hier, dass die Kommunisten in einer besonders scharfen Gegnerschaft zu Medwedjew stehen, der von diesen oft in eine Landesverräterrolle, vergleichbar mit Gorbatschow und Jelzin, gestellt wird. Einen großen Zugewinn erzielte auch die Partei „Gerechtes Russland“, ein enger Bündnispartner der Partei „Einiges Russland“ und Wladimir Putins.

Es ist die ziemlich einhellige Meinung in Russland, dass der Medwedjew-Faktor die Einbußen an Wählerstimmen bewirkt hat. Medwedjew, derzeit noch russischer Staatspräsident, fungierte zwar als Spitzenkandidat von „Einiges Russland“, er hatte aber noch im Frühjahr 2011 diese Partei wegen zu großer Macht heftig kritisiert. Das hat nicht gerade Vertrauen dieser Partei in ihn befördert. Dass sich die Partei „Einiges Russland“ aber dennoch so gut halten konnte, ist vor allem der Tatsache zuzuschreiben, dass Russland dank der guten Arbeit der Regierung unter Ministerpräsident Putin die Folgen der Weltwirtschafts- und Finanzkrise ohne harte soziale Einschnitte und Verwerfungen, wie sie in den EU-Ländern zu verzeichnen sind, gut in den Griff bekommen hat. Es gab in Russland z. B. keine Rentenkürzungen und Mehrwertsteuererhöhungen, wie in vielen EU- und EURO- Ländern. Es gab in Russland keine ansteigende Inflation und kein Sinken der Realeinkommen der Bevölkerung, im Gegenteil ! Die Wirtschaft und der Lebensstandard Russlands entwickelten sich weiter in kontinuierlich aufsteigender Linie.

Kritiker, sowohl Putins als auch Medwedjews, liefen eher auf die Seite der Kommunisten als zur Jabloko-Partei über, oder übten Wahlabstinenz.
Die Jabloko-Partei wurde immerhin noch so stark, dass sie in zwei Regionalparlamente in Fraktionsstärke einziehen konnte, und zwar in das von Sankt Petersburg und Karelien (gleichzeitig mit den Wahlen zur Staatsduma fanden auch Wahlen für zahlreiche Regionalparlamente statt).
Der größte Teil der Wahlenthaltung ist aber auf politische Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit zurückzuführen. Gerade diese Tatsachen beweisen, dass auf die Bevölkerung wenig Mobilisierungsdruck zur Wahlteilnahme ausgeübt wurde.
Die Wahlen verliefen nach übereinstimmenden Aussagen der 700 internationalen Wahlbeobachter und der ca. 700 000 internen Beobachtern aus allen politischen Richtungen ehrlich, fair, korrekt und transparent. Die Wahlergebnisse entsprechen dem Stimmungsbarometer in der Bevölkerung, stellte u.a. Medwedjew in einem Gespräch mit seinen Anhängern fest.
Einige westliche Beobachter, insbesondere OSZE-Beobachter, natürlich auch maßgebliche Politiker der USA und der EU-Länder, hatten allerdings zu bemäkeln, dass die Wahlen nicht fair verlaufen seien und Wahlfälschungen stattgefunden hätten.
Diesem Reigen von Falschbehauptungen hatte sich erwartungsgemäß auch Gorbatschow angeschlossen. Sie konnten sich aber nicht auf relevante Erkenntnisse und Wahlbeschwerden stützen (vorliegende Beschwerden über Wahlunregelmäßigkeiten oder Fälschauszählungen wurden in aller Regel sofort untersucht und geklärt), sondern beanstandeten deswegen in erster Linie, dass eine Reihe kleiner Parteien nicht zur Wahl zugelassen worden waren.

Letzteres hatte aber nicht den Zweck einer politischen Diskriminierung, sondern diente dazu, eine verwirrende Parteienzersplitterung auszuschließen. Wenn das auch einige westlich orientierte Oppositionsparteien betraf, so ist es falsch, dass diese wegen ihrer politischen Meinung keine Wahlzulassung erhalten hätten. Solche Anwürfe sind deplatziert, denn bei der Nichtzulassung von Parteien ging es lediglich darum, dass diese die Auflagen des Parteiengesetzes und Wahlgesetzes für die Zulassung als wählbare Partei besonders hinsichtlich der Mitgliederzahl und Organisationsstruktur nicht erfüllten.

Mit Jabloko hatten die westlichen Neoliberalen durchaus auch ihre Partei ins Rennen geschickt. Solche neoliberal-westlich orientierten Parteien werden auf Grund der negativen Erfahrungen der Bevölkerung Russlands mit der neoliberalen Wirtschaftspolitik, insbesondere der verheerenden „Schocktherapie“ der 90er Jahre, von der überwiegenden Mehrheit des Volkes der russischen Föderation entschieden abgelehnt und bei Wahlen entsprechend abgestraft.
Wenn da z. B. die Nemzow- oder Kasparow-Partei zur Wahl angetreten wären, hätten sie, selbst mit großer westlicher Finanzausstattung, höchstens 0, 2 % der Stimmen bekommen. Sie wären also meilenweit unter der Sieben-Prozent-Hürde geblieben.
Man schämt sich in Russland, nicht nur Namen wie der Totengräber des Landes Gorbatschow oder Jelzin, sondern noch mehr Namen wie eines Nemzows oder Kasparows und anderer Strippenzieher des Niedergangs in den 90er Jahren in den Mund zu nehmen.
Was nutzt es dann, wenn solche Parteien als Nietenparteien in größerer Anzahl auf den Stimmzetteln figurieren?
Das Volk der Russischen Föderation hat mit dem Stimmzettel entschieden und an dem Wahlergebnis ist nicht zu rütteln, das sagt jeder objektive Wahlanalytiker.

In knapp drei Monaten, nämlich am 4. März 2012, finden nun Präsidentschaftswahlen statt. Der gegenwärtige Vorsitzende der Partei „Einiges Russland“, Wladimir Putin, wird dann als Kandidat dieser Partei für das russische Präsidentenamt kandidieren. 6 weitere Parteien haben ebenfalls das Recht, einen Präsidentschaftskandidaten aufzustellen und ins Rennen zu schicken.
Die politische Situation ist jetzt dergestalt, dass Medwedjew als Noch-Staatspräsident fungiert und gleichzeitig den Status eines designierten Ministerpräsidenten besitzt. Er muss aber von der Staatsduma noch in dieses Amt gewählt werden.

Nach der Verfassung und dem Wahlgesetz muss Putin erst nach seiner erfolgten Wahl als Staatspräsident das Amt des Parteivorsitzenden niederlegen.
Medwedjew könnte als Spitzenkandidat von „Einiges Russland“ Putin vorzeitig die Führung der Partei abnehmen. Das Szenario, dass Medwedjew entgegen den Abmachungen und Beschlüssen handelt, wird in Russland so gut wie ausgeschlossen.
Es muss dennoch vermerkt werden, dass Medwedjew weiter kein besonders gutes Verhältnis zu seiner Partei hat.
Sonst würde er als Spitzenkandidat auf deren Wahlliste und für den Posten des Ministerpräsidenten jetzt nicht erklären, dass die Partei mit dem Wahlergebnis vom 4. Dezember 2011 schon das höchstmögliche Resultat erreicht habe, kein besseres Ergebnis möglich gewesen wäre und folglich voll zufrieden zu sein habe.
Das zeugt von einem bedenklich distanzierten Verhältnis zur Partei „Einiges Russland“.

Die US-Regierung hat angesichts ihrer Enttäuschung über die Wahlen zur Staatsduma angekündigt, dass sie die finanzielle Unterstützung für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Russland, insbesondere für „Golos“ (Die Stimme), bei der bevorstehenden Präsidentenwahl stark erhöhen will.
Wie dabei aus Washington verlautet, sind bisher schon beträchtliche Mittel der US-amerikanischen Steuerzahler an die russischen NGOs wie „Golos“ geflossen.

Wer ist Golos ?
Die russische NGO “Golos, ist eine „regionale Zivilorganisation zur Verteidigung der demokratischen Rechte und Freiheiten” , wie sie sich selbst auf ihrer Webseite vorstellt.
Was hat es mit den Vorwürfen der westlichen Medien zu tun, dass diese Organisation in Russland „mundtot gemacht wurde“, bzw. wie Human Right Watch ( eine von Soros finanzierte Organisation !) äußerte, „Opfer einer Schmierkampagne geworden“ sei.
Russische Organe fanden heraus, dass Golos und andere NGOs, welche allesamt die Opposition unterstützen, Gelder aus dem Ausland erhalten haben, was gegen das russische Gesetz verstößt ( und übrigens in jedem Land der Welt, einschließlich den USA, verboten ist).
Golos führt auf seiner Webseite alle ausländischen Partner auf, von denen diese NGO unterstützt wird und Gelder erhält. Darunter finden sich vor allem die Spezialisten für “Regimewechsel”, die National Endowment for Democracy (NED) und das National Democratic Institute (NDI), zwei der wichtigsten US-Sponsoren der “Orangenen Revolution” in der Ukraine und der “Rosenrevolution” in Georgien,
mit Soros an der Spitze,
Auch die USAID ist als Partner von Golos gelistet.
Während US-Außenministerin Hillary Clinton am Rande der Bonner Afghanistankonferenz äußerte :“Wir sind ernsthaft besorgt über den Verlauf der Wahlen….„Die russischen Wähler haben eine umfassende Untersuchung aller glaubwürdigen Berichte über Wahlbetrug und -manipulation verdient“.( siehe: www.aktuellste-nachrichten.de/?ticker=Clinton&tm=1323226000 )
gab Marc Toner Sprecher des US-Außenministerium kurz danach unumwunden die Ausweitung der finanziellen Unterstützung von russischen Nichtregierungsorganisationen zu:
„Wir müssen mehr als neun Millionen Dollar für die Unterstützung eines freien und transparenten Prozesses bei den bevorstehenden (Präsidenten-) Wahlen in Russland ausgeben. Wie Sie wissen, liegt es in unserem Interesse, die Nichtregierungsorganisationen, sowie den Prozess selbst und nicht irgendwelche einzelne politische Parteien zu unterstützen“. Dabei gab er zu „Golos ist eine der vielen Nichtregierungsorganisationen, die von uns Hilfen erhalten“.

Das Ganze deckt sich mit der Äußerung des Vizepräsidenten der USA, Biden, kurz nach dem Ausbruch des „arabischen Frühlings“, wie er in der Westpresse genannt wird, als dieser sich mit Medwedjew , sowie einem Führer der russischen Opposition, Kasparow, traf und unverhohlen warnte „ sollte Putin sich wieder zur Präsidentenwahl stellen“, gäbe es „unausweichliche Ereignisse, analog denen in der arabischen Welt !“
( http://www.regnum.ru/news/polit/1382930.html#ixzz1I01sojqz )

7. 12. 2011

Hans-Jürgen Falkenhagen/Brigitte Queck



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