Rechtsterrorismus in Deutschland ( Teil 2 ) Parallel zur Hätschelung und Förderung der antikommunistischen Kräfte und Vereinigungen durch den Bonner Staat, übte dieser sich fast zrivei Jahzehnte lang in 'Vomeverteidigung" gegen "Staatsfeinde" - vor allem Kommunisten, aber auch des Leninismus unverdächtige, pazifistische Ghristen oder zur nationalen Einheit willige Gewerkschaftler. Mit 1951 verabschiedeten Paragraphen und damals gebildeten siebzehn tlbers Land verteilten speziellen "Staatsschutzkammern" wurde gegen rund hundertfünfzigtausend Westdeutsche wegen "Staatsgefährdung", "Geheimbirndelei", "Rädelsftlhrerschaff' und weiterer schwammiger "Delekte" ermittelt, wo statt der Tat die Gesinnung zählte. Rund sechzigtausend Leute landeten in Gefängnissen - "Zahlen, die einem ausgewachsenen Polizeistaat alle Ehre machen", wie Staatsrechtsprofessor Wernpr Maihofer, später Bundesinnenminister, schon 1965 konstatierte. Aber nicht nur die Zahlen taten das, auch die Methoden und die Urteile. Die fielen manchmal allein dank "Zeugen vom Hörensagen" - Beamte derpolitischen Polizeikommissariate gaben Aussagen ihrer V-Leute wieder, die weder benannt noch auf ihre Glaubwürdigkeit hinterfragt werden konnten. Nicht wenige FDJ-ler wurden 1953 allein für die bloße Mitgliedschaft in der Organisation hinter Gitter gesteckt. ln dieser Zeit saßen auch Menschen in Haft, weil sie "staatsgefährdenden Nachrichtendienst" und "landesverräterische Beziehungen" betrieben hatten, indem sie ab 1954 Zehntausende Kinder preiswert in DDR-Ferienlager schickten. Mit Sondezügen der Bundesbahn, die sich die Aktion jährlich von der Bundesregierung genehmigen ließ. 1961 - noch vor dem Mauerbau - drehte sich der Wind. Bonn verbot "Frohe Ferien ftir alle Kindef', die Justiz verknackte die lnitiatoren ftlr ihre Arbeit v o r dem Verbot. Ein elementarer Verstoß gegen Rechtsstaatsprinzipien, den auch Tausende KPD-Mitglieder ab 1956 zu spüren bekamen und den der Bundesgerichtshof damals mit der abenteuerlichen Begündung rechtfertigte, Tätigkeit für die KPD sei schon immer strafbar, jetzt aber mit dem Parteiverbot verfolgbar gewesen (womit sich auch Fragen nach der Raffinesse bei der rechtswidrigen Aburteilung ehemaliger "staatsnahed' DDR-Btrrger nach 1989 erübrigen - einschlägige Erfahrungen lagen ja vor). Erst seit August 1968, als die Aufhebung der 1951 eingeführten Gummiparagraphen in Kraft trat, war die strafrechtliche HaE wegen derartiger "Delikte" zu Ende. Bekanntlich fand sie seit 1972 mit den Berufsverboten eine arbeitsrechtliche FortseEung. Die Richter, welche bis Ende der sechziger Jahre diese Urteile "im Namen des Volkes" sprachen, waren zum größten Teil noch die aus der Nazi-Zeit. Jene, die später Kernkraftgegner verurteilten beziehungsweise Klagen von Hinterbliebenen der Opfer faschistischer Terrorjustiz gegen noch lebende Täter mit der Begründung ablehnten, es liege "kein hinreichender Tatverdacht vo/', waren bereits der Nachwuchs. lhre Sozialisation erfuhren sie sowohl in ihrer Ausbildung als auch im Beruf durch diese alten Richter. Wem nach dem Anschluss der DDR an die BRD die rücksichts- und verständnisvolle Behandlung neofaschistischer Gewalttäter durch Poilizei und Justiz, damals besonders augenscheinlich bis Spätherbst 1992, unbegreiflich war, hatte eigentlich gar keinen Grund, sich darüber zu wundern. Er hätte sich nur daran erinnern brauchen, wie rigeros die gleiche Polizei und Justiz in den fünfziger und sechziger Jahren gegen alljene vorgegengen waren, die auch nur im Verdacht standen, eine linke Gesinnung zu haben, oder die bis in die siebziger Jahre wagten, von ihren Btlrgerrechten Gebrauch zu machen, indem sie gegen den Bau von Kernkrafhrerken protestierten. (siehe dazu: Hans Fricke, "Davor-Dabei-Danach", GNN-Verlag 1999, 2., überarb. Auflage, ISBN 3-932725-85-9) Kein Wunder, dass von dieser Vorgeschichte des heutigen Neonazismus und rechten Terrorismus weder in den Sonntagsreden der Politiker noch in den Hochglanz-Broschtiren aus Anlass des 60. Jahrestages der Bundesrepublik zu hören bzllr. zu lesen ist. Darum fordert Heribert Prantl, "die Verstrickung zwischen Politik und Rechtsextremismus" zu entlarven und erklärt dazu in besagtem Leitartikel: " Sie geht auf Zeiten zurück, die weit vor dem kalten Krieg liegen, nämlich auf die Kaisezeit und den Beginn der Weimarer Republik, als nach dem Ersten Weltkrieg nicht nur Rosa Luxenburg und Karl Liebknecht von einer rechten extremistischen Clique ermordet wurden, sondern viele andere Menschen, die zur henschenden milit€lrischen Willkür in Opposition standen, einfach getötet wurden. Ein Bundesminister sollte sich nicht weigern, diesen langen politischen geschichtlichen Hintergrund des Rechtsextremismus anzusprechen. Die Linke und die Grünen sollten viel offensiver in die Öffentlichkeit gehen, um den korrupten Zustand der etablierten Parteien bloßzustellen.Lediglich eine Katharsis kann notwendige Konekturen in Autor : Hans Fricke |