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Re: Woran wir arbeiten muessen fuer einen wahren Frieden

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Von Willi Übelherr am 12. September 2011 03:28:10:

Als Antwort auf: Woran wir arbeiten m�ssen f�r einen wahren Frieden von Yavuz �zoguz am 09. September 2011 10:28:11:

lieber herr oezoguz,

dass schon der titel mich anregt, zu dieser frage stellung zu nehmen, also auch meine ganz persoenliche ansicht hierzu darzulegen, ist eigentlich selbstverstaendlich. weil auch fuer mich dies eine der hauptfragen menschlicher existenz auf diesem planeten ist.

zuerst will ich mich mit einem missverstaendnis ihrerseits beschaeftigen. und das ist der begriff des kommunismus. es war fuer sie bestimmt klar, dass sie mich damit provozieren, herausforderten, was ich auch gerne annehme.

es hat mit diesem begriff viel aehnlichkeiten wie mit dem allgemeinen begriffswirrwar um islam und christentum und judentum, demokratie, gerechtigkeit, gleichheit usw. wir muessen uns immer im klaren sein, dass wir zuvorderst die definitionsdominanz von kraeften und instanzen zerbrechen muessen, die die soziale atomisierung und aufloesung kooperativer lebensformen auf diesem planeten anstreben. und wir muessen uns auch selbst so ehrlich sein, die definitionsgrundlagen in unserem eigenen bewusstsein zu untersuchen.

der begriff kommunismus geht auf die pariser kommune zurueck, die als leuchtendes beispiel im industriellen zeitalter die kommunale selbstorganisation und damit die aufloesung zentralisierender instanzen proklamiert hat. die ideen hierzu sind so alt wie die menschen selbst. nur sind sie in den letzten jahrhunderten verloren gegangen. und diese frage der strukturellen selbstorganisation hat nichts zu tun mit spezifischen kulturellen aspekten, sondern sehr viel mit dem allgemeinen, dem prinzipiellen dasein der menschlichen art.

vereinfacht ausgedrueckt ist kommunismus der kommunalorientierte sozialismus. und sozialismus ist die gesellschaftliche organisationsform, wo das soziale, das menschliche, unser aller dasein im zentrum steht. insofern bezeichne ich alle gesellschaftsformen, die die allgemeinen lebensinteressen der menschen in ihren fokus stellen und sich daran orientieren, als sozialismen. hat eben etwas zu tun mit sozial, dem anderen verpflichtet.

es liegt nahe, dass wir damit das ganze geschwaetz der letzten 100 jahre zu proletariat und seiner diktatur und sonstigen erscheinungsformen getrost in den muell werfen koennen und uns wieder den freien geistern zuwenden, den wirklichen lebensfragen, dem frieden, der nur auf der grundlage der allgemeinen gleichwertigkeit aller bestehen kann. jede andere basis, die von diesem grundprinzip abweicht, wird notwendig den frieden zerstoeren muessen, um seine raubzuege organisieren zu koennen.

wir koennen auch sehen, dass friedlich sein eine unmittelbare funktion der eigenen existenziellen grundlagen ist. elitaere gesellschaften, also gesellschaften, wo sich gruppen herausbilden, die sich als leitfiguren definieren und auf parasitaerer grundlage existieren, werden notwendig ihre inneren reproduktionszwaenge nach aussen richten und versuchen, die konfliktloesung im externen umfeld zu suchen. umgekehrt koennen wir auch sagen, dass nur jene gesellschaftsformationen dem frieden sich verpflichten koennen, wenn sie in ihrer materiellen grundlage spannungsfrei, also friedlich, wirken.

das koennen wir auch auf jede andere ebene sozialer formierung anwenden. selbst im direkt persoenlichen lebensfeld kann dies gelten. insofern bleibt uns, wenn wir uns fuer einen wahren frieden entscheiden, gar nichts anderes uebrig, als unsere eigene existenzform auf eine friedliche grundlage zu stellen. und das erzwingt die gleichwertigkeit, weil nur sie den wahren frieden in den menschlichen beziehungen herstellt.

in dem gesagten sind selbstverstaendlich viele aussagen enthalten, die in ihrer kurzform eher plakativ daherkommen. wir sollten uns manch historischer ueberlieferungen erinnern, dass frueher, also zur zeit Ja'far al-Sadiq, auch genannt imam sadiq, die diskussionsverlaeufe ueber mehrere stunden sich hinzogen und die zuhoerer dies aufmerksam verfolgten. von daher koennen wir vielleicht nachvollziehen, auf welchem gewaltig hohen intellektuellen niveau die menschen in den zentren wissenschaftlicher diskurse, und dies vor allem im arabischen und westasiatischen raum, ihre praxis und reflexionen entfalteten.

heute ist davon leider nicht mehr viel uebriggeblieben, weil die methoden der schubladisierungen so ausgepraegt sind. die komplexitaet der fragestellungen hat nicht zugenommen, wohl aber wurde der raum verengt, in dem sich die antworten aufhalten koennen.

mit lieben gruessen, willi (uebelherr)



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