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Woran wir arbeiten müssen für einen wahren Frieden

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Von Yavuz Özoguz am 09. September 2011 10:28:11:

Woran wir arbeiten müssen für einen wahren Frieden

Das brutale Gesicht des Kapitalismus wird neuerdings nicht einmal mehr geschminkt, aber dennoch gibt es nicht hinreichend Widerstand dagegen. Woran liegt das?

Die historischen Formen der Sklaverei waren Jahrhunderte lang hoffähig. Hätten sich alle betroffenen Sklaven irgendwo zusammengeschlossen, hätten die Sklavenhalter ernsthafte Probleme bekommen, aber die Sklaven haben sich selten zusammengeschlossen. So hatte die alte Form der Sklaverei erst dann ein Ende, als Sklavenhaltung unter den Sklavenhaltern selbst nicht mehr hoffähig war. Es waren einzelne Menschen, die aufgezeigt haben, dass Sklavenhaltung unmenschlich ist. Die Menschen hatten sich weiterentwickelt, ja möglicherweise die gesamte Menschheit.

Der Kolonialismus war eine brutale Form der Unterdrückung ganzer Völker und Nationen, um Selbstsüchtige Eigeninteressen zu befriedigen. Wie ein Raubtier fielen die vom Gewinnstreben entmenschlichten Westler in der ganzen Welt ein und raubten die Bodenschätze und viel mehr. Die betroffenen Völker leisteten teils heftigen Widerstand. Aber zu groß war die technische Überlegenheit, die zur Unterdrückung der Menschen missbraucht wurde. Nicht nur der unterdrückte kolonialisierte Afrikaner oder Asiat wurde seiner Würde beraubt, auch die einfallenden westlichen Herrenmenschen verloren ihre menschliche Würde. Ganze Systeme wurden zu Tieren und noch schlimmer als Tiere. Entmenschlicht im Wahn des endlosen Mehrungsstrebens wurden jene unersättlichen Raubtiere nicht nur zu Geiern an Menschenaas, sie fingen auch an, sich wie Kannibalen gegenseitig zu zerfleischen. Der Erste und der Zweite Weltkrieg sind Weltkriege der Herrenmenschen untereinander und gegeneinander. Die unterdrückten Völker in Afrika, Asien und Lateinamerika führten lediglich Stellvertreterkriege der Herrenmenschen.

Nach den Weltkriegen wurden neue Gesellschaftsordnungen aufgebaut, wiederum ausgehend von der Westlichen Welt und deren “abtrünnigen“ materialistischen Gesinnungsgenossen im Osten. Zwei Raubtiere bedrohten sich gegenseitig und zerfleischten dabei die “Kleinen“. Der gesegnete Ay. Motahhari hatte es einstmals so ausgedrückt, dass das kommunistische und kapitalistische System wie die zwei Schneiden einer Schere sind, die zusammen wirken. Der kommunistische Block zerfiel und es verblieb ein kapitalistischer westlicher Block, der seine zuvor teils durch den Osten gebändigte Brutalität jetzt zügellos ausleben konnte. Die Brutalität, mit der die Westliche Welt die ganze Welt mit seinen Raubzügen überzieht, kennt keine Scham mehr. Jeder weiß, dass es in Libyen nicht um Menschenrechte geht, sondern um reine Raublust der Westlichen Welt. Aber dennoch spielen fast alle mit. Jeder weiß, dass der Irak ein von den USA besetztes Land ist, und dennoch spielen fast alle mit. Jeder weiß, dass die westliche Welt in Afghanistan nichts zu suchen hat, aber dennoch spielen fast alle mit. Jeder weiß, dass die Saudis von der Westlichen Welt an der Macht gehaltene Verbrecher sind, aber dennoch spielen fast alle mit; allen voran die Hofjournalisten. Und jeder weiß, dass Israel die längste Besatzungsmacht unserer Epoche ist, und dennoch wird es von der Westlichen Welt zunehmend unterstützt. Und die gesamte Unterdrückung der Welt geschieht zudem mit Geldern, die wiederum geraubt sind, teil von den eigenen noch gar nicht geborenen Enkeln! Gerade heute wurde in den USA der Druck von mehreren 100 Milliarden US-Dollar angekündigt, was einem weiteren astronomischen Raum gleichkommt. Eine einzige jener Milliarden würde reichen, alle aktuell Hungernden in Afrika zu versorgen! Ausgehend von obiger Betrachtung könnte man in letzter Konsequenz zu dem Schluss kommen, dass die Westliche Welt von Raubmördern regiert wird!

Genau das behaupten auch Terroristen. Sie argumentieren damit, dass die Westliche Welt Terror über die ganze Welt verbreitet und daher auch mit Terror überzogen werden dürfte. Sie übersehen dabei, dass sie selbst genau so unmenschlich werden, wie jene, die sie vorgeben zu bekämpfen! Denn das Gegenmittel gegen Terror ist nicht Terror, wenn man das wahre Ziel des Lebens vor Augen hat.

Szenenwechsel in eine Zeit vor ca. 1300 Jahren in Arabien. Damals gab es die heutige imperialistische “Westliche Welt“ nicht. Damals war – übertragen in die Dimensionen der damaligen Zeit, damalige Region und in damalige Möglichkeiten die Dynastie der Umayyaden die “Herrenmenschen“, die alle Widersacher mit Gewalt überzogen; noch dazu im missbrauchten Namen des Islam; genau wie heutzutage im missbrauchten Namen der heutigen Religionen Freiheit und Demokratie Menschen bombardiert werden! Doch die Macht der Umayyaden war am schwinden. Eine konkurrierende Herrenmenschendynastie der Abbasieden wollte an die “Weltmacht“. In dieser Situation des Machtwechsels gab es einige wenige Jahrzehnte eine Art Machtvakuum, in der der wahre Islam zur Blüte reifen konnte. Der Urenkel des Propheten Muhammad namens Imam Dschafar Sadiq (a.) konnte Generationen von Gelehrten ausbilden. Die militärische Macht der Umayyaden war am schwinden und die der Abbasiden noch nicht stark genug, so dass viele Muslime zu Imam Sadiq (a.) kamen und ihm anboten, für ihn zu kämpfen, damit er an die Macht komme und der wahren Lehre des Friedens zum Sieg verhelfen könne. Aber Imam Sadiq (a.) lehnte alle jene Angebote ab. Was war der Grund? Wäre es nicht besser gewesen, er hätte regiert anstelle der danach kommenden Abbasiden, die die Menschen noch schlimmer unterdrückt haben, als es die Umayyaden bereits taten?

Derartige Fragen kann man nur dann sinnvoll beantworten, wenn man sein Lebensziel kennt! Es ist NICHT das Lebensziel des Islam, dass Menschen über andere herrschen! Es ist nicht das Lebensziel des Islam, Wahrheit mit falschen Methoden durchzusetzen. Es ist nicht das Lebensziel des Islam “Kollateralschäden“ zu produzieren und dabei Tausende und Abertausende unschuldige Frauen und Kinder zu ermorden. Es ist nicht das Ziel des Islam, dass Muslime reicht werden, während der Rest der Menschheit hungert. Es ist nicht das Ziel des Islam, die das Herz mit Licht erfüllende Erkenntnis über den Schöpfer und die Schöpfung mit dunklen Machenschaften zu verbreiten. Es ist nicht das Zeil des Islam, dass der Mensch derart in diese Welt verliebt ist, dass er sein wahren Ziel und seine wahre Herkunft vergisst!

Das Ziel des Islam ist es, den Menschen zu lehren, dass er als Stellvertreter Gottes dafür erschaffen wurde, die Liebe Gottes zu empfangen, und zur Erlangung der höchsten Stufe der Liebe ihm Freiheit gewährt wurde. Die Wahrheit muss sowohl inhaltlich als auch von den gewählten Methoden so klar und eindeutig von der Falschheit zu unterschieden sein, dass niemand jemals behaupten kann, er hätte es nicht wissen können, ohne sich selbst zu betrügen; dazu einige klare Beispiele unserer Zeit:

Die Islamische Republik Iran hat seit ihrer Gründung noch kein einziges Land jemals militärisch bedroht oder angegriffen. Israel hat JEDES seiner Nachbarländer schon mehrfach mit Kriegen überzogen und unzählige Zivilisten getötet. Die Islamische Republik Iran hat kein einziges Land besetzt. Die Westliche Welt, angeführt von Israel, hält heute noch viele Länder unter militärischer Besatzung. Die Islamische Republik Iran hat niemals irgendwelche Diktatoren mit Militärgewalt gegen die eigene Bevölkerung an der Macht gehalten. Die Westliche Welt hält sich gleich mehrere despotische Könige und Prinzen in der ganzen Welt. Die Islamische Republik Iran hat nicht einmal in Verteidigungskriegen Massenvernichtungswaffen eingesetzt. Saddam aber durfte mit voller Unterstützung der Westlichen Welt Chemiewaffen gegen den Iran und die eigene Bevölkerung einsetzen! Wahrheit und Falschheit müssen klar und deutlich voneinander unterscheidbar sein, so dass niemand einen Vorwand haben kann, er habe es nicht wissen können.

Imam Sadiq (a.) hat einstmals jegliche Angebote für ein militärisches Vorgehen abgelehnt. Er war nicht gekommen, um Länder zu erobern. Er war gekommen, um Menschen zu erziehen. Nicht anders war es bei seinem Urgroßvater, den Propheten Muhammad (s.). Auch wenn die Wissenschaftssöldner der westlichen Herrenmenschen heute ein anderes Bild zu verbreiten suchen, hat Prophet Muhammad (s.) nie einen Eroberungsfeldzug geführt. Als wichtigsten “Schwerthieb“ aller Verteidigungskriege, die er (s.) führen musste, hat er eine Hieb Imam Alis (a.) gegen die Belagerer Medinas bezeichnet, bei dem nicht der Schwerthieb, sondern die Selbsterziehung im Vordergrund stand!

Was aber bedeutet das übertragen auf unsere heutige Situation? Der Raubtierkapitalismus kämpft gerade sein letztes – und wahrscheinlich brutalstes – Gefecht. Wer weiß wie lange der Kampf dauern wird? Was danach kommt, wissen wir nicht. Aber eines sollte uns klar sein: Wirklich “retten“ können wir letztendlich nur einen einzigen Menschen: Und wer auch nur einem einzigen Menschen das Leben rettet, für den ist es so, als habe er die ganze Menschheit und noch viel mehr gerettet (vgl. dazu Heiliger Qur´an 5:32). Und dieser eine Mensch, den JEDER retten kann, bist DU!

Was aber bedeutet hier “retten“? Es bedeutet, dass der Mensch endlich menschlich wird, und zwar er selbst, jeder für sich! Wer für sich etwas wünscht, was er den anderen nicht gönnt, der behindert seine Menschlichkeit. Wer die Bild-Zeitung regelmäßig liest verkauft seine Menschlichkeit. Wer seine Blicke nicht kontrolliert, wer durch seine Gelüste beherrscht wird, der gibt dem “Tier“ in sich Macht und verliert dabei Menschlichkeit. Wer sich nicht für Frieden und Glückseligkeit in der eigene Familie wie bei allen, die darum ersuchen, einsetzt, der verdunkelt das Licht, das er auszustrahlen vermag. Wer Güter auf Pump besitzen möchte, die er nicht unbedingt braucht, wer unnötige weltliche Güter für sich und seine Familie auf Raten anschafft, obwohl er es sich nicht leisten kann, verankert sein Leben im Diesseits und amputiert seine Freiheit. Wer seine eigenen Triebe nicht beherrschen kann, kann Präsident der USA oder eines westlichen Staates werden, aber niemals wahrer Mensch.

Die Lehre des Islam dient dazu, den Menschen menschlich werden zu lassen. In einer Zeit, in der die Welt im heftiger werdenden Wirtschaftskrieg zu versinken droht, ist es wichtiger denn je zuvor, dass wir Muslime mit unserer Selbsterziehung voranschreiten und verdeutlichen, dass der wahre Mensch wirklich unabhängig und frei sich für Frieden einsetzen kann, einem Frieden, der niemals mit Raketen und Bomben erzielt werden kann, einem Frieden, der nicht auf Pump oder faktisch sogar auf Raub beruht. Der wahre Frieden hat seinen Ursprung im Menschen und nicht in den äußeren Umständen. Und es wird höchste Zeit, dass wir Muslime diesbezüglich intensiver als sonst an unserer Selbsterziehung arbeiten. Der Monat Ramadan, der Monat der Selbsterziehung liegt hinter uns. Jetzt läuft das Jahr der Selbsterziehung mit dem Ziel des Pilgerns, und jeder muss dabei von seinem eigenen “Ich“ auswandern, zum “Wir“ mit dem Ehepartner, zum “Wir“ mit der Familie, zum “Wir“ mit den Nachbarn, zum “Wir“ mit den Mitbürgern in der Heimat, zum “Wir“ mit der Menschheit, zum “Wir“ mit der gesamten Schöpfung, um eines Tages zu verstehen, dass es nur ein wahres “Wir“ gibt; das “Wir“ des Schöpfers allein, durch Den jedes Licht strahlt, denn Er ist das Licht der Himmel und der Erde.



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