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Wer radikalisiert die muslimische Jugend?

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Von Yavuz Özoguz am 05. Mai 2011 10:07:19:

Wer radikalisiert die muslimische Jugend?

Jugendliche neigen dazu, “radikale“ Ansichten zu vertreten, weil ihr Gerechtigkeitssinn noch nicht von der “Realpolitik“ verwässert wurde. Doch wer radikalisiert muslimische Jugendliche in Deutschland ins Fanatische und jagt sie gegen “Westliche Werte“?

Nehmen wir einmal an, dass USAma die letzten Jahre noch am Leben war (was schwer zu glauben ist). Und nehmen wir auch einmal an, dass ein US-Spezial-Sonderkommando in einem 40-minütigen Gefecht vier Bedienstete, neun Frauen und 23 Kinder überwältigt hat (was schwer zu glauben ist). Und nehmen wir auch weiterhin an, dass jene Dutzende Über-Rambos trotz unbewaffneter Gegenwehr von USAma in der Lage waren, seine geheimen Mächte zu überwinden; schließlich kennen wir ja alle die dunkle Seite der Macht, und wie sie sogar gegen Meister Yoda ohne Waffen bestehen konnte. Nehmen wir weiterhin an, dass dieser Überwältigte dann im Meer versenkt wurde, und zumindest die Haifische am Geschmack die Identität des USAma identifiziert und bezeugt haben, dann stellt sich die Frage, welche Auswirkungen diese Nachricht auf die Jugendlichen in Deutschland hat?

Gleich mehrere Lokalzeitungen, aber auch einige überregionale, haben sich an benachbarte islamische Gemeinden gewandt und nachgefragt, wie denn die muslimische Gemeinde die Tötung von USAma aufgenommen hat (die schreiben natürlich Osama, wenn sie ihn nicht mit Obama verwechseln). Was für eine Frage!? Hat irgendeine jener Zeitungen irgendeine jüdische Gemeinde in Deutschland angeschrieben, als Baruch Goldstein ein Massaker in der Abrahams-Moschee an betenden Muslimen verübt hat und dann getötet wurde? Hat irgendeine Zeitung die lokalen christlichen Gemeinden gefragt, was sie davon hält, dass Bush den Kreuzzug ausgerufen hat? Aber muslimische Gemeinden, die absolut nichts von USAma, Sohn des Laden, wissen, und keinerlei Zugang zu irgendwelchen halbwegs vernünftigen Informationen diesbezüglich haben, sollen sich dazu äußern, was sie davon halten. Die Gemeindevorsteher werden diese Befragung durch die Zeitungen in ihren Gemeinden erörtern. Wie kommt das wohl bei jugendlichen Muslimen an?

Seit Jahren wird den Muslimen – insbesondere den jugendlichen Muslimen Stakkato-artig und in immer neuen Formen und Varianten eingedrescht, dass sie sich gefälligst vorbehaltlos in die jüdisch-christliche Leitkultur zu integrieren haben! Teils erfolgt dies subtil, teils mit Androhung von Sanktionen. Bedauerlicherweise ist bisher niemand auf die Idee gekommen, den Muslimen einmal konkret zu erklären, worin denn die jüdisch-christliche Leitkultur besteht. So muss der muslimische Jugendliche – insbesondere derjenigen, der zur Radikalität neigt – sich selbst zusammenreimen, was jüdisch-christliche Leitkultur bedeutet.

An diesen Tagen erfährt er an sehr konkreten Beispielen, was darunter zu verstehen ist. Keine geringere als die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland drückt ihre Freude über die Tötung eines Menschen aus, obwohl es in Deutschland keine Todesstrafe gibt und das Christentum ebenfalls die Tötung – insbesondere eines Unbewaffneten – nicht vorsieht. Obwohl sich mächtig Widerstand im Volk regt gegen diese Äußerung der Kanzlerin, nimmt sie ihre Aussage, die möglicherweise sogar als Billigung einer Straftat bzw. eines Völkerrechtsverbrechens gewertet werden könnte, nicht zurück, sondern relativiert sie dadurch, dass sie “missverständlich“ herübergekommen sei. Noch während die Debatte läuft, springt ihr der Zentralrat der Juden in Deutschland zur Seite und rechtfertigt ihre Freude. Wie also soll sich wohl der radikalisierungsgefährdete muslimische Jugendliche die jüdisch-christliche Leitkultur vorstellen?

Ganz nebenbei hat die USA auf fremdem Boden – nämlich in Pakistan – eine Kommandoaktion durchgeführt, über die sowohl die USA als auch Pakistan übereinstimmend vermelden, dass Pakistan davon nichts wusste. Es spielt an dieser Stelle keine Rolle, welche Geheimabsprachen zwischen den USA und dem ihr hörigen pakistanischen Geheimdienst erfolgt sind, denn davon erfährt man nichts. Vielmehr haben wir die Faktenlage, dass die USA auf fremdem Boden jemanden töten darf, den sie für einen Massenmörder hält, ohne dass es jemals ein Gerichtsverfahren gab. Selbst wenn man sämtliche Morde, die man USAma zur Last legen könnte und noch dazu die Opfer jener Terroranschläge, die ihm nicht direkt zuzuordnen sind, auch ihm zuordnen würde, käme man in zehn Jahren über eine Zahl von schlimmstenfalls 10.000 kaum hinaus. Aber allein der US-Präsident ist für allein 1.000.000 unschuldiger Toter im Irak verantwortlich! Auch die unschuldigen Toten in Afghanistan, die von der US-Armee ermordet wurden, dürften bei weitem die fiktive Mordzahl USAmas übertreffen. Nicht mitgerechnet sind die Langzeitfolgen durch die Uranmunition, die die USA in jenen Ländern eingesetzt hat und die nachweislich zu Tausenden und Abertausenden Missbildungen geführt haben. Welches Gerechtigkeitsgefühl wird wohl der radikalisierungsgefährdete muslimische Jugendliche entwickeln, wenn er diese Fakten hört und liest? Und er liest sie, denn sie stehen überall in der muslimischen Welt!

Wenn dann solch ein radikalisierungsgefährdeter Jugendlicher sich hinsetzt und von allein und/oder “geführt“ von einem “Führungsoffizier“ über diese Dinge nachdenkt, zu welchem Schluss wird er kommen? Nehmen wir einmal an, er stellt sich und der jüdisch-christlichen Wertegemeinschaft die Frage, ob denn nur die USA auf fremdem Boden Tyrannen töten dürfen, oder ob auch ein Volk, dass seit nunmehr sechs Jahrzehnten unter Besatzung lebt, sich mit Waffen wehren darf, welche Antwort wird er erhalten? Würde er die Frage öffentlich stellen, würde der Verfassungsschutz ihn anfangen zu observieren. Also stellt er die Frage nicht öffentlich, sondern frisst sie in sich hinein. Seine innere Antwort ist: „Gemäß jüdisch-christlicher Wertegemeinschaft darf die USA töten wo immer sie will, und Deutschland wir immer zu seinem Verbündeten stehen, selbst wenn das Verbrechen noch so groß ist und selbst wenn die Morde gegen das eigene Grundgesetz, gegen das Völkerrecht und gegen das Judentum und Christentum erfolgen (wie z.B. im Irak oder die Ermordung von Kindern im Libyen, unabhängig davon, ob Kinder von berühmten oder weniger berühmten Menschen).“ Sofort fällt dem Jugendlichen wieder Guantanamo ein. Und er fragt sich, warum die Westliche Wertegemeinschaft jenes Folterlager so viele Jahre mitträgt? Eine Antwort erhält er nicht. Und nicht zuletzt fragt er sich, warum man einen muslimischen Feind auf See bestatten darf (wann hat es in der Kriegsgeschichte so etwas gegeben?) und das auch noch gutgeheißen wird?

Da können noch so viele Salafisten zu einem noch so skurrilen angeblichen Totengebet in die Frankfurter Innenstadt aufrufen und es kann erlaubt oder verboten werden, die Wirkung, die jene merkwürdigen Gestalten erzielen, indem sie für ein ermordetes Phantom beten wollen, aber gleichzeitig nie über die Opfer der Despoten von Saudi-Arabien, Bahrain und anderen Tyrannen getrauert haben, ist begrenzt und vor allem nicht nachhaltig. Aber die Wirkung, die allein die Bundeskanzlerin Merkel mit einer einzigen Äußerung bei radikalisierungsgefährdeten muslimischen Jugendlichen erzielt, dürfte dem Verfassungsschutz für Jahre hinweg hinreichend Arbeit beschert haben. Denn nach der “Logik“ solcher Fanatiker tun sie ja nichts anderes, als sich nahtlos in die Denkweise der jüdisch-christlichen Leitkultur zu integrieren: Sie wollen töten und sich dann darüber freuen. Und sobald die Argumentation der Westlichen Welt bei ihren weltweiten Morden sich in keinster Weise mehr von der Argumentation der Terrororganisationen unterschiedet (die RAF hatte einstmals genau die gleichen Argumente für den Tyrannenmord), wird auch ein Staat zum Terroristen, selbst wenn das im Rechtssystem nicht vorgesehen ist.

Was aber ist zu tun. Wie ist dieser Teufelskreis zu durchbrechen? Wie kann radikalisierungsgefährdeten muslimischen Jugendlichen erläutert werden, dass sie aus dieser Spirale der Gewalt aussteigen müssen (bzw. gar nicht erst einsteigen), um nicht das Unrecht mit neuem Unrecht zu füttern? Und es sind nicht nur radikalisierungsgefährdete Muslime, die dieser Tage in der ganzen Welt von den Oberhäuptern der Westlichen Welt fanatisiert werden! Ähnliche Argumentationsmuster dürften bei rechtsradikalen wie linksradikalen Jugendlichen wirken.

Die Antworten hierauf sind komplex und langwierig, aber wir müssen sie immer wieder lehren, immer wieder vorleben und immer wieder in der Sprache der Jugendlichen erläutern. Zunächst einmal müssen wir klipp und klar machen, dass jene uns von den Anführern der Westlichen Welt vorgelebte Leitkultur NICHTS mit Judentum und/oder Christentum zu tun hat. Sie steht in diametralemWiderspruch dazu! Die deutsche Partei mit dem “C“ in ihrem Namen spuckt doch dieser Tage verbal auf das, was die Kirchen dazu sagen; Kirchen die sich in Deutschland ausnahmsweise alle einige sind! Ein weiteres sehr wichtiges Argument ist, dass niemals jene zu Vorbildern von Muslimen werden dürfen, die Verbrechen begehen oder diese befürworten. Wenn die “Westliche Wertegemeinschaft“ einen Mord auf fremden Boden gutheißt, dann bedeutet das nicht, dass Muslime mit gleichen Mitteln zurückschlagen dürfen! Und wenn die “Westliche Wertegemeinschaft“ in ihrem täglich brutaler werdenden und zunehmenden Krieg gegen den Islam und die Muslime sowohl die jeweils eigene Verfassung als auch das Völkerrecht außer Kraft treten lässt, dann bedeutet das nicht, dass Muslime das Recht in die eigene Hand nehmen dürfen.

Vielmehr gibt die islamische Geschichte hinreichend Beispiele dafür, wie Widerstand auszusehen hat! Als Prophet Muhammad (s.) und seine Anhänger in Mekka in der Minderzahl waren, und jeden Tag Muslime massakriert wurden, haben sie sich nicht gewehrt! Sie haben im Tal Abu Talibs dahingefristet und ihren Herrn um Hilfe angefleht. Doch sie haben sich gegenseitig gelehrt und Liebe vermittelt. Diejenigen, die die Schwierigkeiten nicht ertragen konnten, durften ausreisen. Obwohl tagtäglich Muslime massakriert und benachteiligt wurden, flogen ihnen die Herzen scharenweise zu, denn die Herzen wissen, wo Liebe zu finden ist! Kein einziges Mal hat Prophet Muhammad (s.) von sich aus einen Krieg begonnen! Die Lügengeschichten von Orientalisten versuchen das Gegenteil aufzuzeigen. Und einige ignorante Muslime pflichten ihnen bei, aber dadurch wird es nicht wahrer. Selbst in seinen stärksten Phasen hat Prophet Muhammad (s.) – wenn es ein musste – nur dann auf einen Angriff reagiert, wenn es anders nicht abzuwehren war, und das tat er in Form eines Staates und nicht mit Einzelpersonen! Liebe ist stärker als Hass! Der Enkel des Propheten, Imam Husain (a.), hat sich mit seinen wenigen getreuen in der Ebene von Kerbela abschlachten lassen, um ein Fanal der Liebe für alle Zeiten zu entfachen! Wer hat überlebt; der damalige Mörder oder die Ermordeten?

Wir müssen die islamische Geschichte in allen Details studieren und analysieren. Wir müssen sie der Jugend erläutern und erklären, dass Liebe stärker ist als Hass! Das ist die Lehre des Islam! Mag sein, dass jetzt einige Christen und Juden aufstehen und behaupten werden, dass das auch die Lehre ihrer Religionen ist. Dann lassen sie uns in Liebe verbünden gegen die hasserfüllte “Westliche Wertegemeinschaft“, gegen den hasserfüllten Nationalismus, gegen den hasserfüllten und rassistischen Zionismus, gegen die Unmenschlichkeit des Kapitalismus, und lassen Sie uns gemeinsam für eine menschliche Gesellschaft eintreten in der Politik nicht zur Negation von Liebe wird.

Wir müssen den Jugendlichen – unabhängig davon, ob sie radikalisierungsgefährdet sind oder nicht – klar machen, dass derjenige, der sich für die Liebe einsetzt, auch Liebe empfinden muss! Ohne die Liebe geht ihm alles verloren. Ohne Liebe verliert er den Sinn des Lebens, das Ziel seiner Schöpfung und die Essens eines jeden Atemzugs. Das, was heutzutage als “Westliche Wertegemeinschaft“ auftritt, kennt Liebe nicht! Wenn ein Muslim ebenfalls die Liebe verliert, dann wird er unweigerlich zu einem “integrierten“ Teil der “Westliche Wertegemeinschaft“, selbst wenn er glaubt, sie zu “bekämpfen“ in welcher Form auch immer. Wer aber die Liebe in sein Herz einziehen lässt, der wird für immer unbesiegbar sein! Viel zu viele Christen und Juden haben diesen inneren Einsatz für die Liebe aufgegeben! Es sind die verbliebenen Muslime in diesem Land, die das Land vor der immer deutlicher werdenden Tyrannei der Gottlosigkeit schützen können, und das beste Mittel dagegen ist die Dankbarkeit in Liebe.



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