Arabische Aufstände und Rolle der westlichen Staaten und Stiftungen in diesem Raum Unmittelbarer Auslöser der ägyptischen Proteste, die den tunesischen folgten, war der dramatische Anstieg der Lebenshaltungskosten in diesen Ländern, die in den vergangenen Monaten um nahezu 100 Prozent angestiegen sind. Diese aber sind vor allem ein Resultat der von den USA verursachten Weltfinanzkrise. Durch das völlig ungerechte Wechselkurssystem zugunsten von Dollar und Euro wurde sozusagen die Inflation in die arabischen Staaten exportiert, indem die westlichen Länder die eigene Währung mit ihrer herabgesetzten Kaufkraft gegen Währungen mit starker Kaufkraft getauscht haben. Volkserhebungen in diesem Raume hatten die westlichen Staaten in diesem Zusammenhang anscheinend erwartet. German Foreign Policy vom 1.2.2011 zufolge, postierten die USA bereits Ende Januar /Anfang Februar ihre im Mittelmeer operierende Flotte direkt vor den Küsten Libyens und den anderen arabischen Staaten.
Gänzlich ungeachtet der von ihnen verursachten wachsenden desolaten gesellschaftlichen Situation in diesen Ländern haben westliche Unternehmen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten dort in den vergangenen Jahren verstärkt.
Als Teilhaber an den Großinvestitionen im arabischem Raum partizipieren auch deutsche Firmen, so die BASF-Tochter Wintershall (Bau einer Gaspipeline von Algerien nach Italien), Siemens (Leistungen in dreistelliger Milliardenhöhe u.a. für den U-Bahn-Bau in Algier) und der deutsche Anlagenbauer Linde.
Im vergangenen Jahr einigte sich die EU mit den Energieministern von Marokko, Tunesien und Algerien über den zukünftigen Import von Solarstrom aus Nordafrika. In diese Pilotprojekte, die unter dem Namen Desertec laufen, sind die Deutsche Bank, die Münchner Rück, E.ON, RWE und Siemens beteiligt .
Dass man diese umfänglichen Großprojekte, die zudem künftig die Stromversorgung Europas sicher stellen sollen, nicht der Aufsicht der arabischen Länder allein unterstellen will, liegt auf der Hand. Bereits im Januar 2010 hat die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) eine Analyse publiziert, die eine Kooperation mit Algerien "im Sicherheitsbereich" empfiehlt, da die bisherigen westlichen Interventionen in den Wüsten Westafrikas ( die Trans Sahara Counterterrorism Initiative der USA in Kooperation mit den Sahara- und Sahel-Staaten ) für unzulänglich gehalten wird, künftige soziale Widerstände im arabischen und afrikanischem Raum niederzuhalten !! Als Dank für seine Kooperation soll Algerien stärker in die EU eingebunden und eine künftige Führungsrolle in diesem Raum erhalten!
Mit anderen Worten, was jetzt in Ägypten, Libyen und anderswo passiert, ist durchaus im Interesse des Westens. Es fragt sich nur, wie lange das Militär in diesen Ländern die ihnen vom Westen zugedachte Rolle mitspielt und wann es endlich, ähnlich wie damals in lateinamerikanischen Staaten wie Kuba, Venezuela und Nikaragua, aufhört, eine Lakaienrolle im Sinne westlicher Monopole einzunehmen. Natürlich sehen auch die westlichen Regierungsvertreter die Gefahr, dass die Volksaufstände dort durchaus auch nicht in ihrem Sinne verlaufen könnten !
In Bezug auf die gegenwärtigen Erhebungen in den arabischen Ländern empfahl der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Ischinger, eine "Doppelstrategie" im Umgang mit den Protesten in Nordafrika. Man dürfe einerseits die Kontakte zu den Regimen nicht vernachlässigen, müsse sich andererseits aber auch um die Demonstranten bemühen.
Als Mittel zur Herstellung von Beziehungen zu den Demonstranten empfahl Ischinger, ein erfahrener deutscher Diplomat, die parteinahen Stiftungen. Sie könnten an der Seite der Opposition operieren, während die Bundesregierung weiterhin mit den Machthabern paktieren könne.
So habe in den 70iger Jahren die Bonner Regierung mit den Diktatoren in Madrid und in Lissabon kooperiert, während die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung mit der jeweils die sozialistischen Opposition zusammengearbeitet habe. Dies hätte sich ausgezahlt !! Die Aktivitäten der Friedrich-Naumann-Stiftung in den letzten Jahren lassen dabei recht deutlich erkennen, dass es bei der von Wolfgang Ischinger angepriesenen "Doppelstrategie" keineswegs um eine "Demokratieförderung", sondern um Einfluss auf die Machtzentralen, nicht nur im Nahen Osten, geht. Dabei spielen die von ihnen immer wieder gepriesenen Menschenrechte, um derenthalber man mit den anderen NATO-Ländern sogar militärisch intervenierte ( siehe Afghanistan ) keine Rolle. Die Naumann-Stiftung unterstützt z. B. in Thailand bis heute die Partei des Ministerpräsidenten, die im vergangenen Jahr Massenproteste blutig niederschießen ließ. In Honduras stellte sie sich bereits im Jahr 2009 auf die Seite von Putschisten, in deren Auftrag ebenfalls Demonstranten niedergeknüppelt wurden.
Brigitte Queck und Dr. Falkenhagen |