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Wer trägt die Verantwortung für Kriege ?

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Von Brigitte Queck am 10. Januar 2011 00:51:43:

Frau Luz Maria De Stefano Zuloaga de Lenkait Juristin und Diplomatin ad antwortet auf einen Beitrag in der Süddeutschen Zeitung am 5.1.2011 von Erhard Eppler „Von Opfern und Tätern“

Gebot der Zivilisation
Die Zivilbevölkerung ist im Fall von Krieg in jedem Land immer Opfer, so sehr wie tatsächlich die deutsche Zivilbevölkerung Opfer des Ersten und des Zweiten Weltkriegs war. Keine politische Verantwortung aus beiden mörderischen Ereignissen zu ziehen, ist heute inakzeptabel, denn ohne Verantwortung, ohne Verantwortungsethik wird aus der Geschichte nichts gelernt.
Es ist Aufgabe der Politik, eine minimale Pflicht für jeden Politiker, Verantwortung zu übernehmen sowie Fehlentscheidungen einzusehen und einzugestehen.
Heute weiß man, wer die Verantwortung für den Ersten Weltkrieg trägt, und zwar eine kleine Clique, die in Berlin die Fäden für den Krieg in der Hand hielt. Das Attentat in Sarajevo war der Vorwand und die Lüge dafür. Die deutsche Bevölkerung wurde Opfer dieser orchestrierten und tradierten Lüge. Ebenso weiß man heute, wer die Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg trägt, und zwar der Nazi-Aggressor. Versucht Erhard Eppler, die deutsche Geschichte mit verkehrten Rollen umzuschreiben?
Aus seiner Opfer-Rolle herausgetreten wurde Deutschland friedensbereit? Diese realitätsferne Behauptung entlarvt eine selektive Wahrnehmung. Deutschland hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg in weitere Aggressionskriege verwickelt, den Krieg gegen Jugoslawien und den Krieg gegen Afghanistan, der immer noch fortdauert. Wo sieht Eppler die Friedensbereitschaft Deutschlands? Warum bleibt er blind und taub gegenüber den jüngsten Aggressionen Deutschlands?
Briten, Russen, Belgier und Franzosen sehen Deutschland zu Recht als Täter von zwei Weltkriegen. Nicht nur in der Nachkriegszeit, sondern auch in Zukunft wird Deutschland weiter als Täter angesehen werden, weil es die Verantwortung dafür vor der Geschichte trägt und tragen wird. Das ist eine unwiderrufliche historische Tatsache, die nicht zu ändern ist. Nicht nur Briten, Russen, Belgier und Franzosen sind sich dessen bewusst, sondern die ganze Weltstaatengemeinschaft.
Durch die deutsche Vergangenheit traumatisierte Persönlichkeiten, wie Erhard Eppler, der keinen Sinn für die historische und politische Realität zu haben scheint, tragen überhaupt nichts dazu bei, die heutigen jungen deutschen Generationen und die Öffentlichkeit aufzuklären. Im Gegenteil, sein Beitrag wirkt desorientierend und nebulös. Er kann leicht von den israelischen Falken instrumentalisiert werden, um die israelischen Untaten zu banalisieren und von der kriminellen Verantwortung der israelischen Regierung abzulenken. Niemand sollte sich wundern, wenn Erhard Eppler zusammen mit anderer politischer Ex-Prominenz wie Joschka Fischer auf der Rekrutierungsliste der israelischen Stellen für ihre PR-Kampagne stehen.
Nach dem Völkerrecht ist klar zu erkennen, wer der Aggressor im Nahen Osten ist und wer das Opfer, welche Sache gerecht und welche ungerecht ist. Daran ist durch Gefühle nichts zu ändern. Völkerrechtliche Handlungen sind gefordert, und daran ist die Verantwortung der Politik und Staatsmänner zu messen. Aber das Völkerrecht kommt bei Erhard Eppler nicht vor.
Der Zweite Weltkrieg hätte rechtzeitig verhindert werden können, wenn sich die parlamentarischen Kräfte im deutschen Parlament in einer humanistischen Allianz gegen den National-Sozialismus zusammen geschlossen hätten. Ein tradierter Antikommunismus verhinderte dieses Gebot der politischen Vernunft und gab den irrationalen kriminellen Nazi-Kräften freie Bahn. Bis heute noch sperren sich SPD-Politiker wie Eppler, diesen gravierenden Fehler der Vergangenheit anzuerkennen.
In seiner Rede in Frankfurt am Main am 9.11.2010 thematisierte Alfred Grosser das „Leid der anderen“. Er meinte damit das Mitgefühl mit den Menschen im Nahen Osten, die vor über 60 Jahren ihre Heimat verloren haben und denen bis zum heutigen Tag grundlegende Menschen- und Bürgerrechte verweigert werden. „Man kann von keinem jungen Palästinenser erwarten, dass er das Schreckliche der Attentate an den Juden einsieht, wenn man nicht ein echtes Mitgefühl zeigt für das große Leiden in Gaza und in den Gebieten.“ Der Zentralrat der Juden in Deutschland und die israelische Botschaft in Berlin hatten versucht, den Redner Alfred Grosser zu verhindern.
In einem Brief an die Europäische Kommission haben vor kurzem angesehene ehemalige Staatschefs und hochrangige Minister Europas ein „radikales Umdenken“ in der europäischen Nahostpolitik angemahnt, darunter Helmut Schmidt, Lionel Jospin, Mary Robinson, Javier Solana, Richard von Weizsäcker und Romano Prodi. Alle plädieren für die Umsetzung des Völkerrechts und der entsprechenden Beschlüsse der Vereinten Nationen und der EU. Israel müsse die volle Verantwortung für sein Verhalten tragen. Gravierend beklagenswert und bezeichnend für die dekadenten politischen Verhältnisse ist, dass dieser Brief bisher weder bei den führenden Medien noch bei der Bundesregierung und Politikern auf Resonanz gestoßen ist. Ein entscheidender Grund dafür, dass die Stimme der Vernunft in der Öffentlichkeit mehr Ausdruck erhalten muss, also Stimmen, die das Völkerrecht hochhalten.

Angesichts der desaströsen humanitären Situation im abgeriegelten Gazastreifen, angesichts der Kapitulation der US-Administration vor den Hardlinern der israelischen Regierung, angesichts der Untätigkeit der Europäischen Union und angesichts der nach wie vor als Staatsräson geltenden „uneingeschränkten Solidarität“ der Bundesregierung mit Israel muss die Friedens- und Menschenrechtsbewegung an ihren essentiellen Forderungen festhalten: Internationaler Druck auf die israelische Regierung, endlich die Vielzahl einschlägiger UN-Resolutionen anzuerkennen und danach zu handeln, so dass der illegalen Besatzung ein Ende gesetzt wird. Dann und nur dann kann man glaubwürdig ernsthafte Gespräche mit den Palästinensern anbieten.

Die selbst-ernannten „Israel-Freunde“ aus dem Zentralrat der Juden und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft versuchen immer wieder jede Kritik an der israelischen Kriegs- und Blockadepolitik als „antiisraelisch“ und „antisemitisch“ abzutun. Ein Vorwurf, der in Deutschland besonders schwer wiegt, vor allem für hypersensible Charaktere. Das wissen jene vorgeblichen „Israel-Freunde“ genau, weshalb sie dieses Etikett sehr gerne hierzulande verwenden.
Die israelische Regierung versucht ihre Imagewerbung im Ausland zu verstärken. Dieses Jahr sollen die Aufwendungen für PR in den wichtigsten europäischen Botschaften des Landes verdoppelt werden. Ziel ist eine öffentliche Pro-Israel-Kampagne, die mehr Verständnis für die Politik und die Rolle Israels im Nahostkonflikt wecken soll. Es ist also damit zu rechnen, dass die Hardliner unter den „Israel-Freunden“ auch hierzulande ihre diffamierenden Aktivitäten – bezahlt oder nicht – verstärken werden.
Ein reaktionäres SPD-Mitglied kann die Fehler der Vergangenheit nicht richtig einschätzen, weil es selbst Opfer einer gestörten Wahrnehmung gewesen ist. Traumatisierte Leute gehören nicht in die Politik. Die Psychologie ist hier gefragt. Nicht aber die Politik, die sich in einem Rechtsstaat an das Gesetz, national und international, zu halten hat. Politische Handlungen müssen sich an das Recht halten. Das ist das Gebot der Zivilisation.
Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait



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