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Für einen Staat Palästina

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Von Brigitte Queck am 28. Dezember 2010 20:31:27:

Luz María De Stéfano de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 40670 Meerbusch antwortet am 26.12.2010 auf einen Beitrag der Süddeutschen Zeitung

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 22.12.10, Rubrik Außenansicht: „Frieden? Vielleicht später“ von Shimon Stein
Heiliges Land und Rätsel der SZ-Außenpolitik-Redaktion
Zynischer kann man kaum schreiben. Ein ehemaliger israelischer Diplomat spiegelt die Haltung der extremistischen Regierungsfalken Israels wider, die gar nicht an Frieden interessiert sind, denn sie wollen das völkerrechtswidrige Status-Quo im Nahen Osten fristlos verlängern. Die Weltgemeinschaft hat aber eine andere Wahrnehmung und keine Geduld mehr gegenüber einem Staat, der sich wiederholt als Rechtsbrecher bloßstellt. Nicht nur US-Präsident Obama, sondern die gesamte Staatengemeinschaft (=192 Staaten) wird sich entschlossen zeigen, die Beilegung dieses Konflikt auf die Tagesordnung weiter zu setzen. Shimon Stein spielt den Ignoranten oder Naiven. Kennt er das Völkerrecht? Stimmt er der Gleichheit vor dem Gesetz zu? Wenn ja, kann er sich selbst seine Fragen beantworten und selbst alle Zweifel beseitigen. Israel darf nicht weiter als Sonderfall behandelt werden. Jeder professionelle israelische Diplomat – auch Shimon Stein - ist sich im klaren, was schief geht, wenn ein Besatzer gegen alle internationalen Regeln weiter darauf beharrt, ein Land zu besetzen. Welche Schlüsse zieht Shimon Stein daraus? Er wagt es nicht, sie zu benennen und versteckt sich hinter Bedenken und persönliche Vorstellungen über die mögliche Haltung des US-Präsidenten.
Der Israeli Shimon Stein manifestiert seine Sorge über die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaat. Baut er auf die Ignoranz, wie unilateral sich Israel selbst als Staat proklamierte? Ein Blick in die Vergangenheit sollte alle, auch Shimon Stein, eines Besseren belehren.
Im November 1947 billigten die Vereinten Nationen die Teilung Palästinas. Am Tag zuvor legte Großbritannien sein Palästina-Mandat offiziell nieder. Wenige Wochen danach sah Washington ein, dass die Teilung eine große Fehlentscheidung war angesichts der Ablehnung und wachsender Unruhe unter den in der Region lebenden Araber, die die Mehrheit der ansässigen Bevölkerung darstellten. Die arabischen Staaten lehnten den Teilungsplan offiziell ab. Washington beauftragte die UN-Vollversammlung sich weiter mit dem Problem Palästina zu befassen und zog seine Zustimmung zum Teilungsplan zurück (19.3.1948). Präsident Harry Truman schlug vor, Palästina unter den Schutz der UN zu stellen, sollte Großbritannien abziehen.
Besorgniserregend kam Israel den USA in die Quere und stellte sich mit seiner unilateralen Gründung über den Willen der Staatengemeinschaft: Ende April, Anfang Mai 1948 drängen die UN auf eine Verschiebung der Unanhängigkeitserklärung der Juden in Palästina. Die zionistische Führung setzt sich durch und Israel wurde als unabhängiger und souveräner Staat am 14. Mai 1948 ausgerufen trotz der speziellen Demarche der UN, die Unabhängigkeitserklärung zu verschieben.
Zu beachten ist, dass Israel gerade dann gegründet wurde, als die Vollversammlung der Vereinten Nationen nach ausdrücklichem Wunsch der USA sich weiter mit dem Problem Palästina befassen sollte, denn Washington revidierte seine Position und erklärte sich gegen die Teilung (30.3.1948), als es offensichtlich war, dass sie einen Bürgerkrieg in Palästina hervorbringen würde, was dann auch eintraf. Extremistische zionistische Banden griffen in dieser Zeit zum Mittel des Terrors und verübten Attentate auf amerikanische und britische Delegationen im Hotel King David in Jerusalem.
Es begann ein Krieg, der dazu führte, dass rund 80 Prozent der in Israel lebenden Araber (Palästinenser) vertrieben wurde oder floh. Shimon Stein wie die ganze Welt kennt die Konsequenzen: Jahrzehnte des Leidens und des Terrors, der Gewalt und Gegengewalt. Wäre ein palästinensischer Staat gegründet worden und nicht ein israelischer, hätten sich die islamischen und christlichen Palästinenser so ungerecht und grausam gegenüber den israelischen Einwanderern verhalten?
Hätte die damalige begründete britische Perspektive (Churchill-White Paper 1922) von einem unabhängigen binationalen arabisch-jüdischen Staat mit Vorherrschaft der damaligen Mehrheit, nämlich der Araber, an der Regierung, Erfolg gehabt, so fragt man sich heute, wären dann die Palästinenser so räuberisch und brutal gegenüber den Israelis gewesen und hätten sie sich so unmenschlich verhalten wie die Israelis gegenüber ihnen?
Zu bedenken ist auch die historische Tatsache, die bis heute Folgen haben kann: Israel wurde als Mitglied der Vereinten Nationen (11.5.1949) lediglich unter der Bedingung zugelassen, den vertriebenen Palästinensern ihre Eigentümer zurückzugeben oder sie zu entschädigen und ihnen zu erlauben, nach Palästina zurückzukehren. Die Vereinten Nationen bestätigten in wiederholten Resolutionen diesen fairen Standpunkt. Die Weigerung Israels führte zu einem vollständigen Impasse. Die Hälfte der Palästinenser wurde zu Flüchtlingen. Unsicherheit für alle Bewohner war die unmittelbare Folge. Bleiben die UN-Bedingungen unerfüllt, wäre der Ausschluss Israels aus den Vereinten Nationen ein konsequenter völkerrechtlich völlig begründeter Schritt und ein berechtigtes Anliegen für die Weltöffentlichkeit.
Solange die Abnormität der israelischen Besatzung weiter besteht, wird es keinen Friedensprozess im Nahen Osten geben. Die gleiche Situation, die gleichen Probleme verlangen heute eine entscheidende Lösung. Der neue israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Amt seit dem 6.2.09 ist nicht nur als militärischer Hardliner bekannt, sondern auch als politischer Gegner eines jeden Friedensprozesses im Nahen Osten. Deshalb ist das Misstrauen der Palästinenser völlig begründet so wie ihre Entscheidung, keine Verhandlungen mit Israel aufzunehmen, solange nicht der israelische Siedlungsbau in den besetzten Gebiete gestoppt sei. Was bringen Verhandlungen, wenn es keine glaubwürdige Basis dafür gibt?
Jedweder offizieller Besuch in Tel-Aviv ist unter solchen Umständen unangebracht. Weder von der Außenministerin Hillary Clinton, noch von einem arabischen Staatschef, am wenigsten vom US-Präsident Obama. Welche neue Falle will Shimon Stein mit seinen einzigartigen Vorschlägen vorbereiten? Nicht zu vergessen ist, dass der ehemalige Diplomat Shimon Stein dieselbe Person ist, die den eklatanten unverhältnismäßigen Angriffskrieg Israels gegen den Libanon 2006 bei seinem SZ-Besuch damals zu vertuschen versuchte (22.7.2006). Ein zweites Mal äußerte sich der ehemalige israelische Botschafter „entsetzt und empört“ zu Äußerungen deutscher Bischöfe während ihrer Israel-Reise (11.3.07). Shimon Stein kann es nicht vertuschen: Auch wenn er sich von Kopf bis Fuß entsetzt und empört gibt, wird es ihm nicht gelingen, dass immer mehr Menschen die Wahrheit über sein Land begreifen. Sie kommt immer ans Licht. Wie Stefan Kornelius ihm erneut einen Auftritt bei der Süddeutsche Zeitung verschaffen kann, bleibt ein Rätsel. Die seriöse, anständige und konstruktive Alternative wäre ein weiterer Beitrag von Avi Primor in der SZ-Außenansicht gewesen.
Die Palästinenser haben die Obama-Administration aufgefordert, weiter Druck auf Israel auszuüben. Keineswegs wollen sie auf angebliche Zugeständnisse oder faule „Kompromisse“ aus Tel-Aviv eingehen. Zu Recht.
Am selben Tag, als der US-Sonderbeauftragter, George Mitchell, mit dem Ministerpräsident Netanjahu in London am 26.8.09 eintraf, wurde auch der palästinensische Entschluss offiziell bekannt gegeben, einen eigenen Staat auszurufen („Plan unveiled for building a Palestinian State“ - International Herald Tribune 26.8.09).
Schon 1998 schien es nur eine Frage der Zeit, bis der Staat Palästina ausgerufen würde. Auf Drängen des Westens hin verzichtete Jassir Arafat damals immer wieder auf die sofortige Gründung seines Staates, um es vielleicht doch in Frieden geschehen zu lassen. Heute ist die Zeit reif genug dafür. Die Selbstbestimmung der Palästinenser muss sich endlich ausdrücken können, indem sie den Staat Palästina gründen. Sie brauchen keine Fremdbestimmung oder externe Zustimmung dazu, denn ein unabhängiger Staat beruht auf der Souveränität seines Volkes. Dagegen war die Ausrufung des israelischen Staates die Proklamation einer jüdischen Minderheit, die in Palästina damals im Gegensatz zu der Mehrheit der arabischen Einwohner lebte, deren Missbilligung nicht zählte.
Nach der jüngsten offiziellen Anerkennung von Brasilien und Argentinien haben weitere Staaten den Palästinenserstaat in seinen Grenzen von 1967 anerkannt. Ein Vorteil für Israel trotz aller zionistischer kriegerisch extremistischer Propaganda à la Shimon Stein, da die Grenzen von 1948 ein viel größeres palästinensisches Territorium bedeuteten.
Durch die zunehmenden diplomatischen Anerkennungen wird sich der alte danieder liegende Friedensprozess wieder beleben müssen und die schwierigsten und heikelsten Fragen werden auf der Tagesordnung erscheinen, nämlich die Räumung von illegalen Siedlungen, die Vereinbarung legaler völkerrechtlicher Grenzen für den Staat Israel, die Verschrottung sämtlicher Atomwaffen und anderer Massenvernichtungswaffen der Region, über die Israel allein verfügt. Mit anderen Worten muß sich Israels Haltung innerhalb der internationalen Gemeinschaft normalisieren. Dann und nur dann kann Israel seine Anerkennung von den arabischen Staaten erwarten. In jedem anderen Fall müssen Sanktionen gegen Israel bis hin zu seinem Ausschluss aus den Vereinten Nationen die Handlungsoptionen sein.
In diesen Tagen des höchsten Festes der Christenheit, der Heilige Abend, muss man besonders darauf aufmerksam machen, daß ganz Palästina als Heiliges Land die gesamte Christenheit betrifft, weil sich dort der Ort befindet, wo das Kind Jesu Christus geboren war, nämlich im palästinensischen heute durch Israel besetzten Bethlehem. Im Norden des Landes, nämlich in Galilea hat Jesus gelebt und zwar in Nazareth. Von dort wanderte er durch das Land und kam nach Jerusalem. Die ganze Christenheit hat ein Interesse daran, den Konflikt im Nahen Osten ohne weitere Verzögerung und ohne illegale Mauer zu beenden.



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