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Medwedjew und der Westen. Wem nutzt das ?

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Von Brigitte Queck am 21. November 2010 12:25:55:

Medwedjew muss geholfen werden von Leopold Unger übersetzt von Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen

Am 7. Mai 2008 gab es im Kreml die beeindruckende Zeremonie der Amtseinführung, der „Krönung“ von Dmitrij Medwedjew. Acht Jahre zuvor wurde im selben Kreml-Saal Wladimir Putin als Präsident gesalbt. Am 7. Mai 2008 zweifelte niemand daran, dass die Veränderung nur auf Zeit sein sollte, denn Putin regierte als Premierminister weiter, und dass der neue Präsident das Amt nur auf Zeit einnimmt, welche ablaufen muss, damit der Premierminister Putin wieder in dieses Amt zurückkehren kann. Von westlichen Skeptikern wurde Medwedjew als Marionette bezeichnet und von vielen, sogar von sehr seriösen Beobachtern, als schwache Figur Russlands wahrgenommen. Die selbe Partitur, aber er spielt die zweite, die dritte und vierte Geige, hieß es.
Der Westen hatte sich getäuscht, Medwedjew gewann immer mehr an Sympathie. Die Mission des neuen Präsidenten baute deutlich auf ein mehr gemäßigtes Bild von Russland nach den eisigen Präsidentenjahren von Putin. Das hatte eigentlich auch schon Erfolge, denn Medwedjew war schon in allen wichtigen Salons der Weltbühne und ereichte höhere Phasen des Wirkens als das Küssen der Wangen von Frau Merkel oder das Schulterklopfen mit Sarkozy und vor allem Obama.
Er kam übrigens wie gerufen. Es fielen wichtige Worte, auch solche, die man bisher in Russland noch nicht gehört hatte. Medwedjew erkannte, dass der sowjetische Terror durch nichts zu rechtfertigen ist, dass das Gedenken an die schreckliche Vergangenheit ebenso wichtig ist, wie die Feier des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg. Es fielen nicht nur Worte. Abgesetzt wurden auch einige Generäle, nachdem Sergej Magnickij, ein Advokat einer amerikanischen Firma, im Gefängnis gefoltert worden war. Abgesetzt wurde der Oberbürgermeister von Moskau und König dunkler Interessen, Luschkow. Nach der Ermordung von Natalja Jestemirowa in Tschetschenien, der Ermordung einiger weiterer Journalisten und der Folterung zu Tode von ein paar anderen, wurden scharfe Untersuchungen eingeleitet. Nach den Aussagen von Medwedjew werden die Täter und besonders die Auftrageber, unabhängig von der Position bestraft, die sie in der Struktur der Regierung einnehmen.
Schließlich, was am wichtigsten sein kann, ist, dass Medwedjew für Russland eine Vision zu entwerfen begann. Er erkühnte sich, von der Modernisierung, die von der Demokratie nicht unabhängig ist, vom Kampf gegen die Korruption und der Säuberung des korrumpierten Apparats der Polizei und Justiz zu sprechen.

Aus drei Gründen sind diese Ankündigungen riskant. Erstens, bis jetzt gelang es nicht, auch nur eines dieser Verbrechen, noch die Täter zu finden und zu bestrafen und noch zeigt sich, dass Medwedjew dies gelingen wird. Zweitens, deswegen, weil über das Schicksal eventueller Schuldiger, „die Positionen in der Struktur der Regierung einnehmen“, ausschließlich Putin entscheidet, der sie in diese Positionen eingesetzt hat. Und Drittens, die Vision von Medwedjew über Russland widerspricht dem Staatsmodell, wie es elf Jahre. unter der Fürsorge von Putin währte.

Für den Westen ist das Kreml-Duett ein fortdauerndes Rätsel. Der Westen würde sich wünschen, dass das Misstrauen Moskaus gebrochen wird, er wünscht sich, mit Russland zusammenzuarbeiten und Medwedjew in die Debatten über wichtige Fragen einzubinden, die vor allem die Sicherheit betreffen. Er ist auch geneigt, Zugeständnisse zu machen, über die Ukraine in leisen Tönen zu reden, er verzichtete auf Antiraketenschilder, schweigt über östliche Partnerschaften. Er zählt auf die jungen Eliten, die für eine moderne und charismatische Führung ohne die Vergangenheit und die Gewohnheiten des KGB einstehen und wirken.

Nach Auffassung von Medwedjew bedeutet der Stand und die Situation von Russland, dass dieses seiner Meinung nach in den letzten zwei Jahrzehnten verkümmert ist. Durch wen? Wer hat es regiert? Medwedjew kündigte an, dass er eine neue Kandidatur für das Präsidentenamt nicht ausschließt, was einen Zusammenstoß mit Putin bedeutet. Putin antwortete, dass beide da weich herauskommen werden, weil sie selbst beide über die Krone entscheiden. Was bedeutet das, denkt man in Brüssel, wenn man sich im Kreml zum Kampf um die Macht rüstet? Wenn es so ist, was ist dann zu tun, um Medwedjew zu helfen? Wie soll man ihn ermutigen, Russland zu demokratisieren, ohne ihn in eine Auseinandersetzung mit Putin zu treiben, ohne ihn Putin zum Fraß vorzuwerfen.
In Brüssel beschwört man den Geist von Gorbatschow, aber man erinnert sich dennoch daran, dass seine Perestroika .den Prozess des Zerfalls der Sowjetunion in Gang gesetzt hat, anstelle diesen Staat zu modernisieren und zu demokratisieren. Es ist wert, Medwedjew zu helfen, bevor er abtreten sollte. Aber man muss ein anderes Modell finden.

Quelle: Gazeta wyborcza, Warschau vom 15. 11. 2010

http://wyborcza.pl/1,75477,8664842,Warto_pomoc_Medwiediewowi.html


Kurzer Kommentar dazu

Zuerst einmal verwundert, dass in einer polnischen Zeitung über eine Unterstützung des Westens für eine zukünftige Präsidentenkandidatur Medwedjews in Russland nachgedacht wird. Aber eigentlich ist es nicht ungewöhnlich. Hat doch das Land Polen in den vergangenen Jahren immer auf Seiten des Westens gestanden und ist nunmehr sogar Teil des westlichen Militärapparates, der NATO.
Andererseits wagt der Westen nicht offen und direkt in die Geschicke Russlands einzugreifen.
Worum geht es ?

Die kürzliche Rede Medwedjews an die russische Nation, in der da die Notwendigkeit eines künftigen stärkeren Übergehens Russlands von der staatlichen zur Privatwirtschaft angesprochen wird, weil sich angeblich das vergangene Wirtschaftssystem nicht effizient genug erwiesen habe, muss dem Monopolkapital der ganzen Welt wie ein Wink mit dem Zaunpfahl gewesen sein. Ist etwa ein neuer Gorbatschow im Kommen ? War es doch gerade Putin zu verdanken, dass nach der so genannten Gorbatschow-Ära Russland wirtschaftlich erstarkt ist und auch außenpolitisch wieder ein größeres Gewicht erlangt hat, nicht zuletzt auch deshalb, weil er einigen Oligarchen dort „die Flügel gestutzt“ hat.
Soll das Ganze jetzt wieder im Interesse des Westens „zurückgeschraubt“ werden ?
Hatte doch Iwaschow, der bis zur NATO-Opperation gegen Serbien 1999 im Verteidigungsministerium für militär-technische Zusammenarbeit zuständig war und derzeit Präsident der für geopolitische Probleme ist, kürzlich in einem Interview gegenüber Radio „Echo Moskwy“ im Zusammenhang der Kooperation Russlands mit dem Westen bezüglich Afghanistans gewarnt: “Was unsere Staatsführung derzeit tut, hat antirussischen Charakter“
( siehe ND, 18.9.2010 „ NATO erwatet von Russland Kooperation in Afghanistan“)
Mittlerweile hat Russland, wenn auch mit Einschränkungen, diesem Ansinnen der NATO entsprochen !
Brigitte Queck



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