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Re: Zum 20. Jahrestag der sog. Einheit Deutschlands

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Von Brigitte Queck am 19. Oktober 2010 23:46:07:

Als Antwort auf: Zum 20. Jahrestag der sog. Einheit Deutschlands von Brigitte Queck am 08. Oktober 2010 18:39:44:

Ergänzung zu den Ausführungen „Zum 20. Jahrestag der so genannten Einheit Deutschlands“ von Brigitte Queck
von Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen

Der Artikel von Frau Brigitte Queck ist gut geschrieben, er fokussiert den Untergang der DDR und damit des fortschrittlichen Systems des Sozialismus, stark auf die DDR-Führung.
Aber meines Erachtens wurde der Zusammenbruch der DDR von der SED-Führung nicht bewusst herbeigeführt. Die DDR war ein vorbildlicher Sozialstaat mit einer gut entwickelten Industrie und Landwirtschaft. Es gab keine Versorgungsprobleme bei den Grundbedürfnissen der Menschen. Dass die gemessene Arbeitsproduktivität niedriger als in Westdeutschland war, ist richtig, im Weltmaßstab lag sie aber bis zuletzt nicht schlechter als unter den 20 industriellen Spitzenstaaten der Welt. Die hohen sozialen Aufwendungen, der Fakt, dass eben für DDR-Verhältnisse keine Niedriglöhne gezahlt wurden und man Vollbeschäftigung sicherte, verschlechterten nur rein rechnerisch ihre Arbeitproduktivitätsdaten (Produktionsleistung, gemessen an den Kosten je Kopf der Belegschaften). Zu den Aufgabenbereich der volkseigenen Betrieben und Kombinate gehörte die Bildung beträchtlicher Kultur- und Sozialfonds. Ihnen war die Finanzierung der Betriebskantinen mit sehr billigen Essensangeboten, der Lehrlingsausbildung und Fortbildung bis zum poltechnischen Unterricht für allgemeinbildende Schulen, außer des Arbeitsschutzes auch von Aufgaben des Gesundheitswesens bis zum Unterhalt von Polykliniken, des Urlaubswesens bis zum Unterhalt von Ferien- und Erholungsheimen, Aufgaben der Kulturbetreuung bis zum Unterhalt von Kultur-Ensembles und der Rentnerbetreuung und anderes mehr an Sozialaufwendungen übertragen. In kapitalistischen Unternehmen fallen wesentlich weniger soziale Kosten an, als in sozialistischen Betrieben. Das muss man bei der Berechnung von Arbeitsproduktivitätszahlen berücksichtigen.

Die politischen Bedingungen der DDR verschlechterten sich erst radikal zum Negativen, als Gorbatschow im März 1985 in Moskau Generalsekretär des ZK der KPdSU wurde und zusammen mit Spießgesellen wie Jakowlew und Schewardnadse den Großen Verrat einleitete, den er unter den Begriffen Perestroika und Glasnost tarnte. Der Perestroika und Glasnost lag unter dem Etikett der radikalen Verbesserung des Sozialismus, der Effektivitätssteigerung des Wirtschaftssystems und einer schnellen Steigerung des Volkswohlstands die heimtückische Absicht zugrunde (Alexander Jakowlew bekennt es ganz offen in seinem Memoirenwerk, Dämmerung (russ. Sumerki), Verlag Materik, Moskau, 2003 (ISBN 5-85646-097-9, andere Memoirenschreiber der ehemals sozialistischen Länder bestätigen das Gleiche, den Sozialismus zu demontieren, zu zerschlagen und zu einem bourgeoisen kapitalistischen System überzugehen. Die Strategie von Gorbatschow beinhaltete von Anbeginn an, wie er auch selbst bekannte, die Demontage des Sozialismus und die Auflösung des sozialistischen Weltsystems als Ziel. Das kann man nicht anders als Hochverrat nennen. Gorbatschow konnte seine hochverräterischen Pläne kraft der Machtfülle seines Amtes als Parteiführer und dann noch als Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets (de jure Staatsoberhaupt) durchsetzen, obwohl seine Politik frühzeitig im Sowjetvolk und in der Partei nicht nur auf Skepsis, sondern auch auf Widerstand stieß. Den politischen Widerstand ließ er ziemlich brutal unterdrücken, ganz im Gegensatz zu den verkündeten Prinzipien der Demokratie, und er schreckte auch von der Eliminierung bis zur heimtückischen Ermordung von politischen Gegnern und ernsthaften Kritikern nicht zurück.

Unter diesen Bedingungen befand sich die DDR –Führung in einer prekären Lage. Sie stand unter dreifachem Druck. 1. Dem Druck von Gorbatschow und seinen Mannen, auch so etwas wie eine verräterische Perestroika und Glasnost durchzuführen, 2. unter dem Druck der Konterrevolutionäre aus Polen und Ungarn. (Ungarn öffnete z. B. die Grenze für DDR –Flüchtlinge am 11. September 1989, womit wieder wie bis August 1961 die Bedingungen für einen personellen Ausblutungsprozess der DDR bestanden, wenn die Fluchtbewegung zu dieser Zeit auch nur eine kleine DDR-Minderheit betraf) und 3. der nach wie vor anhaltenden und sich verstärkenden Propaganda aus dem Westen und Westdeutschland, wo man die DDR-Bevölkerung mit einem Wohlstandsmodell der sozialen Marktwirtschaft als kapitalistisches systemauseinandersetzungsbedingtes Ausnahmemodell beeinflussen konnte. Dieses Wohlstandsmodell, das an sich den Interessen kapitalistischer Profitmaximierung diametral widersprach, beeindruckte zweifellos durch seinen Schaufenstereffekt auch viele DDR-Bürger und –Bürgerinnen. Dieser konnte dann ab den Tag der sog. deutschen Wiedervereinigung demontiert werden und wird schrittweise total abgeschafft. Die Systemauseinandersetzung schien für die westlichen Politiker beendet zu sein, so dass sie nun auf Wohlstand für alle verzichten zu können glaubten. Es wurde ab nun der Sozialabbau bis zum Sozialkahlschlag eingeleitet und nur noch sozialdemagogisches Tacheles gesprochen. Manche nennen als 4. Ursache die Demonstrationen der DDR-Bevölkerung. Die Demonstrationen von DDR-Bürgern und - Bürgerinnen aber waren nicht die wesentliche Ursache der Beseitigung der DDR. Den Demonstranten ging es überwiegend um die Verbesserung der Verhältnisse in einer weiter existierenden sozialistischen DDR, denn für Massenarbeitslosigkeit und Deindustrialisierung wollte wohl kaum jemand demonstrieren.
Nach der Lehre des Marxismus/Leninismus war die Entwicklung, wie sich ab dem Datum der sog. Wiedervereinigung vollzog (Massenarbeitslosigkeit, Sozialabbau bis zur Verelendung bereiter Kreise der Bevölkerung, Demontage des staatlichen Gesundheitssystems usw.), klar absehbar.

Mit den Vorgängen in Moskau ab 1985 stellte sich schon unter Honecker eine zunehmende Verunsicherung bis zur Hilflosigkeit ein. Das gipfelte im Rücktritt von Honecker am 18. Oktober 1989, der allerdings auch krankheitsbedingt war. Die Hilflosigkeit setzte sich infolge der Verweigerung jeglicher Rückendeckung seitens der UdSSR, die noch an die 500000 Sowjetsoldaten in der DDR stationiert hatte, bei seinem Nachfolger Egon Krenz fort. Die Maueröffnung (Beseitigung des antifaschistischen Schutzwalls) am 9. November 1989, die es westlichen Einflussagenten nun massenweise ermöglichte, DDR-Boden quasi unkontrolliert zu betreten, setzte schon Wegmarken für die Beendigung der Existenz der DDR. Die erste wichtige regierungspolitische Vorentscheidung zum Zusammenbruch der DDR fiel aber erst mit der putschartigen Absetzung von Egon Krenz, dem man den Zutritt zu seinen Arbeitsräumen im SED-Gebäude in einer Nacht- und Nebelaktion sperrte und der dann offiziell am 3. Dezember 1989 als Generalsekretär des ZK der SED, kurz danach als Vorsitzender des Staatsrates und Verteidigungsrates der DDR zurücktreten musste. Das war eine mit Gorbatschow abgestimmte Aktion. Gysi der genau genommen die Führung der SED an sich gerissen hatte, wurde dann auf einem Sonderparteitag der SED Vorsitzender der SED, die er in PDS umbenennen ließ. Unter seiner Führung und unter der eingesetzten Modrow-Regierung kam es zu Verhandlungen über die Währungsunion, die wie Frau Queck darstellt, den wirtschaftlichen Kollaps der DDR-Wirtschaft einleitete. Der Chef der DDR-Regierung, Modrow, verhandelte über das Angebot von BRD-Bundeskanzler Kohl über die Schaffung einer Währungs- und Wirtschaftsunion schon ab 13. Februar 1990. Der Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, wie sie offiziell genannt wurde, wurde aber erst am 18. Mai 1990 abgeschlossen. Ihm folgte noch am 28. Mai ein Staatsvertrag zwischen der BRD und DDR. Mit anderen Worten, unter der de Maizière-Regierung, wurde die Währungsunion, die unter Modrow vorbereitet und eingeleitet worden war, in eine vertragliche Form gegossen. Diese Regierung arbeitete nach den Volkskammer-Wahlen im März 1990 nunmehr konsequent auf den schnellen Anschluss der DDR an Westdeutschland hin. Die Währungsunion trat am 1. Juli 1990 in Kraft. Aber noch hing Entscheidendes vom Verhalten der UdSSR, aber auch der Westmächte ab, auch wenn Kohl die Vorbedingungen des Anschlusses der DDR zur BRD schon mit Gorbatschow im Sommer 1990 ausgehandelt hatte. Noch gab es Widerstand gegen ein wiedervereinigtes Deutschland seitens von Großbritannien (Premierministerin Thatcher), dem französischen Präsidenten Mitterand und auch seitens solcher Staaten wie Italien. Die USA wollten ein wiedervereinigtes Deutschland auf jeden Fall in der NATO haben. Das setzte die Zustimmung der Führung der UdSSR voraus. Gorbatschows Bestechlichkeit und Korruptheit wurde nun von Kohl gnadenlos ausgenutzt. Gorbatschows Wunsch nach einer Geldspritze von anfangs 25 Mrd. DM, wurde von Kohl damit beantwortet, dass er erklärte, ohne die Regelung der deutschen Frage gibt es keinen Pfennig. Das Ganze kann man nicht unbedingt als Erpressung bezeichnen denn die UdSSR war auf diese Hilfe nicht unbedingt angewiesen. Sie hatte genügend Deviseneinnahmen u.a. aus dem Gasgeschäft. Aber der Bestechlichkeit Gorbatschows kam das durchaus entgegen, der das Geld jetzt speziell für seine persönlichen Zwecke einkassieren wollte. Der Bau von Häusern für in die UdSSR aus der DDR zurückkehrende Offiziere und Unteroffiziere der Sowjetarmee war mehr oder minder nur ein vorgeschobenen Grund für den „Bestechungsvorsatz“ von Helmut Kohl. Er reichte schließlich 15 Mrd. DM rüber. Die endgültige Entscheidung zur Wiedervereinigung Deutschlands fiel mit dem Zwei+Vier-Vertrag vom 12. September 1990 (Vertrag über die endgültige Lösung der deutschen Frage). Die sog. Wiedervereinigung wurde endgültig am 3. Oktober 1990 vollzogen.

Die Aufgabe des Sozialistischen Weltsystems durch die von Gorbatschow geführte Sowjetunion beinhaltete auch die Aufgabe der DDR als Staat des Warschauer Vertrages und Comicons (Rats für Gegenseitige Wirtschafshilfe). Er ließ schon, bevor er die DDR für 15 Mrd. DM an Helmut Kohl verschacherte, die konterrevolutionären Kräfte in Polen und Ungarn walten und schalten, wie sie wollten, er ermutigte und unterstützte sie sogar in ihrem Tun. Als er feststellte, dass sich dennoch Staaten wie die VR China, Nordkorea, DDR, ČSRR, Rumänien und Bulgarien als innenpolitisch stabil erwiesen, stellte er auch dort konterrevolutionäre sozialismusfeindliche Kräfte auf die Beine, wobei er vorgaukelte, den Sozialismus perfektionieren zu wollen.
Was hätte die DDR –Führung unter diesen außenpolitischen Bedingungen besser machen können? Sie hätte mehr die hinterhältigen Machenschaften der Klassenfeinde, der Feinde des werktätigen Volkes aufdecken können, sie hätte versuchen können, zusammen mit der ČSRR, Bulgarien. Rumänien, auch der VR China usw. eine Art Abwehrfront aufzubauen, womit man zweifellos die Anti-Gorbatschow-Kräfte auch in der UdSSR entscheidend gestärkt hätte, die dann den Anti-Gorbatschow-Putsch nicht erst im August 1991, sondern erfolgreich schon 1989 hätten inszenieren können. Da das nicht geschah, oder nur sehr zaghaft geschah, dafür kann man Teilen der SED-Führung eine Mitschuld oder Verrat am Sozialismus vorwerfen. Jegliche Möglichkeit der Gegensteuerung schwand aber bereits, als ab April 1990 die de Maizière-Regierung im Amt war und Gorbatschow mit Bundeskanzler Kohl schon die „Wiedervereinigung“ perfekt gemacht hatte. Damit hing auch die Aufgabe jeglicher wirtschaftlichen und militärischer Unterstützung seitens der UdSSR zusammen, ab jetzt gab es so gut wie keine Hoffnung mehr, die DDR als selbständigen Sozialstaat und damit den Sozialismus sowie die Friedenspolitik in der DDR zu retten.

Deutlich zeichneten sich die hochverräterischen Absichten Gorbatschows schon früh klar ab, z. B. als er Reformen der Wirtschaft durch Ausbau des Genossenschaftssektors sowie Teilprivatisierung oder Zulassung von privaten und halbstaatlichen Klein- und Mittelbetrieben unter Festhalten an den Kommandohöhen von Politik, Wirtschaft und Kultur, vor allem an strategisch wichtigen Großbetrieben, den Banken und Versicherungen, der Infrastruktur (Energiewirtschaft, Wasserwirtschaft, Verkehrswesen, Gesundheitswesen u.a.) und der Währungspolitik in Staatshand zurückwies und er statt eine reale Steigerung der Effizienz der Wirtschaft blankes Chaos zu organisieren begann.
Obwohl die ehemalige DDR zweifelsfrei bis zuletzt zu den 20 führenden Industrie- und Wohlfahrtstaaten der Welt zählte (immerhin unter über 190 UNO-Staaten, was für einen Staat mit nur 16-17 Mio. Einwohnern beachtlich war) und viele Statistiker auch im Westen sie zumindest zeitweilig unter die zehn führenden Industriestaaten der Welt einordneten, gab es natürlich an den Verhältnissen Einiges zu kritisieren. Das hätte man mit den Prinzipien von Kritik und Selbstkritik in den Griff bekommen können.

Was gab es im Detail für Mängel? So war die Personalpolitik nicht optimal. Durch das gesicherte Recht auf Bildung und Fortbildung für jeden war die Begabtenauslese auch in der DDR zwar optimal gesichert, im Gegensatz zu der im Kapitalismus stattfindenden Negativauslese, weil dort in die höher bezahlten Kreise fast nur die Abkömmlinge der dekadenten Oberschichten gelangen, aber man hätte in den Führungsebenen vieles noch besser gestalten können. Es gab auch Erscheinungen der Überalterung führender Politiker, die zu kritisieren waren. Man hätte Politiker genau so bei Erreichen der Altersgrenze und schlechten Gesundheitszustand in Rente schicken müssen, wie das bei der Masse der Bevölkerung üblich war. Ausnahmen bei Altersrüstigkeit hätte es natürlich geben können, wie sie sie auch bei der berufstätigen Bevölkerung allgemein gab.
Die Vollbeschäftigung hätte weiter gesichert werden können.
Ein Fehler war das unbedingte Festhalten am staatlich verordneten Atheismus und der Fakt, dass Religionen nur geduldet wurde. Man hätte unter Christen, als auch Muslimen viel mehr Leute im Sinne des Sozialismus orientieren können, denn auch der Kommunismus basiert, streng historisch genommen, in vieler Hinsicht auf der Morallehre fortschrittlicher Religionen.
Agitation und Propaganda waren zu lasch und defensiv sowie auch zu dogmatisch.
Den Geist der freien Diskussion hätte man mehr fördern müssen. Fehlerdiskussion zu entfachen, das sollte man nicht nur den Gegnern des Sozialismus überlassen. Es galt die Grundlagen des Sozialismus mit seinem vorbildlichen Sozialsystem entschiedener zu propagieren und zu verteidigen. Fehler hätte man konsequenter abstellen müssen.
Die führende Rolle der Partei der Arbeiter- und Bauernklasse als Partei der Werktätigen und Geistesschaffenden war richtig. Auch das bestehende System der Blockparteien.
In echten Volkswahlen wären die Abgeordneten des Parlaments und anderer Volksvertretungen zu wählen gewesen. Nur konterrevolutionär- bourgeoise Parteien und Vereinigungen hätten als verfassungswidrig verboten werden müssen. Dazu hätte man ein sozialistisches Verfassungsgericht schaffen können, dass aus gewählten, dem Sozialismus verpflichteten Volksrichtern, besteht. Eine reaktionäre gesellschaftspolitisch nach rückwärts gerichtete Politik war und ist natürlich im Sozialismus unzulässig, da sie volksfeindlich ist. Insofern muss auch künftig der Sozialismus mit allen gesetzlichen Mitteln verteidigt werden.




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