Gehören Judentum, Christentum und Islam wirklich zu Deutschland? Gestern hat der Bundespräsident im Kontext der Zeit einige geradezu revolutionäre Worte an die Deutschen gerichtet, aber haben die Deutschen seine Worte auch verstanden? Es gehört wohl nach wie vor zu den Stärken des Systems in Deutschland, dass in einer Zeit der überdimensionalen Hetze gegen den Islam und die Muslime auf allen Ebenen der Gesellschaft ein Bundespräsident sich hinstellen kann um gegenzusteuern. In seiner Rede zur Deutschen Einheit machte Bundespräsident Wulf unmissverständlich klar, dass neben dem Christentum und dem Judentum auch der Islam zu Deutschland gehört. Während sich muslimische Verbände darüber freuen, dass der Bundespräsident derart klare und offene Worte gefunden hat und die Springerpresse einmal mehr sehr subtil die Stimmung gegen Muslime aufzuhetzen versucht, indem sie dem Bundespräsidenten das Zitat “Präsident der Muslime“ in den Mund legt (obwohl er das gar nicht so gesagt hat), sind offene Islamhasser schockiert und wünschen sind Wilders als Bundespräsidenten. Dabei sprach der Bundespräsident auch von den Werten unserer Verfassung. Zwar hat Deutschland noch keine Verfassung, denn das bestehende Grundgesetz ist dem Volk nie zur Abstimmung vorgelegt worden, aber selbst wenn man das Grundgesetz als Verfassung betitelt, stellt sich die Frage, was denn die “Werte“ des Grundgesetzes sind. Und in wie weit sind das Judentum und das Christentum mit dem Grundgesetz vereinbar? Um diese Frage besser beantworten zu können, bedarf es der Wertemaßstäbe, die Judentum und Christentum gemeinsam sind. Wir meinen hier nicht den Zionismus und die Kreuzzugsmentalität von US-Präsidenten, sondern wirklich das Judentum und das Christentum in ihren Grundmaßstäben. Zweifelsohne würden die Zehn Gebote als gemeinsames Erbe dienen. Und da auch der Islam jene Gebote akzeptiert, kann anhand der Zehn Gebote überprüft werden, in wie weit die Werte der Verfassung bzw. die Bundesdeutsche Realität mit dem christlich-jüdischen Erbe etwas zu tun hat. Die Zehn Gebote erscheinen wie zwölf Gebote, wenn man sie einzeln auflistet. Dass sie dennoch als Zehn Gebote gelten, liegt darin begründet, dass das Judentum das zweite und dritte Gebot sowie die letzten beiden jeweils zusammenfasst. Katholiken hingegen fassen die ersten drei zusammen, so dass jeweils Zehn Gebote entstehen:
1. Ich bin der Herr, dein Gott. Wenn man sich die ersten drei Gebote ansieht, so ist so ziemlich in allen Kirchen Deutschlands, in denen bildliche Darstellungen vorhanden sind, eine “bildhafte“ Darstellung Gottes durchaus vorhanden. Es mutet schon äußerst merkwürdig an, wenn in manchen “historischen“ Gemälden Gott als alter Mann mit weißem Bart abgebildet wird. Wie viele Filme gibt es, in denen eine Art “Gott“ auftritt? Wie viel Werbung gibt es, in der Gott zuweilen sogar verhöhnt wird, womit wir auch schon beim nächsten Gebot wären. Während das oben aufgelistete dritte Gebot, also das christlich-jüdische Erbe besagt, dass man den Namen Gottes nicht missbrauchen soll, sagen die Interpreten des Grundgesetzes, dass die “Meinungsfreiheit“ auch die öffentliche Verhöhnung Gottes zulässt, was ja auch all zu häufig getan wird. An vierter Stelle steht die Heiligung eines Feiertages in der Woche. Zwar sind Banken und Behörden nach wie vor am Sonntag geschlossen, aber niemand wird anzweifeln, dass eine zunehmende “Aufweichung“ des Sonntages (sozusagen des christlichen Sabbats) erfolgt ist. Diese “Aufweichung“ erfolgte im Dienst des neuen Götzen „Kapital“, der zur besseren Auslastung der Investitionen eine durchgehende Produktion bedarf. Die Ehrung von “Vater und Mutter“ mündet in der heutigen Gesellschaft im Altersheim und einer unwürdigen Rentendiskussion. Zudem will das Gesetz einigen unschuldigen Waisenkindern sogar aufzwingen, nicht mehr Vater und Mutter ehren zu können, sondern zwei Väter bzw. zwei Mütter. “Du sollst nicht morden“ ist zweifelsohne eine der wichtigsten Errungenschaften der Menschlichkeit. Aber angesichts der Tatsache, dass allein in Deutschland weitaus mehr als 100.000 unschuldige noch nicht geborene Menschen ermordet werden, und angesichts der Tatsache, dass die Ermordung von unschuldigen Zivilisten in weit entfernt liegenden Ländern als Kollateralschaden verniedlicht wird, scheint jener Grundsatz kaum ernsthafte Gültigkeit zu haben. “Du sollst nicht ehebrechen“ setzt zunächst einmal voraus, dass es so etwas wie Ehe gibt. In einer durch und durch sexualisierten Gesellschaft, in der die Gnade der Sexualität nicht mehr an Ehe, sondern an Beliebigkeit und “Freiheit“ gekoppelt wird, ist jener Grundsatz kaum einzuhalten. Während das christlich-jüdische Erbe zweifelsohne Pornografie ablehnen wird, genau so wie Homosexualität, scheint das Grundgesetz – bzw. deren heutige Ausgestaltung – geradezu beides zu fördern. “Du sollst nicht stehlen“ ist ebenfalls ein Grundsatz, der eigentlich keiner langen Ausführungen bedarf. Und jeder, der einem anderen Menschen etwas entwendet, ohne dass dieser damit einverstanden ist, ist ein Dieb. Wie ist es aber, wenn man im Namen zukünftiger Generationen Geld leiht und jenen Menschen eine unvorstellbare Zinslast aufbürdet, ohne sie jemals gefragt zu haben? Wie ist es, wenn man mit Staaten verbündet ist, deren Selbstverständnis die dauerhafte Besatzung fremden Eigentums beinhaltet und man dieses sogar unterstützt? Wird man dann nicht sogar zum Raubmörder, wenn jeder Raub auch noch mit der Tötung von Menschen verbunden ist? “Du sollst kein falsches Zeugnis geben“ dürfte angesichts des heutigen Verständnisses von Politik geradezu zum Hohn verkommen sein. Und dass man nicht Neid auf des „Nächsten Ehefrau oder Haus“ aufbringt, widerspricht den Grundsätzen des Kapitalismus, der davon lebt, allen Menschen einen künstlichen Bedarf vorzugaukeln, um die Annehmlichkeiten des Nachbarn zu übertreffen. Genügsamkeit und echte gottesehrfürchtige Dankbarkeit wären das Ende des Kapitalismus! Kurz; es ist zwar sehr lobenswert, wenn man behauptet, dass neben dem christlich-jüdischen Erbe auch der Islam ein Bestandteil der deutschen Gesellschaft sei, aber die Realität ist nicht, dass allein der Islam in der Gesellschaft bekämpft wird, sondern das Christentum und das Judentum gleichermaßen. Wenn im missbrauchten Namen des Christentums oder des Judentums der Islam in der Gesellschaft bekämpft wird, dann wird darüber hinweggetäuscht, dass das wahre Christentum und das Judentum genauso verachtet und von der Gesellschaft verbannt werden sollen, wie der Islam. Oder glaubt jemand, dass deutsche Soldaten aus christlicher Nächstenliebe in Afghanistan sind und der Kapitalismus überhaupt irgendeine Form der Liebe duldet, außer der käuflichen Liebe? Realität ist, dass nicht nur der Islam von der Gesellschaft verbannt werden soll, sondern Christentum und Judentum bereits größtenteils verbannt sind. Und der Islam ist die verbliebene Religion, die in der Lage wäre, das christlich-jüdische Erbe des Landes zu retten. Das ist sicherlich eines der bedeutsamen Gründe, warum bestimmte Kreise und bestimmte nahezu monopolisierte Medien so erpicht sind, Juden und Christen auf Muslime zu hetzen. Der Bundespräsident hat versucht dem entgegen zu wirken, auch im Sinn des Judentums und des Christentums. Anders ausgedrückt: Gäbe es auch nur halbwegs eine bedeutsame christliche Stimme im Land (und nicht Kirchen die Homosexuelle trauen, Abtreibungsscheine ausstellen und Soldaten segnen) und gäbe es halbwegs eine bedeutsame jüdische Stimme im Land (und nicht einen ausschließlich auf die Rechtfertigung der Verbrechen Israels ausgerichtete Zionismus), so hätte es nie ernsthafte Probleme mit dem Islam im Land gegeben! Die Rede des deutschen Bundespräsidenten zur deutschen Einheit istr aus diesem Gesichtspunkt heraus als sehr bedeutsam zu werten. Und jeder kann sich selbst ein “Bild“ darüber machen, ob die Sarrazins und Schwarzers im Land das christlich-jüdische Erbe verteidigen wollen, oder ganz anderes im Sinn haben. Aus Sicht des Islam kann die Verteidigung der wahren christlich-jüdischen Werte im Land nur sinnvoll sein, denn sie sind auch islamische Werte. Aber die Mehrheitsgesellschaft muss sich selbst fragen, ob sie das wirklich will. Jedenfalls dürfte inzwischen fast jeder verstanden haben, dass weder der Islam noch die Muslime am Atommüll im Land, an Stuttgart 21, an der Elbelbphilharmonie, an der Bankenkrise oder anderen die Menschen bewegenden Aspekten der Gesellschaft irgendeine Schuld tragen. Der Kapitalismus ist aufgrund seiner inneren Struktur, seines Aufbaus und seiner Ziele der natürliche Feind der Menschlichkeit und der Nächstenliebe und damit auch dem Judentum, dem Christentum, dem Islam und allen Zehn Geboten feindlich gesonnen. So lange die Menschen aber Sklaven des Kapitalismus sind, so lange werden sie weder das christlich-jüdische Erbe des Landes verteidigen, noch den Islam integrieren können. Wahres Judentum, Christentum und Islam verlangen nach der Überwindung des Kapitalismus. In wie weit der Bundespräsident auch das meinte, muss jeder selbst aus seinen Worten herauslesen. Das Grundgesetz sieht nicht den Kapitalismus als zwingende Wirtschaftsform vor! Und daher liegt es nicht am Grundgesetz, nicht am Judentum, Christentum und Islam, dass wir dieses unmenschliche System so lange mitragen, sondern an uns! Und wir – das Volk der Bundesrepublik Deutschland – können es auch überwinden, wenn wir es nur ernsthaft wollen.
Judentum, Christentum und Islam gehören zu Deutschland, der Kapitalismus aber nicht! |
- Re: Gehören Judentum, Christentum und Islam wirklich zu Deutschland? Fatima Özoguz 04.10.2010 15:57
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