Pressekonferenz anlässlich des Verbots der IHH - Internationale Humanitäre Hilfsorganisation e.V. durch den Bundesinnenminister am 12.7.2010 Berlin, 14. Juli 2010
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der inländischen und ausländischen Presse, meine Damen und Herren,
Doch zunächst einige Worte zu meiner Person:
Ich bin Mitglied der IGMG - Islamische Gemeinschaft Milli Görüs. seit meiner Jugend.
Seit vorgestern ist es mir untersagt worden, im Namen der IHH zu sprechen. Daher stehe ich Als ich vorgestern früh von bewaffneten Polizisten aus dem Bett geholt worden bin -wie im Übrigen alle meine ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch - lag mir der Gedanke fern, dass die IHH jemals verboten, geschweige denn als Gehilfe einer Terrororganisation kriminalisiert und verboten werden würde. Ich und meine nunmehr ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben überhaupt kein schlechtes Gewissen über das, was sie seit der Gründung der IHH bis zu ihrem Verbot geleistet haben. Wir sind alle erfüllt von Stolz und Genugtuung über die vielen abgeschlossenen Projekte, Investitionen, Hilfen, Spenden in über 80 Ländern der Welt im Namen der Menschlichkeit und die Dankbarkeit und vielen Gebete der Menschen, die wir dafür zurück bekommen haben.
Die IHH e.V. wurde von großmütigen und gutherzigen muslimischen Menschen 1998 in Frankfurt gegründet mit der Intention, allen bedürftigen Menschen in der Welt zu helfen, ungeachtet der Sprache, Rasse und Religion. Daher hat sie sich als international, als humanitär und als Hilfsorganisation betrachtet. Einen besseren Namen hätte man ihr kaum geben können. Sie hat sich weder als eine Widerstandsorganisation, noch als eine politische Organisation oder als eine Menschenrechtsorganisation verstanden. Sie fühlte sich einzig und allein der humanitären (Not)hilfe verpflichtet. Und ich schwöre, wir hätten auch jüdischen Menschen geholfen, wenn sie Hunger, Durst und Not erlitten hätten. Was den Christen das Prinzip der Nächstenliebe ist, ist den Muslimen das Prinzip der Barmherzigkeit. Daraus wächst unser Selbstverständnis, unser Idealismus und unsere Motivation zu helfen. Mit der helfenden Hand sind wir als Muslime stets bestrebt, das Wohlwollen des Schöpfers zu erlangen. Das ist der Grund gewesen, warum ich fast wöchentlich von Hamburg nach Frankfurt gefahren bin. Materielle Dinge habe ich dafür nicht bekommen. Nun ist dieser wunderbare Verein seit vorgestern verboten, der seit seiner Gründung weltweit in über 80 Ländern der Welt über 670 Wasserbrunnen, 10 Waisenhäuser für 4600 Kinder, eine Schule für 2000 Kinder in Äthiopien gebaut und weitere 3 in Sierra Leone, Nigeria und Haiti begonnen bzw. geplant hatte. Seit vorgestern kommt auch den 3.200 Waisenkindern und Hunderten von obdachlosen Familien im Gaza-Streifen keine Hilfe mehr zu. Wir können auch keine Oliven- und Orangenbäume mehr im Gaza-Streifen pflanzen, was die Existenzgrundlage für viele enteignete Bauern darstellt. Wir können auch keine Katarakt-und Zahnscreenings mehr in Afrika durchführen. Wir können keine Nahrungsmittelpakete in Kriegs- und Katastrophengebiete mehr senden. 60.000 von insgesamt 90.000 Euro an Spenden für eine Schule in Haiti hat der Bundesinnenminister nebst unserer Zentrale im Wert von über einer Mio. € beschlagnahmt sowie rund 700.000 € auf unseren Konten. Ob Tsunami, ob Erdbeben, ob Flut oder Hunger; die IHH war fast überall zugegen, wenn es „brannte". Und immer an der Seite der Opfer, der Bedürftigen und Notleidenden.
Nun ist der Spendierfreudigkeit von 2700 Fördermitgliedern und ca. 14.000 Einmalspendern ein Riegel vorgeschoben worden. Er bestraft in erster Linie die bedürftigen Menschen in der ganzen Welt, die wir seit Jahren mit Nahrung, Kleidung, Wasser, Medikamenten und Geld für eine vernünftige Ausbildung von Waisen und armen Kindern versorgt haben. Der Imageschaden für Deutschland in der ganzen Welt, aber vor allem in der islamischen, ist unermesslich groß. Der Eindruck in der islamischen Welt ist unisono der, dass sich die deutsche Regierung zum willfährigen Vollstrecker der aggressiven israelischen Besatzungspolitik macht und mit dem Argument „aus historischen Gründen" sich bedingungslos und unbegrenzt bevormunden, ausbeuten und mundtot machen lässt.
Denn, dass sich die israelische Regierung massiv in die deutsche Innenpolitik einmischen wollte, ist der Inhaftierung und dem Verhör unseres ehemaligen Mitarbeiters durch die israelischen Sicherheitskräfte im Februar 2010 zu vernehmen, als er trotz mehrfachen Ersuchens um ein Visum für Israel keine Unterstützung durch das Auswärtigen Amt erhielt, um die zweckmäßige Verwendung der IHH-Spenden in Hebron und Gaza überprüfen zu können. Stattdessen reiste er als auf eigene Faust nach Hebron und wurde dort prompt festgenommen, zwei Wochen lang inhaftiert und verhört. Er behauptet darin, dass sich die IHH-Aktivitäten „gegen den Gedanken der Völkerverständigung" gerichtet hätten. Auf seiner Homepage reduziert er das vielfältige Wirken der IHM allein auf den Begriff „HAMAS-Spendenverein". Dies ist exemplarisch für die scheuklappenähnliche Wahrnehmung des Bundesinnenministers. Unsere humanitäre Leistung wird nur auf Gaza beschränkt, dabei werden mehr als 3/4 unserer Hilfsleistungen außerhalb von Gaza verteilt. Im Übrigen steht der Bundesinnenminister mit seiner Entscheidung auf EU-Ebene allein auf weiter Flur. In den Niederlanden, Dänemark, Belgien und Österreich existieren die IHH-Filialen weiterhin. Offensichtlich teilen die Nachbarn nicht die Meinung von Herrn de Maiziere.
Meines Erachtens hätte die IHH für ihre besonderen fast ausschließlich ehrenamtlich erbrachten humanitären Verdienste mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden müssen. Denn die IHH hat mit ihren aus Deutschland stammenden Spenden und Spendern für ein weltweites positives Ansehen der Bundesrepublik und ihrer spendierfreudigen Bürger beigetragen. Das ist Völkerverständigung pur.
IHH hat das Existenzrecht Israels nie in Frage gestellt. Insofern ist es absolut lächerlich, die IHH in die Ecke von HAMAS zu stellen und sie willkürlich politisieren zu wollen. Es ist infam und ungeheuerlich, dem Vorstand der IHH zu unterstellen, „dass die Leiter des IHH-Vereins sich mit der HAMAS einschließlich der von dieser Organisation ausgehenden Gewalttaten identifizieren." Die IHH hat sich in Gaza die „Islamic Society" als Partner ausgesucht, weil sie dort vielfältige soziale Aktivitäten unterhält wie Schulen, Krankenhäuser und soziale Unterstützung für Bedürftige. Warum ist es denn nicht verwerflich, wenn westliche oder internationale Hilfsorganisationen im Sinne der humanitären Hilfe dort auch mit HAMAS nahen Organisationen kooperieren wie das Internationale Rote Kreuz oder die UN. Dieser Logik nach müssten auch diese Organisationen verboten werden, weil sie die HAMAS entlasten. Es ist der reinste Zynismus, dass der Bundesinnenminister auf seiner Homepage behauptet, dass durch die Aktivitäten der IHH im humanitären Bereich „zum anderen das Gesamtbudget der HAMAS entlastet wird, so dass ihr mehr Mittel für terroristische Aktivitäten zur Verfügung
stehen. Damit leistet die IHM dem Terror und der Gewalt in den palästinensischen Gebieten Vorschub." Wer im humanitären Sektor tätig ist, weiß, dass man gerade in unsicheren Ländern hin und wieder Kompromisse schließen muss und u.U. auch mit unliebsamen Menschen oder Organisationen kooperieren muss, um die humanitäre Hilfe zum Ziel, d. h. an die Bedürftigen, zu bringen. Diese Erfahrung haben wir in vielen Teilen der Welt machen müssen.
Ich verurteile diesen unglaublichen Akt staatlicher und politischer Willkür. Mit dieser Verbotsverfügung ist der Bundesinnenminister auf dem besten Wege, weltweit und hierzulande die Glaubwürdigkeit an eine moderne freiheitlich-demokratische Grundordnung zu unterhöhlen, die Gesellschaft zu polarisieren und am Ende aus dem Musterland eine Bananen-Republik zu bilden.
Ich gehe fest davon aus, dass diese Maßnahme keiner gerichtlichen Überprüfung eines Rechtsstaates standhalten wird. Jeder Bürger dieses Staates, der auch nur einen Hauch an Gerechtigkeitssinn besitzt, wird das Verbot im Vergleich zum bisher beispiellos gezeigten Engagement der IHH für Menschlichkeit für unverhältnismäßig und unmenschlich halten.
Mustafa Yoldas
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- Br. Mustafa Yoldas´s Brief Muslim-Markt 16.07.2010 10:50
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- Re: Br. Mustafa Yoldas´s Brief Syed Yamin Naqvi 16.07.2010 19:43
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- Innenminister handelt gegen deutsche Interessen! Fatima Özoguz 16.07.2010 11:29
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- Re: Innenminister handelt gegen deutsche Interessen! Albert von Bieren 16.07.2010 17:43
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- Re: Innenminister handelt gegen deutsche Interessen! Fatima Özoguz 17.07.2010 15:25
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- Re: Innenminister handelt gegen deutsche Interessen! Fatima Özoguz 17.07.2010 15:25
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- Re: Innenminister handelt gegen deutsche Interessen! Albert von Bieren 16.07.2010 17:43
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- Re: Br. Mustafa Yoldas´s Brief Syed Yamin Naqvi 16.07.2010 19:43
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- Re: Pressekonferenz anlässlich des Verbots der IHH Sahvelet Ünlü 15.07.2010 16:32
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