Deutsche Botschaften verlangen Geld für Termine! Manchmal geschehen im Ausland Dinge, die dem Ansehen Deutschlands schädlich sind, ohne dass die deutsche Bevölkerung es merkt. Und manchmal ist es rechtlich fraglich.
Ein Leser hat den Muslim-Markt aufmerksam gemacht auf ein Merkblatt, dass die Konsulate der Bundesrepublik Deutschland seit einiger Zeit in der Türkei verbreiten: Darin wird tatsächlich für die Terminvergabe – nicht für die Erfüllung einer Dienstleistung, sondern für die schlichte Terminvergabe!!! – eine Gebühr von umgerechnet 12 EUR verlangt. Nutznießer jener merkwürdigen Gebühr ist allerdings nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein Privatunternehmen, dass für seine Call-Center in der Türkei bekannt ist, die İKS Turizm Ticaret LTD. ŞTİ . Die gleiche Gebühr verlangt auch das Goethe-Institut, dass seine Prüfungstermine über jenes Unternehmen vergeben lässt.
Offizielle Webseite des Call-Centers ist: Es gibt auch eine deutsche Übersetzung der Homepage, worin ausdrücklich mit der Arbeit für das deutsche Generalkonsulat geworben wird. Will man allerdings mehr über die Firma erfahren (z.B. wem sie gehört) kommt man nicht unbedingt weiter. Das Unternehmen hat ziemlich viele namhafte deutsche Referenzen wie Opel und ADAC. Allerdings gibt die Firma (mit dem Status einer GmbH) keine Adresse auf diesen Seiten an, was schon merkwürdig genug ist. Es gibt nur eine Telefonnummer, deren Vorwahl auf Ankara verweist. Sucht man weiter im Internet, so stößt man auf einen Antrag bei der türkischen Kartellbehörde (Rekabet Kurumu) bezüglich einer Kooperation mit dem ADAC Beteiligungs-und Wirtschaftdienst GmbH, woraus zwar enge Beziehungen zum ADAC aber keine weiteren Informationen gewonnen werden können.
Sucht man weiter, findet man den Mutterkonzern: Das Unternehmen wirbt damit, gleich 15 internationalen Konsulaten in der Türkei zu dienen. Hier ist jetzt auch eine Anschrift angegeben (sowohl für Ankara als auch für Istanbul). Das unternehmen wirbt sogar damit vom TÜV ISO-zertifiziert zu sein. In jedem Fall dürfte das Unternehmen nicht schlecht verdienen. Allein bei über 200.000 erteilten Visa (Touristenvisa, Geschäftsreisevisa, Behandlungsvisa, Studentenvisa usw.) erhält das Unternehmen weit über zwei Mio. EUR jährlich allein an der deutschen Botschaft (abgelehnte Visa, die ja auch für den Termin bezahlen müssen, gar nicht mitgerechnet). Hier soll gar nicht die Frage aufgeworfen werden, welche Beziehungen jene Firma – die ja sehr tüchtig zu sein scheint – zu den deutschen Stellen hat. Auch soll hier nicht die Frage aufgeworfen werden, nach welchem regulären Ausschreibungsverfahren der Auftrag vergeben wurde. Einige andere Fragen aber sollen und müssen gestellt werden! Warum beauftragt die Bundesrepublik Deutschland ein Privatunternehmen, um Termine bei einer staatlichen Stelle zu vergeben? Muss das Call-Center einen Teil der Gebühren an die Bundesrepublik Deutschland abgeben? Wie kann es sein, dass in manchen Ländern der Bürger, der einen regulären Visa-Antrag einreichen möchte, für diesen Antrag eine Gebühr entrichten muss, während er das in anderen Ländern nicht tun muss. Will man verstehen, warum das Ansehen Deutschlands in den letzten Jahren in der Türkei (und nicht nur dort) so dramatisch abgenommen hat, so hat das nicht nur mit der großen Politik zu tun. Oft ist es die Summe von vielen “kleinen“ Dingen, die solch eine Gesamtbild bewirken. Und viele dieser kleinen Dinge sind der eigenen Bevölkerung nicht einmal bekannt. So wenig Deutschland weitere Einwendung aus der Türkei wünscht (sie ist faktisch gestoppt), so sehr benötigt Deutschland Geschäftsreisende und Touristen usw. auch aus der Türkei. Es gibt aber immer mehr Länder (auch in der westlichen Welt), die den Türken die Einreise zu geschäftlichen Zwecken erleichtern und nicht erschweren.
Wenn es noch investigative Journalisten in diesem Land gibt, so können diese ja nachforschen, welche “Beziehungen“ zudem eine Rolle bei solchen Aufträgen spielen. Eine gebühr für ein Visum (und sei es sie noch so hoch) kann man halbwegs verstehen. Eine hohe Gebühr würde heißen, dass man eben keine Touristen, sondern nur noch reiche Geschäftleute einreisen lassen möchte. Eine Gebühr für die Vergabe eines Termins in einer Bundesbehörde erscheint aber – vorsichtig ausgedrückt – zumindest merkwürdig. |