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Ein großer und ein kleiner Rücktritt

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Von Yavuz Özoguz am 25. Februar 2010 13:31:54:

Manchmal unterschätzen auch Muslime die Barmherzigkeit Gottes, und dennoch ist sie so offensichtlich, dass nur Blinde sie übersehen können.

Wir haben dieser Tage in den Medien zwei Rücktritte von zwei Geistlichen mit sehr unterschiedlichen Tragweiten beobachtet. In Frankfurt am Main ist der angesehene islamische Geistliche Hudschat-ul-Islam Sabahattin Türkyilmaz zurückgetreten, weil er seine Gemeinde nicht weiter belasten wollte angesichts der unvorstellbaren Medienkampagne gegen ihn und die Moschee. Die Hetzkampagne erfolgte, weil er bei der al-Quds-Tag Demonstration teilgenommen hatte, die Verbrechen Israels öffentlich anprangert und weil er ein gleichberechtigtes Miteinander von Juden, Christen und Muslimen im Heiligen al-Quds (Jerusalem) gefordert hat.

Kaum hatte er seinen Rücktritt bekannt gegeben, überragte ein für Deutschland größeres Ereignis die Medien! Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland wurde am Wochenende im fahruntüchtigen Zustand am Steuer erwischt, während sie wohl eine rote Ampel missachtet hat. Sie hatte nach Medienangaben über 1,5 Promille Alkohol im Blut, was wiederum nach Medienangaben bei ihrer Statur dem Konsum einer ganzen Weinflasche entsprechen würde.

Es mag jetzt für den einen oder anderen Leser etwas absurd klingen, was im Folgenden behauptet wird, aber wer die Gesetzmäßigkeit Gottes kennt (Seine Sunna), und wer die Wirkung der Beziehung zu wahrer Heiligkeit kennt, der wird verstehen, dass die arme Frau Käßmann nur wegen dem Fall in Frankfurt erwischt wurde. Denn jetzt kann sich jeder ein Bild von den Medien machen, von den jeweiligen Gemeinden, von den Vorständen der jeweils betroffenen Gotteshäuser und von den Betroffenen selbst! Vor allem aktive und engagierte Muslime bekommen einmal mehr die Chance nachzudenken auch innerhalb der betroffenen Gemeinde!

Türkyilmaz hat keine Straftat begangen! Er hat nichts getan, was in seiner Vorbildfunktion irgendeinen Schaden bewirken würde. Er ist weder angeklagt noch verurteilt und gegen ihn wird auch nicht ermittelt. Alles, was er getan hat, ist seine Meinung zu äußern, dass Israel in seiner heutigen Form ein Verbrechersystem ist (bzw. er hat an einer entsprechenden Demonstration teilgenommen). Dafür wurde er von den Medien wie ein Schwerverbrecher behandelt, eine unvorstellbare Hetzkampagne gegen ihn wurde gestartet mit unzähligen Unwahrheiten. Und alle, die mit ihm zu tun hatten, wurden von so manchem Juden und Christen aufgefordert, sich von ihm zu distanzieren. Er selbst hat von sich aus seinen Rücktritt erklärt, seine Gemeinde in Schutz genommen und sie geehrt!

Käßmann hat eine Straftat nach deutschem Recht begangen. Gegen sie wird ermittelt. Ihr drohen als Mindeststrafe ein Jahr Führerscheinentzug, sieben Punkte in Flensburg (wenn man das Rotüberfahren nicht mitrechnet), ein Monatsgehalt Strafe und das, was Sie getan hat, ist eine einzige Katastrophe in der Vorbildfunktion, die sie insbesondere gegenüber der Jugend inne hatte. Wie haben die Medien reagiert? Sie haben sachlich darüber berichtet, aber niemand hat Steine gegen sie geworfen. Man hat teilweise sogar Verständnis gezeigt und ihre Verfehlung “relativiert“, da sie keine Heilige sei.

Bei Käßmann ist der Vorstand der Evangelischen Kirche in einer Telefonkonferenz zusammen getreten und hat daraufhin beschlossen, dass man sich voll hinter Frau Käßmann stellt! Musste der Vorstand der Moschee in Frankfurt sich von ihrem Imam (zumindest teilweise) distanzieren?

Frau Käßmann bekam das volle Vertrauen! Man hat ihr zugebilligt, keine Heilige zu sein, und dass solche Fehler passieren. Türkyilmaz wird in der Presseerklärung der Moschee nahezu als Heiliger dargestellt, um dann festzustellen, dass er mit der Quds-Tag-Demonstration bzw. der dazugehörigen Freitagsansprache zu weit gegangen sei, um sich von ihm zu distanzieren!

Bei Käßmann waren auch Mitglieder anderer Kirchen und anderer Religionen betroffen und wollten sie stützen. Bei Türkyilmaz sind selbst die meisten Muslime auf Tauchstation gegangen und manche Vertreter anderer Religionen haben aus vollen Hetzrohren geschossen! Wo waren die Gelehrten des Islam? Wo waren die Schiiten in Deutschland? Wo waren die Verbände, als ein islamischer Geistlicher “abgesägt“ wurde, weil er Israels Verbrechen thematisiert? Bei Käßmann lag ein Fehler vor, der weit über den privaten Rahmen hinaus Wirkung entfalten könnte, dennoch wurde er auf den privaten Rahmen begrenzt. Bei Türkyilmaz hingegen wurde der Rahmen unnötig ausgeweitet!

Bei Käßmann empfindet kein Muslim Schadenfreude oder Genugtuung angesichts ihres Schicksals. Bei Türkyilmaz lachen sich einige Juden und Christen nicht nur ins Fäustchen. Bei Käßmann hat niemand Einfluss auf irgendeine Kirche gewonnen. In Frankfurt hingegen gibt es jetzt gemäß der Wahrnehmung vieler Muslime eine muslimische Gemeinde, deren Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit von Andersgläubigen bestimmt wird. Wem nützt solch ein Eindruck, selbst wenn er falsch wäre?

Was soll der barmherzige Gott, die Quelle aller Liebe, eigentlich noch tun, damit die Muslime in diesem Land, aber auch die Nichtmuslime erkennen, dass die Wahrheit so offensichtlich zu erkennen ist, wenn man die Augen nur öffnet!

Frau Käßmann ist von ganzem Herzen zu wünschen, dass sie den wahren Schluss aus dieser, auch ihr gegebenen, neuen Chance zieht und von nun an keinen Alkohol mehr anrührt! Bestimmte Vorstellungen, sie wäre “erwischt“ worden, weil sie beim Afghanistankonflikt zu klare Positionen vertreten habe, mögen ihren Ursprung haben, aber die zeitliche Übereinstimmung der Verläufe, deutet auf andere Gesetzmäßigkeiten hin.

Muslime müssen wissen, dass keine Moschee der Welt – und sei sie äußerlich noch so schön – jemals auf dem Rassismus des Zionismus und den Verbrechen Israels aufgebaut werden kann, wenn sie Wahrheit lehren will. Das lehrt der Prophet des Islam, das lehrt Imam Ali und Fatima Zahra, und das lehren Imam Hasan und Imam Husain – der Friede sei mit ihnen allen. Und der Rat der Religionen in Frankfurt sollte wissen, dass sie jeglichem Dialog mit dem Islam einen Bärendienst erwiesen hat. Denn aufrichtige Muslime werden niemals einen Dialog mit solchen Juden oder Christen führen wollen, die glauben, darüber mitentscheiden zu können, wie Muslime die geistliche Leitung einer Moschee zu besetzen haben.

Der Schaden für die evangelische Kirche durch Frau Käßman erscheint heute groß, aber er wird morgen schon überwunden sein – so Gott will. Der Schaden, den der Rat der Religionen in Franfurt angerichtet hat, wird bisher kaum wahrgenommen, aber er wird noch jahrelang jeden so benötigten vernünftigen Dialog behindern!

Aber Gott ist barmherzig und gibt JEDEM immer wieder aufs Neue die Chance zur Umkehr.

Zurück zum Titel des Artikels: Zu entscheiden, welcher der beiden Rücktritte der große und welcher der kleine war, überlassen wir dem Leser.



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