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Die Hofnarren des imperialistischen Kapitalismus

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Von Yavuz Özoguz am 25. Januar 2010 11:43:47:

Die Hofnarren des imperialistischen Kapitalismus

Welche Funktion haben eigentlich politische Kabarettisten und wie kann es sein, dass ein weltweit agierender Verlag hier Christen gegen Muslime und in der Türkei Muslime gegen Christen aufstachelt?

Es wird im Allgemeinen als große Errungenschaft der freiheitlichen Meinungsäußerung gedeutet, dass sich politische Kabarettisten über so ziemlich Alles und Jeden lustig machen können. Wer hat nicht inzwischen einen Scherz über die Bestechlichkeit der FDP bezüglich der Mehrwertsteuererleichterung für Hotels gesehen? Es gibt kaum einen politischen Kabarettisten, der sich noch nicht darüber lustig gemacht hat! Und ganz Deutschland hat schon darüber gelacht! Und es ist wahr, es ist hier erlaubt, darüber – im Rahmen von Kabarett – Witze zu machen. Es ist hier erlaubt, herzhaft darüber zu lachen. Diktatoren, denen so etwas nachgewiesen werden würde, würden ganz anders mit den Kabarettisten umgehen und auch mit jenen, die lachen; zweifelsohne! Aber ist das wirklich der Maßstab für Diktatur oder freie Meinungsäußerung? Oder liegen hier nur unterschiedliche Mechanismen der Unterdrückung vor? Eigentlich “weiß“ jeder in Deutschland, dass hier wohl “geklüngelt“ wurde. Daher beziehen ja die Kabarettisten ihr Witzpotential. Und der Witz “dämpft“ den Unmut der Gesellschaft, er schwächt ihn ab und lässt Zweifel an dem eigentlichen Skandal aufkommen. Politiker, die es zulassen, dass so intensiv über ihre Politik gelacht wird, sind möglicherweise doch nicht ganz so bestechlich! Außerdem war es ja “nur“ eine Spende an die Partei und nicht an Privatpersonen. Mit “Hilfe“ der Kabarettisten wird der eigentliche Skandal “erträglich“. Es gibt dann auch verharmlosende Begriffe, wie “Klientelpolitik“ und “Lobbyarbeit“, Kabarettisten machen Witze darüber, wir lachen und applaudieren. Dass aber im Prinzip die gesamte Partienfinanzierung auf Basis von “Spenden“ faktisch die Diktatur des Kapitals ist, wollen wir gar nicht wissen. Die Kabarettisten nehmen die Rolle ein, die einstmals der Hofnarr spielt: Im “kontrollierten“ Rahmen der Herrscher zu kritisieren, damit er problemlos weiter regieren kann.

Doch auch Kabarettisten können nicht jeden Unmut “abfangen“. Daher bedarf es eine Feindbildes. Das Feindbild muss aber so gestrickt sein, dass es jeweils “passt“. Können Sie sich vorstellen, dass das ein Medien-Imperium in Deutschland eine echte Kampagne startet, die bei den Massakern in Nigeria echte Angst gegen Muslime schürt? Können Sie sich vorstellen, dass von Massakern an Christen die Rede ist, die von Muslimen verübt werden und dass in der auflagenstärkste Zeitung mit offensichtlicher Frauenentwürdigung auf der ersten Seite? Zweifelsohne können die Leser dieses Portals sich das ohne Weiteres vorstellen! Dennoch irgendetwas Wahres muss ja dran sein. Wenn also eine deutsche Zeitung öffentlich schreibt “Muslime jagen Christen“ aber ausgerechnet Human Rights Watch eine etwas “differenziertere“ Darstellung wählt, dann wird das nur wenige derjenigen, die sich nicht jeden Tag an den nackten Titelbildern ergötzen, überraschen:

http://www.hrw.org/en/news/2010/01/22/nigeria-protect-survivors-fully-investigate-massacre-reports

Aber können Sie sich auf vorstellen, dass die größte türkische Boulevard-Zeitung (andere nennen so etwas lieber Schundblatt) ähnliche Schlagzeilen, ähnliche Bilder, ähnliche Schilderungen, nur mit anderen Vorzeichen bringt, in dem Stil, dass Christen Muslime jagen? Ja, auch das ist vorstellbar? Warum sollte die deutsche Hofberichterstattung ein Monopol auf die Verbreitung von “geeigneten“ Feindbildern haben? Und wenn in einem mehrheitlich nichtmuslimischen Land Muslime ein “geeignetes“ Feindbild darstellen, dann stellen in einem mehrheitlich nichtchristlichen Land offenbar Christen das “geeignete“ Feinbild dar. Aber können Sie sich auf vorstellen, dass sowohl die deutsche Zeitung als auch die türkische Zeitung, also die Zeitung, die Christen gegen Muslime hetzt und die Zeitung, die Muslime gegen Christen hetzt, den gleichen Besitzer haben? Ja, das staunen selbst die Kabarettisten. Aber wer profitiert davon?

Wer also vermutet, dass die politischen Kabarettisten alleine die Hofnarren des imperialistischen Kapitalismus sind, der täuscht sich! Manche Kabarettisten sind zudem auch politisch engagiert und setzten sich auch ernsthaft gegen Unrecht ein. Die eigentlichen Hofnarren sind die Menschen in der Bevölkerung, die zu allen diesen Dingen lachen, applaudieren und dann alles so weiter machen wie bisher!

Niemand in Deutschland kann Hotels begünstigen, wenn die Bevölkerung das ernsthaft nicht will. Niemand in Deutschland wird weitere Soldaten nach Afghanistan senden können, wenn die Bevölkerung ernsthaft dagegen aufbegehrt! Keine Regierung Deutschlands kann Rekordverschuldung über Rekordverschuldung auftürmen, wenn die Bevölkerung den Raub an zukünftigen Generationen erkennt und sich gegen solch ein System wehrt. Niemand wird der Atomindustrie weitere Rekordgewinne schenken, wenn wir den Atommüll wirklich nicht wollten! Und keine Zeitung in Deutschland wird jeden Tag eine Frau entblößen, um sie auf der ersten Seite den gierigen Blicken der Leser auszusetzen, wenn niemand jene Zeitung kauft!

Wir sind die Hofnarren und wir sind die einzigen, die das ändern können! Es liegt an uns! Manch Leser wird jetzt einwenden, es läge aber nicht an ihm, sondern an den anderen! Aber jeder kann sich ändern oder weiter entwickeln und jede Änderung und Entwicklung bewirkt auch eine Änderung und Entwicklung der Gesellschaft.



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