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Re: Gibt es realistische Auswege aus dem Kapitalismus?

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Von Willi Übelherr am 20. Januar 2010 05:48:41:

Als Antwort auf: Gibt es realistische Auswege aus dem Kapitalismus? von Yavuz Özoguz am 13. Januar 2010 09:31:15:

grüße an alle,

die frage, "Gibt es realistische Auswege aus dem Kapitalismus?", kann ich für mich ohne zögern mit ja beantworten und ich denke, daß es vielen leserInnen so ergeht.

der kapitalismus ist kein naturgesetz. es ist ein von menschen geschaffenes konstrukt. und all diese konstruktionen sind jederzeit revidierbar, änderbar, auflössbar.

der begriff kapitalismus sagt nichts anderes aus als daß der zweck ökonomischer tätigkeiten die akkumulation von kapital ist und, heute erweitert und zugespitzt, das kapital der wichtigste ökonomische faktor geworden ist.

für jeden menschen, der noch etwas klaren verstand hat, wird der unsinn dieser denkweise sofort klar. wir können geld, sei real oder in buchform, nicht essen, damit keine wohnräume schaffen, damit keine materie bearbeiten und dergleichen.

die problematik beginnt dort, wo der denkprozess abbricht und dogmen an seine stelle treten. das ist unabhängig von kultur- und sprachraum, körperlichen eigenschaften wie hautfarbe oder größe, lebensgewohnheiten und sozialen interaktionen. die wichtigste erweiterung der dogmatischen verwirrung ist der physische zwang. sei es durch direkte gewalt oder indirekt über existenzsicherheit.

in den lebensbedürfnissen sind sich alle menschen weitestgehend gleich. oder anders herum. die materiellen reproduktionsbedingungen erfordern überall und für alle die gleichem maßnahmen. dies galt schon für unsere vorfahren vor vielen tausenden von jahren, auch wenn sich manche bedingungen lokal unterscheiden.

der zweck der ökonomie ist die schaffung unserer materiellen lebensgrundlagen. bedingung hierfür ist die natur, weil sie die grundlage unserer existenz ist. sie gibt uns die mittel, aus denen wir unsere biologische energie entnehmen. wir menschen können nur die form verändern. die materie selbst können wir nicht erzeugen. dies zu benennen ist für mich wichtig, weil es uns auf den boden der tatsachen zurückwirft.

wesentliches mittel für unsere ökonomischen tätigkeiten sind unsere fähigkeiten, das verständnis über die natur, unsere organisationsfähigkeiten, unsere sozialen räume, unsere kollektiven interaktionen. es ist unter diesem gesichtspunkt ziemlicher schwachsinn und eher pathologisch, auf konkurrenz zu setzen statt auf kooperation, zu zerstören statt zu bewahren. daß es trotzdem geschieht und geschah, hat etwas mit dem unterschiedlichen nutzen zu tun, den die mitglieder der sozietäten generieren und anstreben. aber mit diesen entartungen will ich mich hier nicht beschäftigen.

was sind denn nun die wesentlichsten konstruktionen, die eine friedliche und lebensbejahende weltgemeinschaft verhindern? dies sind die ökonomischen determinanten selbst, auch wenn sie selbst nicht aus ökonomischen notwendigkeiten entstanden. das sind das geld und der grundbesitz.

das geld hat den raum der reinen tauschmittelfunktion verlassen und wird selbst zum träger von lebensfunktion. in seiner tauschfunktion muß nur soviel menge existieren, daß die balance zwischen bedarf und erzeugung hergestellt werden kann. eine untermenge blockiert den tausch, eine übermenge ist nutzlos. zur vorratsfunktion ist geld nicht geeignet, weil es uns nichts nützt. wenn nun nicht mehr die realen bedürfnisse treibend in der ökonomie sind, sondern ein aufgebautes, ausgedachtes system von wertspeicherung, die letztlich nur auf glauben an diese nicht existierenden werte beruhen, so fehlt jegliche vernunft in der ausgestaltung ökonomischer beziehungen und der raum für jegliche irrationalität wird eröffnet. auf dieser ebene tummeln sich dann die wertzuschreibungen unterschiedlicher menschlicher tätigkeiten und der nutzlose aufbau von tätigkeitsräumen.

der grundbesitz ist der zweite teil dieser irrationalitäten, weil er in der kette auf raub und vertreibung beruht, die irgend wann einmal stattgefunden hat. dieser raub kann direkt erfolgt sein oder indirekt in der beanspruchung der ausschließlichen nutzung von gebieten. nur die menschen als eine der vielen lebensarten haben hier ihre verwirrungen ausgetobt. wobei gerechterweise immer nur von einem teil dieser spezies gesprochen werden kann. aber kein mitglied dieser spezie war an der schaffung des planten und seiner entwicklung beteiligt (wohl an der zerstörung). von daher kann die nutzung des planten erde nur als gemeinschaftlicher akt verstanden werden, und diese nutzung wird immer lokal stattfinden.

das wir menschen als besondere lebensart auch noch einen ausgeprägten intellekt entwickelt haben, sollte uns die möglichkeit geben, vernünftig im sinne der lebensbedürfnisse zu haushalten. daß heißt, den aufwand zur materiellen reproduktion zu minimieren. dies ermöglicht uns die entwicklung wissenschaftlichen denkens, mit dem wir den naturgesetzen auf die schliche kommen und so uns naturgerecht verhalten und organisieren können.

hierzu passend ein aktueller bericht aus indien "Ein Landwirtschaftsmodell zur Versorgung der Welt".
http://www.tlaxcala.es/pp.asp?reference=9772&lg=de

zusammendfassend:
die erde ist für alle menschen, alle menschen sind gleichberechtigt und gleichwertig, alle menschlichen tätigkeiten sind gleichwertig.
wir produzieren nur das, was wir brauchen.

hoffentlich kann ich hiermit etwas zum diskurs über ökonomische konstruktionen beitragen,

mit grüßen, willi übelherr



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