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Wie wäre ein Aufwachen der Herzen in Deutschland möglich?

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Von Yavuz Özoguz am 05. Januar 2010 14:49:41:

Voller Spannung blicken viele immer wieder auf die Islamische Republik Iran, wie Menschen ganz unterschiedlicher Vorstellungen auf die Straße gehen und sich für ihre Sache engagieren. Allein die Bilder der Unterstützungsdemonstrationen für Islamische Revolution waren derart imposant, dass es dem Bürger in Deutschland etwas überrascht hat – falls er es gesehen hat – denn er kennt so etwas nicht mehr.

Tatsächlich ist die Westliche Welt, und vielen voran Deutschland seit Merkel, an einen Abgrund der Apathie angelangt, der viel mehr Sorgen bereiten sollte, als Aktivitäten anderer Bürger in anderen Ländern. Was würde denn den deutschen Bürger noch bewegen? Was könnte ihn aus seiner Teilnahmslosigkeit herausreißen? Seine Leidenschaftslosigkeit kann ja nicht einmal mehr mit den diversen Viagras auf verschiedenen Gebieten überwunden werden. Um diese mangelnde Erregbarkeit zu überwinden, muss man zunächst die Ursachen für die Unempfindlichkeit kennen.

Betrachten wir dazu den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr: Ja, über zwei Drittel der Bevölkerung sind dagegen, aber das war es dann auch schon. Wenn die eine oder andere Kirchenvertretung dann – um nicht noch mehr Kirchengänger zu verlieren – neuerdings auch gegen den Einsatz ist, zu dem man jahrelang geschwiegen hat, dann reißt es auch niemanden mehr vom Hocker. Die Heuchelei ist offenkundig. Nichts ist mehr glaubwürdig. Zwar kommt da ab und zu ein Soldat im Sarg zurück, und die Medien berichten auch darüber, aber wen interessiert es wirklich? Ist irgendwer im Land (außer den direkten Angehörigen) wirklich betroffen davon, dass deutsche Soldaten getötet wurden? Nebenbei war dann wohl auch in deutscher Offizier an einem Massaker an der afghanischen Bevölkerung mitschuldig. Aber war das wirklich etwas, was die Menschen bewegt hat? Die Apathie nimmt irreversible Züge an.

Was am Afghanistan-Beispiel deutlich werden kann, betrifft eigentlich alle Lebensbereiche. Da war also ein nigerianischer Bomber, dem man jetzt die Angriffe auf den Jemen in die Schuhe schieben will. Und an Flughäfen muss man jetzt noch länger warten. Und eigentlich weiß inzwischen jeder, dass das alles ein grausames Spiel ist, aber na und? Obama hat kein einziges seiner Versprechen gehalten und in vielen Bereichen ist es schlimmer geworden, als je zuvor, aber was soll’s? Wir können es ja doch nicht ändern!? Klar sind wir gegen Guantanamo, aber was können wir schon tun, wenn die USA das nicht einsehen, dass es nicht gut ist. Und Israels Verbrechen hängen doch inzwischen selbst einigen Hardliner-Zionisten zum Hals heraus, aber so sind die Dinge nun einmal. Viele sind wie gelähmt und nehmen ihre Lähmung gar nicht mehr wahr, weil sie gar nichts mehr wahrnehmen. Brot und Spiele gibt es genug und jetzt kommt ja die Fußball WM.

Wir wissen, dass jede Steuersenkung durch zahlreiche andere Erhöhungen ins Gegenteil verkehrt wird. Inzwischen weiß man, dass die Aktienkurse manipuliert sind und das Kapitalistensystem am seidenen Faden hängt, da sämtliche Westliche Staaten vor dem unweigerlichen Staatsbankrott stehen. Na und? Wir haben doch unser Brot und unsere Spiele.

Die Krankheit der Herzen ist so weit vorangeschritten, dass selbst wenn man den Menschen glaubhaft nachweisen würde, dass sie persönlich durch ihren Lebensstil am Hungertod von Zehntausenden jedes Jahr direkt mitverantwortlich sind, es die Meisten nicht weiter berühren würde. Was aber ist los mit diesem Land und diesem Volk, dass es so weit gekommen ist?

Die Menschen haben keine Werte mehr, die es wert wären “Wert“ genannt zu werden. Geiz ist geil und Abwrackprämie, neues Auto und Konsum, mehr und immer mehr, sind eben keine Werte, die den Menschen wirklich befriedigen können. Aber die wahren Werte, wie Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit, Demut, Gottesehrfurcht und vor alle Liebe sind verloren gegangen. Insbesondere der Verlust der Liebe wiegt extrem schwer!

Liebe ist die urgöttliche Eigenschaft, welche die Beziehung des Schöpfers zu seinem Geschöpf begründet. Der Mensch lernt Liebe zunächst im Mutterschoß, um später selbst eine Familie zu gründen und Liebe weiter zu geben. Wer Liebe weiter gibt, der empfängt auch immer mehr Liebe, denn dessen Empfangsantennen für den Liebesempfang sind viel besser ausgerichtet. Aber wo gibt es das noch? Wo gibt es noch Kinder, die im Mutterschoß in Frieden und Schutz der Familie groß werden können? Wo gibt es die heile Familie und deren Opferbereitschaft für Kinder. Ist Liebe ohne Opferbereitschaft überhaupt denkbar? Wo gibt es jene echte Liebesbeziehung, die gemeinsam durch Dick und Dünn gehen, bis dass der Tod sie vorübergehend scheidet? Gab es einmal das Wort “Liebe“ in der Neujahresansprache der Bundeskanzlerin? Ja, als sie „liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger“ sagte.

Mitgefühl für den Schwachen ist ohne Liebe nicht möglich. Mitgefühl für Behinderte, für Alte, für den Nachbarn, für die Familie und Verwandte, all das ist nicht möglich ohne Liebe. Sagte nicht einstmals Jesus: „... und dieweil die Ungerechtigkeit wird überhandnehmen, wird die Liebe in vielen erkalten.“ Aber Jesus sagte auch: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, am größten jedoch unter ihnen ist die Liebe.”

Warum müssen in einer sich so lautstark auf die jüdisch-christlichen Wurzeln berufenden Gesellschaft Muslime nachfragen, wo denn Glaube, Hoffnung und vor allem Liebe geblieben sind? Dabei ist die Antwort klar: Wer glaubt von “sich“ aus lieben zu können, der verliert es sogar, sich selbst zu lieben! Wie soll ein Mensch seinen Nächsten so lieben wie sich selbst, wenn er nicht einmal sich selbst liebt? Aber wer die Quelle aller Liebe verliert, hat keine Chance wirklich zu lieben. Jene Quelle ist in alle Herzen aller Menschen bei der Geburt eingegeben. Alle Menschen streben nach Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit, weil das göttliche Attribute sind, die Er uns eingegeben hat. Aber die Menschen in der Westlichen Welt haben dieses Streben verloren, weil sie Gott verloren haben. Jene Zirkusgottesdienste in den USA, die einen anderen Eindruck zu vermitteln suchen, ändern nichts am Gesamtbild.

Viele Menschen in der Westlichen Welt beten das Kapital an, verbeugen sich vor dem Kapital und haben sich dem Kapital unterworfen. Ihr Gott ist das Kapital. Jener Götze hat zwar auch einige ihm untergeordnete Nebengötzen, wie Klima, Verteidigung bzw. Präventionsangriff, Sex, Pandemie, Globalisierung, Zionismus, und einige andere mehr, und deren jeweilige Beziehung zum Obergötzen Kapital ist nicht immer klar erkennbar, aber irgendwie hängen sie zusammen. Und wer sich gegen das Kapital stellt, der wird vom Kapital verfolgt. Selbst die Kirchen wenden mehr Anstrengungen für das Kapital auf, als für die Menschen. Doch was haben Glaube, Hoffnung und Liebe mit Kapital zu tun?

Glaube, Hoffnung und Liebe sind Gefangene des Kapitals, denn so lange der Götze Kapital herrscht, so lange werden Glaube, Hoffnung und Liebe sich nicht in uns entwickeln können.

Doch wer lässt denn Kapital herrschen? Und hier ist in aller Deutlichkeit darauf zu verweisen, dass es eben nicht “die Anderen“ sind, die Kapital herrschen lassen, sondern jeder Einzelne für sich selbst! Jeder, der sich einen Gegenstand, den er nicht unbedingt braucht, in Raten kauft, wird abhängig vom Kapital. Jeder, der mit seine Möglichkeiten nicht dankbar ist und daher einen Kredit aufnimmt, um eine neue Tapete, einen neuen Teppich, eine neue Einrichtung, ein neues Auto, ein neues Handy usw. zu kaufen, obwohl das Bestehende es auch tut, begibt sich in die Dienerschaft des Kapitals. Jeder, der glaubt, dass man den Leib von Frauen kaufen kann, und sei es nur für einige Minuten, wird zu einem kapitalistischen Sklaventreiber! Jeder, der glaubt, dass man Glaube, Hoffnung und Liebe kaufen kann, wird immer unglücklicher, immer ungläubiger, hoffnungs- und liebloser.

Es bedarf eines Aufwachprozesses, um dieses schwere Krankheit, in die sich die Gesellschaft begeben hat, zu überwinden. Und dafür ist es notwendig, dass die Menschen neben der Ursache auch die Heilmethode kennenlernen. Die Heilmethode heißt Dankbarkeit; Dankbarkeit für die Möglichkeiten, die man hat, indem man sie nutzt; Dankbarkeit für die Fähigkeiten, indem man sie in den Dienst der Menschheit stellt; Dankbarkeit für die Liebe der Schöpfung, indem man selbst lieben lernt; Dankbarkeit für die Zeit, die uns gewährt wird, indem man sie zur Weiterentwicklung von Geist und Körper nutzt.

Die Unmenschlichkeit des Kapitalismus ist nicht durch Wahlen zu überwinden. Noch weniger helfen die Randale von Randalierern. Und selbst Sündenböcke machen einen nicht glücklicher. Der Götze Kapitalismus ist nur und nur zu überwinden, wenn der Mensch erkennt, was er ist, wofür er lebt und was sein Ziel ist. Weder der Kapitalismus, noch die heutigen Kirchen können einem dabei hilfreich sein. Wie könnte man auch Kirchen die Fähigkeit zur Liebe abnehmen, wenn ihre Hauptidentität darin besteht, den Islam zu hassen? Und wie sollte der Kapitalismus jemals Liebe vermitteln können, wenn er doch so zerstörerisch ist wie ein Feuer, das sich am Ende selbst zerstört.

Wer liebt, der wird sowohl Mitleid für den deutschen Soldaten haben, der im Sarg zurück kommt, als auch Mitleid mit denen empfinden, die Opfer seines Einsatzes wurden. Denn sowohl der Soldat als auch die Zivillisten, für deren Tod er mitverantwortlich ist, sind Opfer des Kapitalismus. Sämtliche Propheten Gottes sind einstmals losgezogen, um Liebe zu predigen und Götzen zu zerstören. Es ist kein Zufall, dass heutzutage im Namen des Kapitalismus sämtliche Propheten und deren unbeflecktes Leben und Ansehen zerstört werden soll.

Ein Aufwachen der Herzen in Deutschland wäre möglich, wenn diejenigen, die erkennen, dass der eingeschlagene Weg uns alle in die Irre führt, anfangen, Liebe zu empfinden, Liebe zu den Menschen, zu den Mitmenschen, welcher Religion sie auch angehören mögen. Denjenigen zu lieben, der einen auch liebt, das können zuweilen selbst Verbrecher! Aber denjenigen zu lieben, der diese Liebe nicht erwidert oder gar nicht erwidern kann, dass ist eine göttliche Eigenschaft, die unser wahres menschliches Potential offen legen kann. Und daran müssen wir alle arbeiten.



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