Sehr geehrte/r Herr/Frau
Musterlehrer,
am Anfang dieses Briefes möchten wir
ausdrücklich darauf hinweisen, dass der im folgenden gestellte und begründete Antrag
ausschließlich mit religiösen Bestimmungen unseres Glaubens zu tun hat und in keinster
Weise eine Kritik am sonstigen Unterricht der Schule bedeutet.
Gemäß den religiösen Geboten des Islam
erreicht ein Mädchen spätestens mit 9 Mondjahren die religiöse Reife (siehe z.B.
"Antworten auf Rechtsfragen, As-Sayyid Ali Al-Husayni Al-Chamene'i, erster Teil, erläuterte
Übersetzung, 1997, Islamisches Zentrum Hamburg, Seite 12) und hat danach sowohl alle
religiösen Rechte als auch Pflichten. Die Jahreszählung erfolgt nach dem islamischen
Mondkalender, und 9 Mondjahre entsprechen ca. 8,5 Sonnenjahren. Zu den Pflichten der dann
jungen Frau gehört u.a., dass sie Ihren Körper (bis auf Gesicht und Hände) vor fremden
Männern und Jugendlichen verhüllt. Dieses führt dazu, dass unsere Tochter Chadidscha
Fatima Zeynep nunmehr in Zukunft mit einem Kopftuch am Unterricht teilnehmen wird.
Ausgehend von der oben beschriebenen
Ausgangssituation beantragen wir, dass unsere Tochter Chadidscha Fatima Zeynep von dem
bevorstehenden koedukativen Schwimmunterricht befreit wird. In einem Grundsatzurteil
(veröffentlicht: unter dem Aktenzeichen 19 A 1706/90) bestätigte das
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalens in Münster die von muslimischen Eltern
vertretene Haltung, dass Elternrecht und religiöse Überzeugung den staatlichen
Erziehungsauftrag begrenzen können. Der im Grundgesetz festgelegte staatliche
Bildungsauftrag werde nicht beeinträchtigt, wenn mit Rücksicht auf die Glaubens- und
Kulturfreiheit im Einzelfall eine Ausnahmegenehmigung für den Schwimmunterricht erteilt
würde. Wichtig war auch der Hinweis, dass die religiöse Interpretation der koranischen
Regeln durch die Eltern nicht Gegenstand der Debatte und ihre darauf fußende Entscheidung
zu respektieren sei.
In einem ähnlichen Grundsatzurteil
(Bundesverwaltungsgerichtsurteil 25.8.1993 - 6 C 891 zu OVG Münster, 15.11.1991 -19 a
2198/91) heißt es u.a.: Führt ein vom Staat aufgrund seines Bildungs- und
Erziehungsauftrages aus Art. 7 II GG im Rahmen einer allgemeinen Schulpflicht angebotener
koedukativ erteilter Sportunterricht für eine Schülerin islamischen Glaubens in Hinblick
auf die Bekleidungsvorschriften des Korans, die sie als für sich verbindlich ansieht, zu
einem Gewissenskonflikt, so folgt für sie aus Art. 4 I und II GG ein Anspruch auf
Befreiung vom Sportunterricht, solange dieser nicht nach Geschlechtern getrennt angeboten
wird.
Wir bitten Sie aus oben genannten Gründen
unsere Tochter Chadidscha Fatima Zeynep vom Schwimmunterricht freizustellen. Sollte
Chadidscha Fatima Zeynep während der Schwimmzeit eine Anwesenheitspflicht in der Schule
haben, dann sind wir damit einverstanden, dass sie als Zuschauerin am Schwimmunterricht
teilnimmt oder in der Zeit in einer anderen Klasse untergebracht wird. Ansonsten kann sie
in der Zeit auch nach Hause kommen.
Chadidscha Fatima Zeynep wird auch
weiterhin am Sportunterricht teilnehmen, allerdings mit einer islamisch geeigneten
Kleidung.
Wir bitten Sie um Ihr Verständnis und
verbleiben mit freundlichen Grüßen.
(Unterschriften)
Muslim Islam (Vater) Muslima Islam
(Mutter)
PS: Ein gleich lautender Brief ist an Herrn Mustermann
(Schulleiter) geschickt worden.